38 - Satan und Ischariot II
treten. Er hat den ‚Schwarzen Biber‘ getötet und ihm den Skalp genommen; darum, und auch als Antwort darauf, daß der ‚Große Mund‘ uns den Namen Yumatöter so übelgenommen hat, erteile ich hiermit diesem meinem jungen, roten Bruder und Freund den Namen Yuma-Tsil (Yumaskalp) und bitte Winnetou und alle Krieger der Mimbrenjos, demselben ihre Beistimmung zu geben!“
Laute freudige Zurufe ertönten ringsum. Winnetou erhob sich, nahm die andere Hand des Knaben in die seinige und erklärte:
„Old Shatterhand hat mir aus dem Herzen gesprochen. Der junge, tapfere Krieger soll Yuma-Tsil heißen; er ist mein Bruder, und seine Freunde oder Feinde werden auch meine Freunde oder Feinde sein. Ich habe gesprochen.“
„So sind also die Wünsche der beiden Söhne unseres Freundes, des ‚Starken Büffels‘, erfüllt“, fuhr ich fort. „Sie wünschten, Namen zu haben, und sind deshalb mit Winnetou und mir gegangen; sie haben gute, vortreffliche Namen bekommen, welche in Zukunft bekannt und berühmt sein werden bei allen Freunden und Feinden. Der alte ‚Große Mund‘ aber mag jetzt mit seinen Ältesten fortgehen. Ob wir ihn und seine Leute fürchten, haben wir ihm dadurch gesagt, daß wir die beiden Söhne des Mimbrenjohäuptlings Yumatöter und Yumaskalp genannt haben. Ich habe gesprochen. Howgh!“
Ich winkte; der Kreis öffnete sich, und die Yumas entfernten sich, jedenfalls wütend darüber, daß sie auf ihre Verabschiedung eine solche Antwort erhalten hatten.
Es versteht sich von selbst, daß dann die Namengebung durch ein allgemeines Rauchen des Kalumets und die sonstigen Gebräuche gefeiert und bekräftigt wurde. Die Knaben, welche nun zu den erwachsenen Kriegern zählten, waren unendlich glücklich und auch ganz besonders stolz darauf, daß sie ihre Namen Winnetou und mir zu verdanken hatten.
Ihr Vater fühlte sich ebenso stolz und glücklich wie sie, floß von Dankesworten über und bat um Verzeihung dafür, daß er zuweilen nicht nur grob, sondern sogar mißtrauisch gegen mich gewesen war. Um mir einen Beweis seiner Dankbarkeit zu geben, bat er mich, daß ich mich nicht mehr von der ‚Listigen Schlange‘ und deren Yumakriegern begleiten lassen möge, denn er selbst wolle mir für meine weißen Kameraden genug gute Reit- und Packpferde zur Verfügung stellen und uns mit einer Kriegerschar bis über die Grenze und dann noch so weit führen, wie ich nur immer wünschen möge.
Ich ging natürlich sehr gern auf diesen Vorschlag ein und traf noch heute die Vorbereitungen zum Aufbruch, welcher am nächsten Morgen erfolgte.
Von der ‚Listigen Schlange‘ gab es einen herzlichen Abschied; seine Braut, die Jüdin, bekam ich dabei nicht zu sehen; sie blieb vor mir verborgen.
Nach einem langen und beschwerlichen Ritt erreichten wir die Grenzen von Texas, und ich verteilte das Geld. Auch der Player bekam die Summe, welche ich ihm versprochen hatte. Damit war die traurige Vergangenheit für sie alle verschwunden, und sie konnten einer einfachen, aber doch bessern und früchtereichen Zukunft entgegenblicken.
DRITTES KAPITEL
Ein Millionär
Ehe ich weitererzähle, muß ich auf ein früheres Ereignis zurückgreifen. Ich kehrte vor längerer Zeit von einer Reise nach Südamerika zurück, landete nach glücklicher Seefahrt in Bremerhaven und stieg in dem weitbekannten ‚Löhrs Hotel‘ ab, um dort meine mitgebrachten Effekten für den Bahntransport umzupacken.
Beim Diner saß ein junger, vielleicht sechsundzwanzigjähriger Herr mir gegenüber, welcher sich mit keinem Wort an dem allgemeinen Gespräch beteiligte und dafür mir eine zwar stille, aber anhaltendere Aufmerksamkeit zu widmen schien. Er sah mich wiederholt prüfend an und senkte in den Zwischenpausen den Blick auf seinen Teller. Er dachte nach, schien aber mit mir oder über mich nicht ins reine zu kommen. Mir war es ganz so, als ob ich ihn schon einmal gesehen hätte, doch konnte das nur sehr vorübergehend gewesen sein, da ich mich seiner nicht deutlich zu erinnern vermochte. Endlich, beim Dessert, sah ich sein Auge hell werden; er nahm eine zufriedene Miene an und schien nun zu wissen, wohin in seiner Erinnerung ich gehörte. Dadurch wurde aber die Aufmerksamkeit, welche er mir schenkte, keineswegs vermindert. Sein Blick blieb an mir und an jeder Bewegung, welche ich machte, hängen.
Nach der Tafel setzte ich mich allein an einen kleinen Fenstertisch, um dort den Kaffee zu mir zu nehmen. Er spazierte im Speisesaal auf und ab. Ich merkte ihm an,
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