38 - Satan und Ischariot II
nichts dagegen zu tun, daß Judith das Weib des Roten wurde. Dafür erhielt ich alle Zugeständnisse, auf welche ich angetragen hatte. Einen solchen Erfolg hätte ich, als ich mit dem kleinen Mimbrenjo hier ankam, für geradezu unmöglich gehalten. Natürlich wurde die Vereinbarung durch die Pfeife des Friedens beraucht, und als wir damit fertig waren, brachen wir nach dem Lager der Yumas auf, damit aus Rücksicht auf meine Sicherheit jeder der dort anwesenden Roten auch einen Zug aus der Pfeife tun sollte. War das geschehen, so konnte ich überzeugt sein, daß alle Punkte unseres Abkommens von ihnen mit größter Treue gehalten werden würden. Erst als auch das vorüber war, konnten wir an weiteres denken.
„Was wünscht nun mein weißer Bruder, was jetzt geschehen soll?“ fragte die ‚Listige Schlange‘. „Wird der Häuptling der Apachen mit denen, die bei ihm sind, zu uns kommen, oder werden wir zu ihm gehen?“
„Das letztere ist wahrscheinlicher. Ich muß erst mit meinen weißen Brüdern reden.“
Bevor ich dies tat, untersuchte ich die Brieftasche und die Börse Wellers. In der ersteren befanden sich fünftausend Dollars in denselben Papieren, welche auch Melton gehabt hatte, und in den letzteren nicht ganz fünfhundert Dollars in Goldstücken. Dann versammelte ich diejenigen männlichen Personen meiner Landsleute um mich, welche über das, was ich ihnen vorschlagen wollte, zu bestimmen hatten, nämlich die Familienväter und anderen selbständigen Personen. Die übrigen sollten nicht hören, was ich vorzubringen hatte; wenigstens brauchten sie über den Geldpunkt nichts zu erfahren, denn dieser Punkt war ein für mich heikler, obgleich ich überzeugt war, das, was ich beabsichtigte, vor meinem Gewissen vollständig verantworten zu können. Natürlich durften auch Melton und Weller nichts davon hören.
Während sich diese Personen zusammenfanden, nahm ich Judith und ihren Vater auf die Seite und fragte die erstere:
„Ich weiß, was Sie da drüben an der Felsenecke mit dem Häuptling besprochen haben. Haben Sie Ihrem Vater etwas davon gesagt?“
„Ja“, antwortete er an ihrer Stelle. „Die Tochter meines Herzens hat mir erzählt von der Ehre, welche ihr zuteil wird sein, zu werden die Häuptlingin und Herrscherin eines großen roten Volkes von der Nation der Indianer.“
„Sind Sie denn damit einverstanden?“
„Warum sollte ich nicht? Ist doch dabei zu machen ein großer Gewinn für sie und auch für meine Person, denn wir werden sein angesehene und bedeutende Leute in Mexiko und Amerika.“
„Sie scheinen sich nicht ganz die richtige Vorstellung von der politischen Bedeutung eines Indianerstammes und der sozialen Stellung eines Häuptlings zu machen. Ich habe die Pflicht, Ihnen zu sagen, daß –“
„Sagen Sie nichts, sagen Sie gar nichts!“ unterbrach er mich. „Ich bin der treue Vater meiner Judith und habe zu horchen nur auf das, was sie sagt und was sie will. Wir werden beherrschen einen Indianerstamm und meine Tochter kleiden können in Samt und Seide. Oder glauben Sie, daß der Häuptling sie mit dem Gold und den Edelsteinen belogen hat?“
„Nein. Es gibt hier zu Land verborgene Schätze, welche die Nachkommen der alten Mexikaner mit ebenso großer Treue wie Verschwiegenheit hüten. Warum sollte der Häuptling nicht ein solches Geheimnis kennen? Er ist kein Lügner und wird sein Versprechen halten. Nur müssen Sie den richtigen Maßstab an dasselbe legen. Er ist ein Wilder und weiß wohl nicht recht genau, was er sich unter einem Schloß oder einem Palast vorzustellen hat. Wenn er von einer Elle redet, müssen Sie immer nur einen Zoll nehmen. Auch mangelt ihm diejenige Bildung, welche allein Ihrer Tochter die Sicherheit gewährt, daß – – –“
„Bildung, Bildung! Was ist Bildung!“ unterbrach er mich wieder. „Warum soll er nicht haben Bildung, wenn er besitzt Geheimnisse über Gold und Edelsteine? Ist ein neues, seidenes Kleid keine Bildung? Hat derjenige, welcher einen Palast oder gar ein Schloß besitzt, nicht einen großartigen Verstand? Was steckt in einem Seminar, in einem Gymnasium, in einer Universität? Hölzerne Bänke zum Sitzen mit Tintenfässern zum Schreiben. Was ist das gegen die Möbel von Rokoko oder Renaissance, welche man in einem Schloß findet? Nein, nein, der Häuptling besitzt eine Bildung, mit welcher ich als Schwiegervater außerordentlich zufrieden sein kann!“
„Wenn Sie so denken, will ich schweigen, zumal ich ihm versprochen
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