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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vergeblich. Ich war ausnahmsweise einmal hart. Unserer Angelegenheit konnte es keinen Schaden bringen, wenn der Beherrscher von Ures einmal in die Berge ritt, um sich Ruhm zu sammeln und anstatt dessen nur die abgeschundene Haut seiner Beine und einen steifen Rücken mit nach Hause brachte. Ich war bei meiner ersten Anwesenheit mit meinem Gesuch auf eine mehr als ärgerliche Weise abgewiesen worden und glaubte, mir ohne Gewissensbisse das kleine Vergnügen, ihn blamiert zu sehen, dafür gönnen zu dürfen. Darum nahm ich mich seiner nicht im mindesten an und sagte im Gegenteil zu dem Haziendero:
    „Höchstwahrscheinlich werden Sie Melton fangen, ehe wir Sie eingeholt haben. Wir sind aber als Zeugen nötig. Wo werden wir Sie treffen?“
    „Wir werden an der Fuente de la Roca auf Sie warten“, antwortete er.
    „Welchen Weg nehmen Sie hinauf?“
    „Den über die Hazienda.“
    Das war mir nicht lieb. Er konnte auf unsere beiden Mimbrenjos oder gar auf den Player stoßen und uns dadurch das Spiel verderben. Doch fiel es mir nicht ein, ihm abzuraten, denn ich wußte, daß der Zweck, den ich verfolgte, durch das Gegenteil viel leichter und sicherer zu erreichen sei. Darum meinte ich zustimmend:
    „Sehr gut, Don Timoteo! Sie werden uns dadurch einer ziemlich schweren Arbeit überheben, denn der Player, von dem ich Ihnen erzählt habe, treibt sich jedenfalls noch dort herum. Er muß natürlich festgenommen werden, und da er ein sehr verwegener Kerl ist und mit der Büchse ebensogut wie mit dem Messer umzugehen versteht, so ist das mit Lebensgefahr verbunden. Er wird sich ganz verzweifelt wehren, und da ich weiß, daß er es gut und gern mit zwei und auch drei kräftigen Männern aufnimmt, so ist es mir lieb, daß Sie diesen Weg einschlagen. Sie kommen eher hin, werden ihn gefangennehmen, und wenn wir nachkommen, ist die Arbeit geschehen. Lassen Sie sich aber ja nicht aus dem Hinterhalt erschießen! Er hat seine Mordtaten alle heimlich ausgeführt.“
    Diese Worten wirkten, denn Don Timoteo verfärbte sich, und der Beamte war aschfahl geworden. Ich war überzeugt, daß sie die Hazienda meiden würden.
    Die Señora aber rief ihrem untergebenen Vorgesetzten oder vorgesetzten Untergebenen zu:
    „Hast du es gehört? Das ist eine Tat, welche deiner würdig ist. Ich hoffe, daß du den gefährlichen Verbrecher ergreifst und ihn keinem anderen überläßt! Du wirst dafür täglich zwei Zigaretten mehr rauchen dürfen als bisher.“
    Er machte ein Gesicht, als ob er selbst soeben ergriffen und arretiert worden sei. Sie bemerkte das nicht, warf mir einen fast mitleidigen Blick zu und fuhr fort:
    „Sie scheinen auch nicht der Held zu sein, für den wir Sie halten sollen, Señor, sonst würden Sie sich nicht so darüber freuen, daß der Player schon gefangen ist, wenn Sie hinkommen.“
    „Allerdings freue ich mich, und das kann mir niemand übelnehmen. Der Mann ist wirklich mehr als lebensgefährlich. Jede Kugel, welche trifft, macht ein Loch in die Haut.“
    „Und Sie sind wohl kein Freund von solchen Löchern?“
    „Nein, denn wenn sie zu tief gehen, ist's zu Ende mit einem.“
    „So gebe ich Ihnen freilich den Rat, sich hübsch in acht zu nehmen, daß Ihre liebe Haut nicht verletzt wird. Mein Mann aber weiß, daß dem Mutigen die Welt gehört und dem Kühnen das Glück günstig ist. Meine Seele wird ihn umschweben und beschützen. Meinst du nicht, lieber Mann?“
    „Ja“, nickte er mit einem Gesicht, als ob er Pfefferkörner anstatt Korinthen zerbissen hätte. „Vergiß aber nicht, mir auch ein Kissen auf den Sattel legen zu lassen, damit ich das Pferd nicht allzusehr drücke!“
    Sie schlüpfte aus ihrer Hängematte und ging an mir vorüber, ohne mich anzusehen. Ich war in ihren Augen ein feiger Wicht, der sich fürchtete, ein Loch in die Haut zu bekommen. Vor Winnetou blieb sie stehen, ließ ihn ihr liebenswürdigstes Lächeln sehen und fragte:
    „Señor Winnetou, Sie haben also wirklich die Absicht, die Nacht hier in Ures zu verbleiben?“
    Das Gesicht, mit welchem der Apache auf sie niederblickte, war nicht zu beschreiben. Was sich in demselben aussprach, war Mitleid und zugleich Erstaunen darüber, daß sie es wagte, ihn direkt anzusprechen. Ich verstand seinen Blick und antwortete an seiner Stelle:
    „Ja, wir bleiben bis morgen da.“
    „Warum antworten denn Sie? Lassen Sie doch Winnetou reden!“ sagte sie, indem sie mir einen verächtlichen Blick zuwarf. „Er hat gehört, daß ich ihn verehre, und wird mich

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