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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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war ihnen geradezu ein Rätsel; so etwas hatten sie noch nie erlebt. Sie konnten sich unser Verhalten wohl nur dadurch erklären, daß wir sie kannten und keine Ursache hatten, sie zu scheuen, und doch kannten sie uns nicht und hatten uns noch nie gesehen! Nur eins stand bei ihnen fest, und zwar gerade das, worin sie sich irrten, nämlich daß wir Mohammedaner seien, was keiner von uns war. Daß sie diese Überzeugung hegten, zeigte ihr Gruß. Nie wird nämlich ein strenggläubiger Mohammedaner einen Andersgläubigen mit ‚Sallam aaleïkum‘ grüßen, ja es ist sogar Nichtmohammedanern verboten, einem Anhänger des Islam gegenüber diesen Gruß zu gebrauchen. Und doch trieb der schwarzbärtige Anführer sein Pferd einige Schritte vor, legte die Hand auf das Herz und rief zu uns herüber:
    „Sallam aaleïkum, ichwani! – Heil sei mit euch, meine Brüder!“
    „Sal – aal –“ antwortete ich kurz.
    Indem ich nur die beiden ersten Silben gebrauchte, gab ich sehr deutlich zu versehen, daß ich nicht die Absicht hegte, zu dem Grüßenden in freundliche Beziehungen zu treten. Er tat so, als ob er dies nicht bemerkt habe, und fuhr fort:
    „Kef fahhatak – wie befindest du dich?“
    Ich entgegnete grob:
    „Ente es beddak; min hua – was willst du? Wer bist du?“
    Das war freilich gegen alle Regeln der Höflichkeit; er langte auch sofort nach dem Kolben seiner Flinte und antwortete:
    „Wie kannst du wagen, diese Frage auszusprechen! Bist du vom Ende der Welt hierhergekommen, daß du nicht weißt, wie man sich zu benehmen hat? Wisse, daß ich mich Farad el Aswad nenne und der oberste Scheik der Uled Ayun bin, denen der Boden gehört, auf welchem du dich befindest. Du hast denselben betreten, ohne uns um Erlaubnis zu fragen, und wirst die darauf ruhende Steuer bezahlen müssen.“
    „Wie hoch ist dieselbe?“
    „Für die Person hundert tunesische Piaster und sechzehn Karuben.“
    Das waren einundfünfzig Mark für jeden von uns.
    „Wenn du sie haben willst, so hole sie dir!“ forderte ich ihn auf, indem ich mein Gewehr erhob und über den gekrümmten Arm legte.
    Mit dieser Bewegung sagte ich ihm, daß er nichts bekommen solle.
    „Dein Maul ist so groß, wie dasjenige eines Nilpferdes“, lachte er höhnisch; „aber dein Gehirn scheint noch kleiner zu sein, als dasjenige der verachteten Dscherada (Heuschrecke). Wie ist dein Name, und wie heißen deine Begleiter? Woher kommen sie? Was wollen sie? Welches ist ihr Beruf, und haben ihre Väter Namen gehabt, welche noch nicht vergessen worden sind?“
    Die letzte Frage enthielt nach hiesigen Anschauungen eine schwere Beleidigung. Ich antwortete:
    „Du scheinst deine Zunge in den Schmutz eurer Kamele und Rinder getaucht zu haben, da dieselbe so übelriechende Worte spricht. Ich bin Kara Ben Nemsi aus dem Lande der Alman; mein Freund zur Rechten ist der weitberühmte Behluwan-Bei aus dem Land der Inkelis, und der Held zu meiner Linken ist Winnetou el Harbi w' Nasir (Krieger und Sieger), der oberste Häuptling aller Stämme der Apachen im großen Belad Amierika. Wir sind gewohnt, Mördern unsere Kugeln zu geben, aber keine Steuern. Ich wiederhole es: Wenn du das Geld haben willst, so hole es dir!“
    „Dein Verstand ist noch viel kleiner, als ich dachte! Sind wir nicht vierzehn starke und tapfere Männer, und ihr zählt nur drei? Also würde jeder von euch fünfmal getötet, ehe ihr einen von uns töten könntet!“
    „Versucht es doch einmal! Ihr kommt nicht dreißig Schritte weit, so haben unsere Kugeln euch gefressen!“
    Drüben erscholl ein allgemeines Gelächter. Man meine ja nicht, daß ich mit meinen Worten prahlen wollte. Nein! Gerade wie die altgriechischen Helden ihre Kampftaten mit einem volltönenden Wortgefecht einzuleiten pflegten, so hat auch der Beduine die Gewohnheit, bei offen auszukämpfenden Streitigkeiten vor der wirklichen Waffe erst den Mund zu gebrauchen, und das tut er gewöhnlich in der ausgiebigsten Weise. Wenn ich in dieser Weise von uns sprach, folgte ich nur der Sitte der Gegend, in welcher wir uns befanden. Das Hohngelächter der Uled Ayun konnte mich nicht stören; es gehörte unbedingt mit zur Sache. Als es verklungen war, fuhr der Scheik in sehr drohendem Ton fort:
    „Du sprichst von Mördern. Ich befehle dir, mir zu sagen, wen du meinst!“
    „Du hast mir nichts zu befehlen, zumal ihr selbst es seid, die ich meine!“
    „Wir sollen Mörder sein? Beweise es, du Hund!“
    „Für den ‚Hund‘ werde ich dich bestrafen, so

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