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37 - Satan und Ischariot I

37 - Satan und Ischariot I

Titel: 37 - Satan und Ischariot I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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erfahren, ob man mich jetzt oder später zu töten beabsichtige. Er war so ergrimmt, daß er zum Stoß ausholte; ein mehrstimmiger Zuruf der Seinigen veranlaßte ihn, sich zu beherrschen. Er ließ den Arm sinken und antwortete, indem er ein höhnisches Gelächter aufschlug:
    „Ich durchschaue dich. Du willst mich reizen, damit ich dich im Zorn gleich töten möge, wirst aber diese Absicht nicht erreichen. Du wirst jetzt keinen Mangel bei uns leiden, damit wir dich schnell und gesund nach unseren Wigwams bringen. Du sollst dick und fett und stark werden, damit du die Qualen, welche dir bestimmt sind, doppelt so lange zu ertragen vermagst. Gebt diesem Hund zu fressen, soviel wie er zu fressen vermag!“
    Ich hatte meine Absicht erreicht; ich wußte nun, daß man mich nicht nur schonen, sondern sozusagen sogar mästen wollte. Das hätte mich beruhigen müssen, wenn meine Besorgnis bisher, was aber nicht der Fall war, eine große gewesen wäre. Dem zuletzt gegebenen Befehle kam man sofort nach. Das Essen, welches aus in Wasser gekochtem Bohnenmehl bestand, war fertig, und ein alter schmieriger Kerl machte sich daran, mich, da ich die Hände nicht zu gebrauchen vermochte, wie ein kleines Kind zu füttern. Er setzte sich mit seinem vollen Napf zu mir, fuhr mit den Fingern in den Brei und schickte sich an, mir denselben in den Mund zu streichen. Ich wehrte mich dagegen. Als der Häuptling dies sah, sagte er:
    „Der Hund ist zu vornehm, die Speise der roten Krieger zu genießen. Mache ihm einen Arm los und gib ihm Fleisch; das wird ihm besser schmecken. Ich habe versprochen, daß er nicht hungern soll. Desto lauter wird er dann pfeifen und winseln können.“
    Der Alte ging nach dem Vorratszelt und brachte mir ein großes Stück Rindfleisch, welches ich, nachdem er mir den Arm freigegeben hatte, mit mehr Appetit, als ich vorher dem Brei abgewinnen konnte, verzehrte. Dann wurde mir der Arm wieder festgebunden.
    Eben als die Indianer gegessen hatten, kam Weller junior aus dem Wald. Er brachte seinen Vater mit. Dieser kam, nachdem er den Häuptling begrüßt hatte, zu mir heran, nickte mir maliziös-freundlich zu und sagte:
    „Guten Abend, Sir! Wie ist Euer wertes Befinden, Master Shatterhand?“
    Ich wendete das Gesicht von ihm ab und antwortete nicht.
    „Ah, Ihr scheint ein stolzer Boy zu sein! Ich bin ein so geringer Kerl, daß Ihr es für unter Eurer Würde haltet, auf meinen höflichen Gruß eine Antwort zu geben. Nun, Ihr werdet schon noch höflich werden! Ich stelle Euch hier meinen Sohn vor, einen prächtigen Kerl. Ist ein famoser Schauspieler. Als er sich für einen Kajütenwärter ausgab, habt Ihr wohl nicht geahnt, was in ihm steckt. Wie?“
    Und als ich auch jetzt nicht antwortete, fuhr er fort:
    „Habe mich unendlich gefreut, als er mir vorhin bei meiner Ankunft sagte, welchen Fang meine roten Freunde gemacht haben. Habt Euch um fremde Angelegenheiten, die Euch nichts angingen, gekümmert und wißt Euch nun dafür in Euern eigenen nicht zu helfen. So aber geht es, wenn man sich unaufgefordert zum Advokaten anderer Leute macht. Ihr werdet den Prozeß verlieren und sämtliche Kosten tragen, indem Ihr sie mit dem Leben bezahlt. Wohl bekomm's!“
    Er wendete sich ab und ging zu dem Häuptling, welcher sich an einer Stelle, die außerhalb der Hörweite der anderen lag, niedergesetzt hatte. Sein Sohn folgte ihm, und die drei begannen nun ein leise geführtes Gespräch, bei welchem, ihren Gebärden nach, sehr Wichtiges verhandelt wurde. Als dasselbe beendet war, erhoben sie sich von ihren Sitzen; der ‚Große Mund‘ rief seine Leute zusammen, um ihnen das Resultat der gepflogenen Unterhaltung mitzuteilen; die beiden Weller stellten sich indessen geflissentlich so ganz in meine Nähe, daß ich das, was sie sprachen, hören mußte, und der ältere meinte zum jüngeren:
    „Also ich reite jetzt zurück, und du bleibst bei den Indianern, die gleich nach mir aufbrechen werden. Es ist von hieraus nach der Hazienda del Arroyo gerade so weit, daß Ihr noch vor der Morgendämmerung den Überfall ausführen könnt.“
    „Aber die Tore werden zu sein!“ meinte der Sohn in einer Weise, aus welcher ich ersah, daß sie nur redeten, damit ich es hören sollte.
    „Was schadet das? Ich bin auf die Jagd geritten, habe mich verirrt, kehre so spät zurück und klopfe den Majordomus auf, um mir öffnen zu lassen.“
    „Der wohnt im Hauptgebäude und hört das Klopfen nicht.“
    „So hören es die deutschen Auswanderer, und einer

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