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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aushalten?“
    „Jedenfalls.“
    „Und Feldwebel dazu beten?“
    „Ja.“
    „Die Beschließerin? Eigentümliches Volk, die Mohammedaner. Zu den Prügeln einen hundertfachen Lobpreis Allahs!“
    „Ich nehme das nicht als Gotteslästerung. Hundert Hiebe und hundert Namen Allahs; da verzählt man sich nicht. Ich habe einer derartigen Exekution noch nicht beigewohnt, aber man hat mir versichert, es komme häufig vor, daß der Exekutierte den Namen Allahs mitsage oder vielmehr laut brülle, um seine Schmerzen zu betäuben.“
    „Werden sehen und hören. Bin wirklich neugierig!“
    Zu bemerken ist, daß das mohammedanische Schlußgebet, welches ‚die Beschließerin‘ genannt wird, die hundert Namen Allahs enthält, welche unter Verbeugungen und Händeaufheben hergesagt werden. Da es auch für den Christen von großem Interesse ist, zu erfahren, wie Allah von den Bekennern des Islam genannt wird, so mag ein Teil der ‚Beschließerin‘ hier folgen:
    Allbarmherziger! Allbesitzender! Allerheiliger! Allerfehlerfreier! Allbedeckender! Allgeehrter! Allherrlicher! Allschöpfer! Allhervorbringer! Allnachsichtiger! Allzwingender! Allwissender! Allempfangender! Allausbreitender! Allerniedernder! Allerhöhender! Allbeehrender! Allherabsetzender! Allhörender! Allsehender! u.s.w.
    Als der Scheik den Bastonadschi kommen sah, starrte er mich wie abwesend an; dann belebte sich plötzlich sein Auge, und er fragte mich: „Wer – wer ist dieser Mann?“
    „Der Bastonadschi“, antwortete ich bereitwillig und nicht im geringsten gehässig. „Er soll seines Amtes walten bei dir.“
    „Ich – ich soll – die hundert – die hundert Hiebe erhalten! Mensch! Giaur!“
    „Schweig, sage ich dir, sonst werden es hundertfünfzig!“
    „Ich bin ein freier Uled Ayun! Niemand darf mich schlagen!“
    „Außer der Bastonadschi!“
    „Das fordert Blut – Blut – Blut!“
    „Drohe nicht, denn bald wirst du jammern! Du sollst erfahren und fühlen, daß ich es leicht wage, meine Drohungen auszuführen.“
    „Weißt du, daß es dich dein Leben kostet?“
    „Schwatze nicht! Du wärst der Kerl, mein Leben zu gefährden! Wie gefährlich du bist, habe ich heute gesehen! Bastonadschi, es kann beginnen!“
    „Kräftig?“
    „Tue deine Pflicht, aber ich will ihm nicht an das Leben.“
    „So wird er nicht sterben, aber Allah mag mich bewahren, die Wonnen zu schmecken, welche ich ihm bereiten werde! Zieht ihn aus!“
    Damit war nicht gemeint, dem Delinquenten etwa die Kleider auszuziehen, sondern seinen Körper auszuziehen, auszustrecken. Man nahm ihm den Haïk und band ihm die Hände los. Dann wurden ihm dieselben auseinandergestreckt an eine Lanze gebunden, welche zwei Soldaten ergriffen; zwei andere faßten ihn an den Füßen; alle vier zogen, und nun lag der Scheik lang ausgestreckt mit dem Bauch auf der Erde.
    „Wir sind bereit, o Herr!“ meldete der Bastonadschi, indem er mit der Rechten einen Stock aus dem Bündel nahm, welches er in der Linken hielt.
    „Dann los!“ nickte ich.
    Aber es ging noch nicht los, sondern alle sahen noch auf den alten Sallam. Dieser breitete die Arme aus und begann im Vorbeterton:
    „Bismi-Ilahi'r rahmani'r rahim' Ja rabb, ia daïm. Groß und viel sind die Sünden dieser Welt und versteckt die Herzen der Boshaften. Aber die Gerechtigkeit ist wach, und die Strafe schlummert nicht. O Allah, o Mohammed, o alle ihr Kalifen! Hört, ihr Gläubigen, ihr frommen Lieblinge der Tugend die hundert heiligen Namen dessen, der keine Sünde hat und die ewige Gerechtigkeit und Vergeltung ist! Hört sie, aber hört nicht auf das Wimmern dieses Wurmes, dessen Sünden ihm jetzt auf die Fläche seines gottlosen Rückens verzeichnet werden! O Allbarmherziger! O Allerbarmender! O Allbesitzender –!“
    Natürlich folgten bei diesen drei ersten Namen die drei ersten Hiebe. Dann kamen die anderen alle langsam hintereinander. Beim ‚O‘ holte der Bastonadschi aus, und bei der nächsten Silbe fiel der Hieb. Der Scheik lag wie leblos; er biß die Zähne zusammen und gab keinen Laut von sich. Aber beim fünfzehnten Namen öffnete er stöhnend den Mund, und mit dem siebzehnten begann er in brüllendem Ton mitzuzählen:
    „O Allbeteilender – o Alleröffnender – o Allwissender – o Allempfangender – o Allausbreitender –!“
    Ich sah und hörte nun freilich, daß die ‚Beschließerin‘ vortrefflich geeignet ist, das Geschrei oder Geheul eines Exekutierten in artikulierte Bahnen zu lenken. Der Mensch hatte

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