3,6 Millionen Schritte Himmel & Hölle - Pilgerreise auf dem Jakobsweg (German Edition)
höchsten Punkt der heutigen Etappe steht neben einem Windpark ein bekanntes und wirklich schönes Pilgerdenkmal mit einem tollen Panorama zurück auf Pamplona und die Pyrenäen! Der Nachmittag wird dann hauptsächlich wegen der Hitze mörderisch anstrengend. Die Sonne brennt gn adenlos heiß vom Himmel und kündigt schon mal an, dass sie zu meinem härtesten Gegner in Spanien werden könnte.
Am frühen Abend erreiche ich Puenta la Reina. Hier verein igen sich der aragonesische und der navarresische Zweig des Jakobsweges. Ich treffe Jackie, Annette und Monica wieder und wir checken in einer ziemlich modernen Herberge ein. Die Unterkünfte liegen im Keller, haben also keine Fenster, sind aber schön und sauber, und spätestens die sensationellen Duschen und die perfekt ausgestattete Küche inklusive Waschmaschine und Trockner trösten einen darüber hinweg.
Beim Einkaufen für unser Abendessen geraten wir durch Zufall in eine Fiesta inklusive Stierhatz .
Es ist natürlich schön , so etwas mal live mitzuerleben, und die Stimmung ist toll, aber letztendlich tun mir die schönen Tiere doch leid, die immer wieder völlig gestresst und unter dem Gejohle des sensationsgeilen Publikums auf den Kopfsteinpflasterstraßen ausrutschen. Ebenso wie die blutigen Stierkämpfe, meiner Meinung nach keine schöne Tradition, sondern nichts anderes als Tierquälerei sind.
Wir schauen uns das Spektakel deshalb nicht bis zum Ende an . Auch weil uns Müdigkeit und Hunger in den Supermarkt und zurück in die Herberge an den Herd zwingen. Es gibt Spaghetti mit Thunfischsauce und natürlich Rotwein dazu. Gestern war eine Flasche Rioja übriggeblieben, die ich natürlich mitgeschleppt habe, brauche doch Gewicht!
Fazit des Tages: Tradition und Tierquälerei passen nicht zusammen.
Donnerstag, 31. Juli, 80. Tag:
Puenta la Reina - Estella (Tafalla!), 23 km
Ich gehe heute wie meistens als Letzter los und laufe die ersten sieben Kilometer in meinem mittlerweile gewohnten zügigen Tempo. Im ersten Dorf nach Puenta la Reina treffe ich Eleonor und ihre Tochter Carmen aus Rheinland Pfalz, außerdem Theo und Marc aus den Niederlanden. Ich schließe mich ihnen bis zur großen Mittagspause an, die wir in Lorca verbringen. Auf dem Marktplatz steht ein traumhafter Brunnen, in dem man fast baden kann. Vor dem Essen setzen wir uns auf den Rand, stecken unsere Beine bis zu den Knien hinein, spritzen uns gegenseitig nass, trinken ausgiebig und füllen unsere Flaschen auf.
Schade, dass es s olche Brunnen nicht in jedem Dorf auf dem Jakobsweg gibt.
Nach der Pause laufe ich alleine weiter, weil ich wieder schneller laufen möchte. In Villatuerta, knapp fünf Kilometer vor Estella, treffe ich Annette, die alleine auf dem Platz vor der Kirche sitzt und einen ziemlich fertigen Eindruck auf mich macht. Als ich sie frage, ob alles in Ordnung sei, erklärt sie mir, dass sie vor Schmerzen keinen Schritt mehr weiterlaufen könne. Sie bittet mich, in der Bar zu fragen, ob die Herberge, die in ihrem Wanderführer von 2006 erwähnt wird, noch existiert.
Ich ahne Schlimmes, da sie in meinem Führer von 2008 nicht aufgeführt ist. Trotzdem tue ich ihr den Gefallen, frage in der Bar nach und bekomme meine böse Vorahnung bestätigt: geschlossen seit 2007. Als ich ihr die Hiobsbotschaft überbringe, bricht sie in Tränen aus und weiß nicht mehr weiter. Nachdem ich sie getröstet habe, schlage ich ihr vor, ihren Rucksack zu tragen und die letzten Kilometer langsam und mit ihr zusammen zurückzulegen.
Dieses Angebot will Annette zuerst nicht annehmen, aber nachdem ich sie überzeugt habe, dass sie keine Alternative habe, es sei denn , sie wolle die Nacht im Freien verbringen, nimmt sie es dann doch an.
Also nehme ich ihren Rucksack auf den Rücken und hänge mir meinen vor meine Brust. Insgesamt sind es ja nur 12 Kilogramm mehr - eigentlich zu viel für eine Frau -, und die hatte ich ja am Anfang auch mehr im Rucksack und auf den Rippen. Jetzt kann ich es kaum glauben, dass meine Füße vor 80 Tagen dieses Gewicht sieben Tage lang über Schweizer Pässe geschleppt haben!
Zwei Kilometer vor Estella nimmt Annette ihren Rucksack wieder selbst und schafft es dann auch bis Estella. Bevor ich einchecke , rufe ich Alicia und Marino an, die mich bei unserer letzten Begegnung, in der Kathedrale von Conques, eingeladen hatten, sie zu besuchen. Ich hatte gestern schon angerufen und einfach mal
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