365 Geile Nacht Geschichten 1 Juni
würde er nie mit ihnen mithalten können und blamieren wollte er sich auch nicht.
Dann lieber nur Beobachter bleiben, wie er es schon das ganze Festival über gemacht hatte, nur dass es da leichter war, unsichtbar zu bleiben Da gab es noch die ganzen anderen Schaulustigen, die es hier im Park leider nicht gab. Gerade noch rechtzeitig konnte er sich hinter einen Busch flüchten, als zwei Männer mit Taschenlampen an ihm vorbeimarschierten, direkt auf die Tänzer zu, an denen er vorher vorbeigegangen war. Bevor noch jemand auftauchen konnte, eilte er weiter, sich immer dicht an den Bäumen haltend, die Grünflächen komplett meidend. Stimmen veranlassten ihn dazu, sich blitzschnell an einem Baum nach oben zu bewegen. Bewegungslos hockte er auf einem Ast, darauf hoffend, dass sich der Mann und die Frau, die sich ihm näherten und von denen er nur Silhouetten erkennen konnte, bald wieder vom Acker machen würden. Fast hätte er aufgestöhnt, als sie direkt unter ihm stehen blieben.
„Und du bist dir sicher, dass du einen Schatten hier gesehen hast?“ Mehr als deutlich hörte man die Skepsis aus der Stimme der Frau heraus.
„Jaaa, es war derselbe wie das ganze Fest lang. Er hat sich auf jeden Fall genauso bewegt, immer fluchtbereit, flink und geschickt. Wer auch immer es ist, ist auf jeden Fall ein Tänzer und ich will ihn verdammt noch mal kennenlernen und wissen, warum er sich im Hintergrund hält und nicht einfach mitmacht.“ Die Antwort des Mannes verleitete Leon dazu, fluchtartig auf einen nahen Ast zu springen, den er nur als Schemen erkennen konnte, von diesem aus auf den Boden zu gleiten und dann rannte er. Hinter sich hörte er zwei Leute, die ihm folgten, doch er war hier aufgewachsen und kannte somit jede Abkürzung und jeden Schleichweg, sodass er sie hinter sich ließ und erst abbremste, als sie nicht mehr zu hören waren.
Direkt vor ihm lag der Spielplatz, still und verlassen. Am Rande hielten sich ein paar Leute auf, zeigten sich gegenseitig ihre Moves oder redeten miteinander. Lachen wurde durch die Luft zu ihm herübergetragen. Einen Augenblick lang wünschte sich Leon, auch dazu zu gehören, mit dort zu stehen, zu lachen, von anderen zu lernen und auch etwas beizubringen. Gewaltsam schüttelte er diese Sehnsucht ab, bisher war er auch gut alleine durchgekommen. Mit einem Rundumblick orientierte er sich, hielt anschließend auf einen Aussichtspunkt zu den er immer wählte, wenn er den Spielplatz beobachten wollte, egal ob nun in der Nacht die Partyjunkies oder am Tag die Familien. Zwischen den Blättern des hohen Baumes konnte er den ganzen Platz überblicken, wurde aber gleichzeitig nicht gesehen.
In einer Astgabel sitzend musste Leon nicht lange warten. Es dauerte keine zehn Minuten, bis seine silbernen Augen die ersten Profis entdeckten. Manche bewegten sich schon in Gruppen, andere begannen erst welche zu bilden. Fasziniert beobachtete Leon das Spiel, wie sie sich gegenseitig mit Bewegungen aufstachelten, ihre jeweiligen Gegner versuchten zu übertrumpfen, nur um dann wieder dem Gegenüber einen neuen Move zu zeigen. Erste Scheinwerfer wurden angeschaltet, beleuchteten das Treiben auf dem Spielplatz.
Keine Sekunde lang spürte man in irgendeiner Form Rivalität und das beeindruckte Leon mehr als alles andere. Endlich erklang der erste Ghettoblaster, gab den Tänzern die Musik vor. Da die Stadt professionelle DJ-Pulte und Autos im Park verbot, mussten sie auf diese Musikgeräte umsteigen. Offiziell gab es diese Nacht ja auch nicht. Schon wurden die Bewegungen flüssiger, passten sich an die Musik an.
Erschrocken zuckte Leon bei einer Berührung an seiner Schulter nach vorne, wäre beinahe vom Baum geflogen, hätte sich nicht ein Arm um seinen Bauch geschlungen und ihn festgehalten. Vor lauter Faszination hatte er vergessen, auf seine Umgebung zu achten und so nicht gemerkt, wie sich ein Mann zu ihm auf den Baum geschlichen hatte.
„Nicht runterfallen. Da hatten also die Schwätzer doch recht, wir haben einen kleinen Voyeur. Ich hab‘s ja erst nicht geglaubt, aber nun hockst du direkt vor mir. Komm mit runter Kleiner und keine Sorge: Niemand von uns beißt.“ Wirklich wehren konnte sich Leon nicht dagegen, als der Mann ihn vorsichtig nach unten dirigieren wollte. Kaum auf einem Ast knapp zwei Meter über dem Boden angekommen, stieß er sich einfach ab, und hüpfte in die Tiefe hinab. Mit einer eleganten Rolle federte er die Wucht des Aufpralls ab, wollte schon lossprinten in der
Weitere Kostenlose Bücher