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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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seine Hundert wohl verdient; aber die Szene wurde mir immer widerwärtiger, und als er sechzig Hiebe empfangen hatte, ließ ich aufhören und ihn fortschaffen. Das moralische Wehe, welches ich ihm angetan hatte, war jedenfalls wenigstens ebenso groß wie das körperliche, und ich konnte vollständig überzeugt sein, mir in ihm einen grimmigen Feind gemacht zu haben, was mich aber nicht im geringsten aufregte.
    Elatheh, die Frau, welche wir gerettet hatten, kam zu mir, um mir Dank für die Strafe zu sagen, welche ihren Peiniger getroffen hatte. Bei der Behandlung, die ihr bis jetzt geworden war, sah sie ein, daß sie für ihre Person nichts zu befürchten hatte. Sie wußte nicht, daß sie heimlich beaufsichtigt wurde. Es war ja immerhin der Fall möglich, daß sie, wenn auch nicht aus Undankbarkeit, entwich und, wenn sie auf die Krieger der Ihrigen traf, uns durch ihre ganz absichtslosen Mitteilungen verriet.
    Wir legten uns zeitig schlafen, denn der morgige Weg durch das Warr war nicht nur beschwerlich, sondern wurde auch nach und nach gefährlich, je mehr wir uns den Ruinen näherten, wo wir die Feinde und unsere eingeschlossenen Leute vermuteten.
    Am anderen Morgen wurde zeitig aufgestanden, gegessen, die Pferde und Kamele gefüttert, und dann brachen wir auf. Noch im letzten Augenblick kam Winnetou zu mir geritten und sagte:
    „Mein Bruder mag mit mir kommen. Ich habe ihm etwas zu zeigen.“
    „Etwas Gutes?“
    „Vielleicht Böses.“
    „Ah! Was?“
    „Winnetou hat, wie mein Bruder weiß, die Gewohnheit, vorsichtig zu sein, auch wo dies nicht notwendig zu sein scheint. Ich bin hinaus und um das Lager geritten und habe da eine Spur gesehen, welche meinen Verdacht erweckt.“
    Er nahm mich, während die anderen fortritten, die Gefangenen auf Pferde gefesselt, mit nach Südosten, und da sahen wir denn im Sand, der zwischen Steinblöcken lag, allerdings eine menschliche Fährte, welche zunächst vom Lager fort und dann in dieses wieder zurückführte. Wir folgten ihr und kamen an eine zwischen großen Felsbrocken gelegene Stelle, wo der Mann, der die Spur verursacht hatte, mit einem anderen zusammengetroffen war; der andere war zu Pferd gewesen. Allem Anschein nach hatten sie längere Zeit miteinander gesprochen.
    Die Spuren waren unserer Ansicht nach wenigstens acht Stunden alt, und die Zusammenkunft hatte also um die Mitternachtszeit stattgefunden. Wir konnten jetzt nichts weiter tun, als der Spur des Reiters folgen. Sie führte ohne Unterbrechung nach Südost, also aus der Richtung, welcher unser Zug folgte, weit ab. Dies beruhigte uns einigermaßen, und wir kehrten nach einer halben Stunde um, um die Gefährten einzuholen.
    Natürlich teilten wir, als dies geschehen war, Krüger-Bei und Emery unsere Beobachtungen mit. Der erstere nahm sie leicht und machte sich keine Sorge; der andere aber nahm sich mit uns vor, heute abend ganz gehörig aufzupassen. Ursache hatten wir dazu. Emery erkundigte sich:
    „Der Reiter war nicht vielleicht im Lager, während wir schliefen?“
    „Nein.“
    „So hat er Ursache gehabt, sich nicht sehen zu lassen. Und wer sich nicht sehen lassen darf, der ist kein Freund, sondern ein Feind.“
    „Und wer nächtlicherweise heimlich mit einem Feind verkehrt, ist ein Verräter. Wir haben also einen Verräter unter uns“, sagte ich.
    „Well, bin auch der Meinung; aber wer mag das sein? Wenn wir heute abend aufmerksam sind, werden wir ihn wahrscheinlich erwischen. Wie lange reiten wir noch bis zu den Ruinen?“
    „Bis morgen nachmittag.“
    „Dann ist zu erwarten, daß der Reiter heute abend wiederkommt, um sich neue Nachrichten zu holen. Den halten wir fest und seinen Kumpan dazu.“
    Leider sollte diese Erwartung nicht in Erfüllung gehen, denn es waren Dinge geschehen, welche wir, wenn sie uns vorhergesagt worden wären, wohl kaum geglaubt hätten, trotzdem wir wußten, daß der Kolarasi Kalaf Ben Urik ein Schurke sei. Er war zu den Feinden übergegangen und befand sich mit diesen viel näher, als wir dachten. Der nächtliche Reiter war wirklich ein Spion der Uled Ayar gewesen, und der, mit welchem er gesprochen hatte, war kein anderer als der Führer, dem wir unvorsichtigerweise soviel Vertrauen schenkten.
    Das Warr hinderte unser Fortkommen sehr. Wir konnten nicht in geschlossener Kolonne reiten, sondern mußten uns teilen und viel mehr Kundschafter und Seitenpatrouillen aussenden, als sonst nötig gewesen wäre. Doch mittags, als wir einen kurzen Halt machten, tröstete uns der

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