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38 - Satan und Ischariot II

38 - Satan und Ischariot II

Titel: 38 - Satan und Ischariot II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gehört hätte, Ist's ein Ort oder ein Sumpf?“
    „Es war ein Sumpf, ist aber jetzt ein Ort, ein vielgenannter Ort. Ich weiß, daß Sie den Westen kennen wie nur wenige, und bin daher einigermaßen erstaunt, daß der Name Ihnen unbekannt ist.“
    „Das hat seine guten Gründe. Seit wann spricht man denn von ihm?“
    „Seit fast zwei Jahren.“
    „Gerade so lange bin ich in Südamerika gewesen, und zwar in Gegenden, wohin Frau Fama gar nicht oder nur sehr spät zu kommen pflegt. Halten Sie mich also wenigstens nicht ganz und gar für einen Tungusen oder Kalmücken!“
    „O nein! Es freut mich desto mehr, Ihnen heute hier sagen zu können, was aus dem hilflosen Menschen, der ich damals war, geworden ist, denken Sie, ein Ölprinz!“
    „Sie sind des Teufels! Ein Ölprinz? Dann muß ich Ihnen herzlich gratulieren!“
    „Danke! Ja, ein Ölprinz bin ich jetzt. Daß ich ein solches Glück finden würde, dachte ich freilich nicht, als wir mit Ihnen und Winnetou beisammen waren. Eigentlich habe ich es dem Apachen zu verdanken, denn er war es, der uns die Idee eingab, uns aus Nevada fortzumachen und nach Kalifornien zu gehen. Dieser gute Rat hat mich zum Millionär gemacht.“
    „Wenn Sie das wirklich sind, so bitte ich Sie, nicht bös darüber zu sein!“
    „Nein, nein!“ lachte er. „Wenn Sie wüßten, wer und was ich früher gewesen bin, so würden sie auch wissen, wie überflüssig diese Ihre Bitte ist.“
    „Nun, was waren Sie denn?“
    „Ein Luftikus, ein Taugenichts!“
    „Das sieht man Ihnen freilich nicht an!“
    „Weil ich jetzt keiner mehr bin. Ich wurde im Armenhaus geboren, war also ein Armenhäusler und befand mich auf dem richtigen Weg, ein Zuchthäusler zu werden.“
    „Was Sie sagen! Wenn das so ist, so haben Sie jedenfalls mit diesen Erinnerungen gebrochen und es ist besser, darüber zu schweigen.“
    „Es würde mir auch gar nicht einfallen, einem anderen etwas darüber zu sagen, aber da Sie derjenige sind, der Sie eben sind, so will mir gern das Herz aufgehen. Sie sind ein Deutscher. Vielleicht ist Ihnen die Gegend bekannt, aus welcher ich stamme.“
    Er nannte ein kleines erzgebirgisches Städtchen.
    „Kenne ich ganz gut“, antwortete ich. „Bin früher einigemal dagewesen.“
    „So werden Sie auch die armen Verhältnisse kennen, welche dort herrschen, oder doch geherrscht haben. Jetzt ist's vielleicht anders und besser geworden; damals aber tat der Staat weniger, als er jetzt tut, und die Gemeinden waren auf sich selbst angewiesen. Denken Sie sich eine blutarme Bürgerschaft und dazu ein Armenhaus mit noch viel ärmeren Insassen! Diese waren wahrhaftig meist nur auf das angewiesen, was sie sich auf den umliegenden Dörfern erbettelten. Einige ungekochte Kartoffeln, einige Schnitten trockenes Brot, ein Stückchen harter Käse, das war es, was sie von den Bettelgängen heimbrachten. Klug waren die, welche sich davon ein Mahl bereiteten. Meine Mutter aber war leider nicht so klug.“
    „Ihre Mutter? Die lebte auch im Armenhaus?“
    „Ja. Ich sagte Ihnen ja, daß ich in demselben geboren sei. Als ich nur ein paar Wochen zählte, trug sie mich auch schon auf den Dörfern herum; später schleppte sie mich neben sich her. Das erweckte Mitleid, denn ich ging, ebenso wie sie, in Lumpen und wurde von ihr fürs Betteln förmlich angelernt und einstudiert. Besonders streng sah sie darauf, daß ich, wenn wir ein Haus betraten oder auf der Straße jemand begegneten, vor Kälte oder Hunger wimmerte. Um dies zu können, brauchte ich mich freilich nicht zu verstellen, denn für einen tüchtigen und fortwährenden Hunger war stets gesorgt. Sie aß nämlich fast gar nicht und gab mir so wenig wie möglich. Was sie von mitleidigen Menschen bekam, wurde verkauft. Es gab Leute, welche gern bereit waren, für das eingebettelte Brot einige Pfennige zu geben. Von diesem Geld kaufte sie sich Branntwein, der ihr über alles ging und auch über ihr Kind.“
    „Das sind ja schreckliche Verhältnisse! Ich meine, wir schweigen lieber darüber. Nicht?“
    „Nein! Wenn ich Ihnen solche Dinge von meiner Mutter erzähle, so dürfen Sie mich dennoch nicht für einen schlechten Menschen halten. Es geschieht nur, um den Gegensatz zwischen jetzt und damals deutlicher zu machen. Meine Mutter galt als rettungslos verloren, und ich wurde auf ihrem bergab führenden Weg fortgeschleppt, bis ich von Gemeinde wegen gezwungen wurde, bei einem Schuhmacher in die Lehre zu treten. Der Mann war nur ein Flickschuster, denn ein

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