Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Gefährte hat eine Waffe, welche ihr noch nicht gesehen habt. Es ist ein Balta el Kital (Schlachtbeil), mit welchem man die Köpfe spaltet und im Wurf jeden fliehenden Feind erreicht. Er wird es euch zeigen.“
    Sie gaben Raum. Winnetou warf den langen Haïk ab, zog den Tomahawk, schwang ihn einigemal um den Kopf und ließ ihn dann aus der Hand gleiten. Die Waffe flog, sich immer um sich selbst wirbelnd, erst niederwärts, berührte in einiger Entfernung den Boden, stieg dann rasch und jäh empor, wirbelte in einer Bogenlinie weiter und senkte sich endlich nieder, um den Schaft des Speeres gerade in der Mitte zu treffen und wie ein Rasiermesser zu durchschneiden.
    Schon der Umstand, daß die Lanze auf eine so bedeutende Entfernung gerade an der vorher bezeichneten Stelle getroffen worden war, erregte die Verwunderung der Uled Ayun; aber daß die Waffe ein Beil war, vergrößerte ihr Erstaunen; das Unbegreiflichste dabei war ihnen jedoch die wirbelnde Bewegung desselben und die für sie ganz unerklärliche Bahn, welche es durchflogen hatte. Sie waren fast stumm.
    Und da geschah noch etwas, was ihnen noch viel wunderbarer vorkam, nämlich Winnetou legte seine Silberbüchse zur Erde nieder und ging fort, um sein Beil zu holen. Er wendete sich gerade auf sie, schritt mitten durch sie hindurch bis nach der Stelle, an welcher sein Beil lag, hob dasselbe auf und kehrte auf ganz demselben Weg zurück, ohne nur einen einzigen von ihnen eines Blickes gewürdigt zu haben. Sie rissen die Augen und, um mich dieses Ausdrucks zu bedienen, auch die Mäuler auf und starrten zu uns herüber.
    „Das war sehr gewagt!“ bemerkte ich dem Apachen.
    „Pshaw!“ antwortete er in verächtlichem Ton. „Das sind keine Krieger. Sie haben ja nicht einmal ihre Gewehre, die sie vorhin abschossen, wieder geladen.“
    „Aber wenn sie sich an dir vergriffen hätten?“
    „So hätte ich meine Fäuste und mein Messer, und du hättest mir mit deinem Stutzen Luft gemacht.“
    So war Winnetou, kaltblütig, verwegen und dabei von einer Überlegung, die ihn selbst in gefährlichsten Augenblicken nicht verließ. Um die Beduinen nicht aus dem Staunen kommen zu lassen, rief ich ihnen jetzt zu:
    „Haï is radschal – auf, ihr Leute, ich will euch nun ein Zaubergewehr zeigen. Steckt die zweite Lanze in die Erde!“
    Sie taten es. Ich nahm den Stutzen zur Hand und fuhr fort:
    „Dieses Gewehr schießt immerfort, ohne daß ich es zu laden brauche. Ich werde jetzt zehn Kugeln in die Lanze senden, jede genau zwei Finger breit über die andere. Paßt auf!“
    Ich legte an und schoß, nach jedem Schuß die exzentrisch sich bewegende Patronenkugel des Henrystutzens mit dem Daumen weiterdrehend. Alle Augen waren zunächst nur auf mich gerichtet, ob ich auch wirklich nicht laden würde; aber als ich dann nach dem zehnten Schuß den Stutzen aus dem Anschlag nahm, eilten alle nach der Lanze. Ich achtete nicht auf die Ausrufe, welche dort erschollen, sondern beeilte mich, unbemerkt zehn neue Patronen in die Kugel zu schieben, um später, wenn es notwendig sein würde, alle fünfundzwanzig Schüsse zu haben.
    Die Kugeln hatten die Lanze genau in der von mir angegebenen Entfernung voneinander durchschlagen; ich mußte ihnen als ein Zauberer erscheinen, wollte ihnen aber trotzdem noch mehr imponieren und rief ihnen also zu:
    „Zieht die Lanze heraus, geht hundertfünfzig Schritte weiter und steckt sie dort in den Boden! Ich werde sie trotz dieser Entfernung durch zwei Kugeln in drei genau gleich große Teile zerschießen!“
    Das dünkte ihnen nun vollends gar unmöglich. Der Besitzer der zweiten Lanze, welche schon die zehn Kugellöcher hatte, wollte nicht tun, was ich geboten hatte, der Scheik winkte ihm aber, mir trotz der Unglaublichkeit dieses Stückes doch zu gehorchen. Daß mir viele Schüsse in wenigen Sekunden zu Gebote standen, hatten sie gesehen; nun wollte ich ihnen auch zeigen, auf welch große Entfernung ich noch genau zu treffen vermochte. Dann mußten sie überzeugt sein, daß ich vorhin nicht verrückt gewesen war und es für sie trotz ihrer Übermacht weder Sieg noch Flucht geben könne. Die kleinen Kugeln des Stutzens hatte die Lanze durchbohrt; das große Kaliber meines Bärentöters aber mußte sie zerbrechen.
    Als die Lanze wieder in der Erde steckte, glich sie einem dünnen Rohrstöckchen. Der Schuß war heikel; aber ich kannte mein Gewehr und konnte mich auf dasselbe verlassen. Den schweren Bärentöter emporhebend, legte ich an und zielte. Die

Weitere Kostenlose Bücher