37 - Der Kriegsherr von Antares
Furien anfielen. Sie mußten sich für manche entwürdigende Tat rächen. Rache ist zwar eine kindische Empfindung, doch konnte ich ein gewisses Verständnis für die Geschundenen aufbringen.
Wir töteten nicht alle Gegner, denn zum Schluß entkam uns eine Handvoll durch eine Geheimtür, die plötzlich in einer Felswand aufging. Knallend schloß sie sich wieder, und Seg konnte gerade noch ein aufgeregtes Mädchen zur Seite ziehen, das sonst zerquetscht worden wäre.
»Tötet sie!« kreischte sie und wand sich in Segs Arm. »Tötet sie, im Namen Pandrites, des Allprächtigen!«
»Armipand wird ihnen bestimmt alles Böse antun«, sagte Seg gelassen. »Jetzt beruhige dich aber, junge Dame, und komm erst einmal zu Atem.«
Keuchend stand sie vor ihm, mit zerzaustem Haar, über und über mit Schweiß bedeckt. Der lange blutige Dolch in ihrer Hand paßte in diesem Augenblick sehr gut zu ihrer wilden Erscheinung.
Nath hatte bereits damit begonnen, sein Schwert zu reinigen.
Der Jagd-Kov schaute in die Runde wie ein Mann, der die Morgendämmerung betrachtet, nachdem er sein Nachtlager verlassen hat.
Er starrte Seg, dann mich an und sagte schließlich. »Ich erinnere mich.«
Ich nickte. So blieb es Seg überlassen, die passenden Worte zu finden: »Gut. Es freut mich, daß du dich erholt hast, Kov. Jetzt ziehst du vielleicht dein Messer und hilfst mir.«
Mit diesen Worten machte sich Seg daran, seine Pfeile auszulösen.
Als wir sie herausgeschnitten und saubergemacht hatten, stellte Seg entrüstet fest, daß zwei durchgebrochen waren.
»Damit mußt du rechnen, Horkandur«, stellte Nath fest.
Seg begann die Pfeile auseinanderzunehmen; er löste Spitzen und Federn und Schaft voneinander.
»Das stimmt schon, mein alter Unduldsamer; in unserer Situation kann man sich darüber aber nicht freuen.«
Loriman spuckte aus. »Unsere Situation ist die, daß die alte Hexe uns beobachtet. Sie weiß genau, wo wir stecken, und wird ...«
»Einen Moment mal!« unterbrach ich. »Ich glaube, sie hat im Moment andere Sorgen.«
»Wie dem auch sei«, sagte Seg und verstaute die geretteten Pfeilelemente in seinem Beutel, »auf jeden Fall müssen wir uns erst einmal um diese Damen kümmern.«
Das Kreischen und Weinen hatten weitgehend aufgehört; die Frauen waren damit beschäftigt, ihre Blößen zu bedecken, wobei sie sich auch Kleidung von den Malkos verschafften. Andere versorgten sich zusätzlich mit Waffen. Einige Mädchen begannen die toten Malkos zu verstümmeln, und während ich noch unentschlossen überlegte, ob ich dagegen einschreiten sollte, meldete sich Loriman zu Wort.
»Hört damit auf, ihr Unwesen! Jagen und töten sind eine Sache; was ihr da vorhabt, steht auf einem ganz anderen Blatt!«
Ein Mädchen, das eine besonders fahle Haut, spitz zugefeilte Zähne und eine Kräuselfrisur hatte, erwiderte zornig seinen Blick. »Was weißt du schon von ...?«
»Ich kenne eure finsteren Rumay-Riten zur Genüge, Harpyie!«
»Mir gefällt das auch nicht, aber man kann doch irgendwie verstehen ...«, brummte der Unduldsame.
»Wenn es bei ihnen so Sitte ist«, sagte Seg. »Außerdem tut's den Malkos nicht mehr weh, die sind tot.«
»Ich dulde keine Rumay-Rituale!« wiederholte Loriman barsch. »Und damit basta. Queyd-arn-tung! «
Die Frau erwiderte den Blick, und ihre Augen waren wie tiefe Brunnen. Sie hatte sich bisher nicht um Kleidung gekümmert, so sehr war sie auf ihr Racheritual konzentriert gewesen.
»Tu's ruhig!« sagte ich barsch.
»Was weißt du davon, Jak der Bogandur? Dieses böse Treiben der Frauen gegen die Männer ...«
»Bei lebendigem Leibe würde ich dir zustimmen – aber welchen Belang hat das bei Toten für einen Ungläubigen?« Ich starrte ihn intensiv an, so daß er zwar nicht zurückzuckte, sich aber doch merklich zusammennehmen mußte. »Oder bist du auch ein gläubiger Anhänger, Kov Loriman der Jäger?«
»Hätte ich nicht geschworen, dich nicht zu strafen, Jak, würde ich dich herausfordern und dort niederstrecken, wo du stehst!«
Seg lachte.
In diesem Augenblick meldete sich die erfreute Stimme des Unduldsamen: »Hier, Doms! Hier gibt es Speisen und Wein!«
Loriman warf mir einen Blick zu, der den besten Rüstungsstahl hätte durchbohren können. Er atmete ein, bis sein Brustschild knackte. Dann hob er die linke Schulter, schwenkte das Schwert in einer Geste absoluter Verachtung und begab sich zu Nath und seinen Speisen.
»Irgendwann stürzt er sich mal ins Unglück«, bemerkte Seg.
»Es
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