38 - Satan und Ischariot II
habe, nicht gegen seine Absichten zu reden oder gar zu handeln. Ich wünsche Ihnen, daß Sie nicht enttäuscht werden. Was aber gedenken Sie vorerst zu tun? Ich stehe im Begriff, Ihren Gefährten den Vorschlag zu machen, die Sonora und überhaupt Mexiko zu verlassen.“
„Sie meinen, daß sie das tun werden?“
„Wenn sie klug sind, ja.“
„Warum wollen sie nicht bleiben? Soll ich mit Judith sein ganz allein unter den Indianern?“
„Was sollen die Leute bei den Yumas anfangen? Sollen sie verwildern? Es kann doch nicht jede die Frau und jeder der Schwiegervater eines Häuptlings werden! Sie haben gesehen, was sich dem deutschen Arbeiter hier bietet. Ich werde die Leute also über die Grenze nach den Vereinigten Staaten führen, und der Häuptling wird es nicht zugeben, daß Sie mitziehen.“
„Das ist ihm auch nicht zu verdenken. Wenn er hat Gold und Silber hier im Land und kann haben dazu eine junge, schöne Frau von reizender Tournure und einen Schwiegervater, den er kann achten mit aufrichtiger Verehrung, was soll er sie da lassen fort oder gar selbst ziehen mit über die Grenze, wo nicht zu finden ist das Gold, welches liegt in seiner Gegend.“
„So werden Sie also bei den Yumas bleiben; das wollte ich wissen. Wie ich erfahren habe, sind Ihre Gefährten alle arm und mittellos herübergekommen, allein den Herkules und Sie ausgenommen. Ich hörte, daß Sie eine Geldsumme mitgebracht haben. Ist das wahr?“
„Freilich ist es wahr“, antwortete er eifrig. „Es war schönes, feines, echtes Geld in runden, schönklingenden Goldstücken, aufbewahrt in einer Börse, welche mir hat aus Seide gefertigt Judith, die Tochter meines Herzens.“
„Wie hoch war die Summe?“
„Vierhundertachtzig Dollars, um welche ich bin gekommen unterirdisch auf grausige Weise. Weller ist der Dieb, welcher ist Vater von Weller dem Sohn. Jetzt haben Sie den Dieb gefangen mit großer Tapferkeit; nun werden Sie haben die Güte, ihm abzuverlangen den Raub, durch welchen er mich hat gemacht elend in der Finsternis des Schachtes.“
„Ist dies die Börse?“ fragte ich, indem ich sie aus der Tasche zog und ihm hinhielt.
„Sie ist's, sie ist's!“ rief er jubelnd aus, indem er sie mir aus der Hand riß. „Ja, sie ist's! Ich werde sofort zählen das Geld, um zu sehen, ob ich bin worden bestohlen um eins oder einige von den goldenen Stücken.“
„Schreien Sie nicht so! Weller weiß noch nicht, daß ich ihm das Geld abgenommen habe, und braucht dies auch nicht sofort zu erfahren.“
Er ging, ohne mir ein Wort des Dankes zu sagen, mit seiner Tochter zur Seite und kauerte sich dort mit ihr nieder, wo sie zu zählen begannen; ich aber wandte mich zu den anderen. Ich hielt ihnen eine kurze Rede des Inhaltes, daß sie nichts Besseres tun könnten, als so schnell wie möglich die Gegend zu verlassen, und fuhr dann fort:
„Ich werde mit Winnetou von hier aus nach dem Rio Peso gehen, also nach Texas. Dort gibt es zwar traurige Gegenden, aber auch gutes Land in Menge und ein gesundes Klima dazu. Ich erbiete mich, Sie mitzunehmen. Beraten Sie sich, und sagen Sie mir dann Ihren Entschluß.“
Ich entfernte mich für einige Zeit, damit sie sich über meinen Vorschlag bereden möchten. Als ich zu ihnen zurückkam, sagte derjenige, den sie zum Sprecher ernannt hatten:
„Ihr Vorschlag ist ganz gut, und wir würden ihn gern befolgen, aber das ist nicht möglich. Zunächst können wir nicht fort, weil gegen Melton und Weller ein langwieriger Strafprozeß entstehen wird, bei dem wir doch jedenfalls als Zeugen dienen müssen.“
„Ist nicht nötig. Melton liefere ich an die Yumas aus; sie werden ihm den Prozeß auch ohne Zeugen machen. Was Weller betrifft, so weiß man nicht, was noch passiert. Ich habe ihm mit meiner Kugel die Hand und den Vorderarm zerschmettert, was in diesem Klima für einen Weißen stets gefährlich ist. Außerdem bringe ich Polizei und einen Oberbeamten aus Ures mit, welche auf uns warten. Wenn Sie vor diesen Leuten Ihr Zeugnis abgelegt haben, werden Sie nicht mehr gebraucht. Welche Hindernisse gibt es noch?“
„Die wilde Gegend, durch welche wir wahrscheinlich müßten. Halten unsere Frauen und Kinder eine solche Wanderung aus?“
„Gewiß, wenn sie sich nur erst von den hiesigen Leiden erholt haben. Es ist nicht so schlimm, wie Sie denken. Der Marsch wird nicht schneller gehen, als Sie vertragen können. Pferde verschaffe ich Ihnen von den Indianern. Außerdem habe ich mehrere Wagen mit Proviant und
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