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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wahr ich hier stehe, und zwar noch bevor das Abendgebet gesprochen wird! Merke es dir! Habt ihr nicht den Greis ermordet, dessen Überreste da vor uns liegen?“
    „Das war nicht Mord, sondern Blutrache.“
    „Und dann habt ihr dies schwache Weib in die Erde gegraben. Ein Greis und ein Weib können sich nicht wehren; darum habt ihr euch an beide gewagt, ihr Feiglinge und Memmen; an uns aber würde euer Mut zuschanden werden.“
    Ein neues und viel lauteres Gelächter war die Antwort; dann höhnte der Scheik:
    „Kommt doch heran, und zeigt uns eure Tapferkeit, ihr Schakale, ihr Schakalssöhne und Enkel von Schakalskindern! Ihr wagt es nicht; ihr bleibt stehen, weil ihr wißt, daß wir euch verschlingen würden. Aber wenn wir zu euch kommen, werdet ihr davonspringen und vor Angst heulen wie die Hunde, die man peitscht!“
    „Kommt doch zuerst heran! Ihr seid fünfmal mehr als wir und bedürft also weniger Mut zum Angriff. Du sprichst von Flucht, aber ich sage dir, daß ihr euch zurückwenden werdet, um uns zu entkommen, doch wird es keinem gelingen. Merkt auf, was ich euch sage! Ihr habt an dieser Stelle ein Verbrechen begangen, welches wir bestrafen werden. Ihr seid unsere Gefangenen; wer uns entfliehen will, den schießen wir über den Haufen. Steigt ab, und übergebt uns eure Waffen!“
    Das Gelächter, in welches sie jetzt ausbrachen, war ein homerisches, und ich gebe gern zu, daß sie mich für verrückt halten konnten und wohl auch hielten. Das meinte auch der Scheik, als er dann sagte:
    „Jetzt ist dein Verstand vollends zu Ende; dein Hirnkasten ist leer. Soll ich ihn öffnen, um es dir zu beweisen?“
    „Spotte nicht! Sieh her, wie sicher und ruhig wir vor eurer Übermacht stehen! Müssen wir unserer Sache nicht sicher sein? Ich wiederhole es: Hütet euch, zu fliehen, denn unsere Kugeln würden euch einholen!“
    Da wendete der Schwarzbärtige sich zu den Seinen:
    „Der Hund scheint im Ernst zu sprechen; er redet von ihren Kugeln. In unseren Läufen stecken auch welche. Gebt sie ihnen sofort, und dann hin zu ihnen!“
    Er legte sein Gewehr auf uns an; seine Leute folgten diesem Beispiel. Zwölf Schüsse knallten, aber keiner traf; ja, es gab nicht eine einzige Kugel, welche auch nur unsere weiten Gewänder streifte, obgleich wir aufrecht und still stehen geblieben waren und uns nicht bewegt hatten. Es war ihre Absicht gewesen, sich auf uns zu stürzen, aber das Erstaunen, uns unverletzt zu sehen, hielt sie am Plan zurück. Da trat Emery einige Schritte vor und rief ihnen mit seiner mächtigen Stimme zu:
    „Habt ihr gesehen, wie ihr schießt? Wir blieben getrost stehen, weil wir wußten, daß ihr uns nur aus Versehen treffen würdet. Jetzt wollen wir euch einmal zeigen, wie wir schießen. Dort sind zwei Männer mit Lanzen; einer mag die seinige emporheben, und ich werde sie treffen.“
    Der eine der Lanzenträger gehorchte dieser Aufforderung, als er aber sah, daß Emery seine Büchse zum Schuß erhob, ließ er den Spieß wieder sinken und rief:
    „O Allah, Allah! Was fällt dem Menschen ein! Er will auf meine Lanze schießen, aber wird mich treffen!“
    „Du fürchtest dich!“ lachte der Engländer. „Steig also ab und stecke den Speer in den Boden! Wenn du dich dann entfernst, kann ich dich nicht treffen.“
    Der Beduine tat so, wie ihm geheißen wurde. Emery legte an und drückte ab, ohne länger als einen Augenblick zu zielen. Die Lanze war gerade unter der eisernen Spitze getroffen; es war ein Meisterschuß.
    Die Uled Ayun drängten ihre Pferde hin, um den Treffer in Augenschein zu nehmen. Keiner sagte ein lautes Wort; sie flüsterten nur leise miteinander, einen so großen Eindruck hatte der Schuß auf sie gemacht. Da fragte mich Winnetou:
    „Wahrscheinlich wird mein Bruder ihnen auch zeigen, wie er schießt?“
    „Ja“, antwortete ich. „Ich will sie ohne Blutvergießen fangen und muß ihnen also durch einige Schüsse beweisen, daß sie uns nicht entkommen können.“
    „So braucht Winnetou seine Silberbüchse nicht sprechen zu lassen; aber haben die Leute auch Tomahawks?“
    „Nein. Sie würden staunen, wenn du ihnen den deinigen zeigen wolltest.“
    „Gut! Ich verstehe nicht, mit ihnen zu sprechen, also mag mein Bruder ihnen sagen, daß ich die Lanze, welche noch in der Erde steckt, durch meinen Tomahawk gerade in der Mitte auseinanderschneiden werde!“
    Noch hatten die Beduinen sich von ihrem Erstaunen nicht erholt, als ich ihnen zurief:
    „Geht weg von der Lanze! Dieser mein

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