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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sein. Laß uns fliehen, schnell, schnell!“
    Sie sprang auf.
    „Warte nur, warte!“ antwortete ich. „Ein Germani flieht nicht so schnell vor solchen Leuten.“
    „Aber es sind ihrer mehr als zehn!“
    „Und wenn es zwanzig oder dreißig wären, wir fürchten uns nicht.“
    „So seid ihr verloren, und ich bin es mit euch! O Allah, Allah, beschütze uns in dieser Angst und Gefahr!“
    „Sei ruhig! Ich gebe dir mein Wort, daß sie dir nichts tun werden. Ich denke vielmehr, daß wir sie bestrafen werden für den Mord, welcher hier begangen worden ist, nämlich wenn sie wirklich zu den Uled Ayun gehören.“
    „Willst bleiben?“ fragte Emery in seiner kurzen Weise.
    Er hatte die Worte des Weibes und natürlich auch die meinigen verstanden.
    „Auf alle Fälle“, antwortete ich.
    „Und wenn es keine Uled Ayun sind –?“
    „Dann sind es Uled Ayar, gegen welche wir ziehen, und die müssen wir erst recht bekommen.“
    „Gefangennehmen?“
    „Ja. Wenn wir schießen müssen, dann möglichst nur die Pferde, nicht die Menschen, die ich lebendig haben möchte.“
    „Weiß schon! Bist stets sparsam mit Menschenblut; sind es aber nicht wert, die zehnfachen Schurken.“
    „Du meinst doch, daß wir ihnen überlegen sind?“
    „Überlegen? Pshaw! Die paar Kerl nimmt ein jeder von uns allein auf sich. Macht mir großen Spaß!“
    Sein sonst so ernstes Gesicht strahlte von innerem Vergnügen, als er zu seinem Pferd trat, um das Gewehr vom Sattel zu nehmen, mit welchem er gewohnt war, jedes Wild und jeden Feind in die Stirn zu treffen.
    Auch Winnetou griff nach seiner Silberbüchse und fuhr dann mit der Hand in den Gürtel, in welchem das bewährte Bowiemesser und auch der Tomahawk steckte. Er hatte auch diesen von drüben herübergebracht.
    „Das wird für dich vielleicht der erste Kampf in der afrikanischen Wüste werden“, bemerkte ich ihm.
    „Winnetou glaubt nicht, daß es zum Kampf kommen wird“, antwortete er. „Die Furcht wird sie in unsere Hände treiben.“
    Da rief die Frau noch ängstlicher als vorher:
    „O Erbarmer, o Gnädiger, o Beschützer! Es sind wirklich Uled Ayun! Die sechs, welche mich eingruben, sind bei ihnen.“
    „Du täuscht dich nicht?“ fragte ich.
    „Nein. Der mit dem großen, schwarzen Bart, welcher voranreitet, war der Anführer. Wie wird es uns ergehen! O, Allah, Allah, Allah!“
    Ich drückte sie auf den Boden nieder und beruhigte sie:
    „Es wird dir und deinem Kind kein Haar gekrümmt werden. Nicht wir haben die Leute zu fürchten, sondern sie uns.“
    „Das ist ja ganz unmöglich, ganz unmöglich! Es sind ihrer vierzehn, und ihr seid doch bloß drei!“
    Ich hatte keine Zeit mehr, länger auf die Zaghafte zu achten, denn der Trupp war uns bis auf ungefähr dreihundert Schritte nahegekommen, wo er anhielt, um uns zu betrachten. Die Uled Ayun kamen jedenfalls, um nachzusehen, ob die Frau tot sei oder nicht, und sich an ihrem Anblick zu weiden. Ohne daß einer von uns eine Weisung gegeben oder erhalten hatte, standen wir so, wie die gegenwärtige Lage es erforderte, nämlich ich bei dem Weib in der Mitte, Emery zwanzig Schritte weit rechts und Winnetou ebensoweit links von mir, so daß wir eine gerade, vierzig Schritte lange Linie bildeten. Die Pferde hielten hinter uns.
    Die Beduinen waren außer zweien mit langen Feuersteinflinten bewaffnet; diese beiden aber trugen Lanzen. Beritten waren sie ohne Ausnahme sehr gut. Darum wurde es mir leid um die Pferde, und ich rief meinen beiden Genossen zu:
    „Wenn wir schießen müssen, dann nicht die Pferde, wie ich vorhin sagte, sondern die Reiter, aber nur in die Arme oder Beine. Um die Pferde wäre es schade, um die Mörder aber nicht.“
    „Well, soll pünktlich geschehen“, antwortete Emery, der, seine hohe Gestalt auf die nie versagende Büchse gestützt, die feindliche Truppe mit hellen, erwartungsvollen Augen betrachtete.
    Die Beduinen hielten ungefähr zwei Minuten vor uns; sie teilten sich ihre Ansichten über uns mit; zuweilen klang ein lauter Ausruf der Bewunderung oder der Anfeuerung zu uns herüber. Sie hatten nicht erwartet, jemand hier zu treffen, und unsere Haltung erregte erst recht ihr Erstaunen. Drei Beduinen wären ganz gewiß vor einer solchen Übermacht beizeiten geflohen, und wären sie da geblieben, so hätten sie sich unbedingt auf die Pferde gesetzt, um für alle Fälle zur Flucht bereit zu sein. Daß wir ganz im Gegenteil nicht nur nicht wichen, sondern ihnen so bewegungslos und getrost entgegenblickten,

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