38 - Satan und Ischariot II
Befehl, die beiden Söhne des ‚Starken Büffels‘ herbeizuholen und den Platz, sobald der Alte mit seinen Begleitern bei uns stehe, durch Mimbrenjos einzuschließen. Als er bei uns anlangte, lud ich ihn ein, sich zu uns zu setzen; er lehnte das aber durch eine abwehrende Bewegung seiner Hand ab, nahm die Haltung eines Redners an und sprach, während die Mimbrenjos den anbefohlenen Kreis um uns zu bilden begannen, in sehr erhobenem Ton:
„Das Glück des Kriegers ist ein Weib, welches heute lacht, morgen weint und übermorgen wieder lacht. Das Weib ist dem ‚Großen Mund‘ stets hold gewesen, solange er es mit Feinden zu tun hatte, welche Söhne unseres Landes waren, die ich also kannte und von denen ich wußte, welche Waffen sie führten, wie sie sich verteidigen würden und wie ich also meine Angriffspläne zu entwerfen und auszuführen hatte. Ich wurde als großer Krieger bekannt; mein Ruhm wuchs von Tag zu Tag; meine roten und weißen Feinde fürchteten mich, und meine Freunde fühlten sich sicher und geborgen unter meinem Schutz. Da aber kamen fremde Männer, die nicht in dies Land gehören. Sie hatten kein Recht, sich in unsere Angelegenheiten zu mischen; aber sie taten es doch, Old Shatterhand und Winnetou. Man hätte die Eindringlinge sofort töten oder wenigstens über die Grenze treiben sollen. Sie führten Waffen bei sich, mit denen die unsrigen nicht zu vergleichen sind. Wer kann gegen die Silberbüchse des Apachen und den Bärentöter Old Shatterhands aufkommen! Und der letztere besitzt dazu gar noch ein Zaubergewehr, mit welchem er immerfort schießen kann, ohne laden zu müssen. Was sind dagegen unsere Pfeile und Lanzen, unsere Messer und die wenigen Flinten, welche die Yumas besitzen! Auch führen die Leute den Krieg in einer Weise, welche wir nicht kennen. Sie sind voller Heimtücke und List und treten immer gerade da auf, wo man sie am wenigsten erwartet. Sie stehen noch dazu mit bösen Geistern im Bund, welche sich gegen die roten Männer feindselig verhalten, weil dieselben ehrliche und gute Menschen sind. Darum sind alle meine Pläne, seit diese beiden Menschen in das Land kamen, zunichte geworden; ich habe mich besiegen lassen müssen und muß jetzt die Füße nehmen, um ohne Pferde und Waffen heimzukehren. Aber Winnetou und Old Shatterhand werden nicht hier bleiben, und dann wird das Glück sich mir wieder zuwenden. Diejenigen, welche jetzt Sieger sind, werden dann die Besiegten sein und unter unseren Fäusten heulen wie die Hunde, welche sehen, daß sie geschlachtet werden sollen. Denn ich sage es, ich, der ‚Große Mund‘, der oberste Häuptling der Yumakrieger: Ich werde das, was jetzt geschehen ist, nicht vergessen und diejenigen, welche heute über mich triumphieren, unter meine Füße treten und vernichten. Und dann wird es keine Gnade und Barmherzigkeit geben, und diejenigen, welche mir heute abtrünnig geworden sind, werden die ersten sein, welche unter unseren Messern sterben. Old Shatterhand und Winnetou aber mögen sich hüten, jemals in meine Nähe zu kommen, denn ich würde sie ergreifen und bei lebendigem Leibe schinden lassen, so daß ihr Jammern und Wehklagen durch alle Täler und über alle Berge tönen müßte. Die ältesten meines Stammes werden mir das bezeugen, denn sie sind mit mir einverstanden. Ich habe gesprochen. Howgh!“
„Howgh!“ riefen auch die Ältesten, um zu zeigen, daß sie wirklich seiner Ansicht seien.
Sie drehten sich um, um sich zu entfernen, sahen aber, daß sie eingeschlossen waren. Darum fragte der Alte in zornigem Ton:
„Warum hat man uns mit bewaffneten Kriegern umzingelt? Will man etwa Verrat gegen uns üben und den Vertrag nicht halten, den man mit uns abgeschlossen hat?“
„Wir sind keine Verräter“, antwortete Winnetou. „Die Krieger, welche euch umgeben, sollen nur eine Aufforderung an euch sein, noch ein wenig zu verweilen, um das zu hören, was wir auf deine Worte zu erwidern haben. Mein Bruder Old Shatterhand mag sprechen, denn der Häuptling der Apachen ist ein Freund der Taten, aber nicht der Worte!“
Ich folgte der Aufforderung, indem ich aufstand und, zu dem Alten gewandt, sprach:
„Der ‚Große Mund‘ hat uns eine Rede zu hören gegeben, welche voller Unvorsichtigkeit und Irrtum ist. Unvorsichtig ist er gewesen, indem er mißachtet hat, daß wir mit großer Schonung gegen ihn und seine Leute verfahren sind. Wir haben ihnen das Leben und die Freiheit geschenkt; aber er sagt uns in das Gesicht, daß er uns schinden
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