38 - Wiedergeborenes Scorpio
daß ich so gut getroffen hatte.
Scrimshi stieß einen angstvoll-zornigen Schrei aus und ließ die Strangdja niederfahren.
Mit einem Rest von Krozair-Geschicklichkeit stolperte ich aus der Bahn, und der Hieb ging ins Leere. Nath sprang vor, um mich wie ein Hühnchen unter dem Messer festzuhalten. Scrimshi erzeugte durch seine eingedrückte Nase schlimme Geräusche.
Während ich mich zur Seite lehnte, versuchte ich auszuweichen; meine Chancen, seinen Armen zu entgehen, waren aber etwa so groß wie die eines Ponshos, dem sich ein Leem auf die Fährte gesetzt hat.
Ich wurde festgehalten und herumgedreht und sah die Strangdja glitzern. Ich versuchte zuzutreten, konnte aber nicht. Die blattförmigen Stachel würden mir den Kopf abreißen.
»Strammgestanden, Strangdjim!«
Die leuchtende Spitze schwankte, kam herab.
Ich schluckte.
Bei Krun!
»Bringt ihn her!«
Llodi reagierte als erster auf den Befehl des Vads. Er nahm mich am linken Bizeps und führte mich im Eilschritt zu Leotes. ›Eilschritt‹ ist eher zuviel gesagt: Ich schwankte, und Llodi hielt mich aufrecht.
Auf dem Rücken seiner Zorca, vom frühen Licht der Sonnen angeleuchtet, war Leotes eine unmöglich große, strahlende Erscheinung. Sein roter Schnurrbart krümmte sich auf das prächtigste.
»Ist dies der Mann, Mevancy?«
»Ja, Leotes.«
Oho! überlegte ich. Schon redet man sich mit dem Vornamen an, ohne jeden Titel. Sehr gemütlich!
Das Mädchen beugte sich aus dem Sattel und schaute mich an.
»Wir haben lange nach dir gesucht, Kohlkopf. Ich sagte dir doch, du solltest nicht fortlaufen.«
»Um deinetwillen freue ich mich, daß der Mann gefunden wurde. Also, bei Beng Trunter dem Nosher – ich habe Hunger. Wir sollten beide Frühstücke auf einmal hinter uns bringen, ehe wir die Reise fortsetzen. Die Karawane kann schon aufbrechen.« Leotes hob die behandschuhte Rechte. »Gebt diesem Mann zu essen und zu trinken, säubert ihn und bringt ihn zu mir, wenn ich mich der Karawane wieder anschließe.«
»Quidang, Lynxor! Sofort, Lynxor!«
O ja, Leotes hatte seine Mannen fest im Griff, das konnte man wohl sagen.
Mevancy warf mir einen langen gesenkten Blick zu, sagte aber nichts mehr zu mir. Bei genauerem Hinschauen wirkte sie ein wenig mitgenommen, ein wenig müde. Ich muß gestehen, ich war mehr als dankbar für ihr Eingreifen. Offenbar war sie nach dem Versuch, die Gefangenen aus unserer Karawane zu befreien, zurückgekehrt und hatte mich dabei nicht mehr an der Stelle gefunden, wo sie mich zurückgelassen hatte; daraufhin hatte sie den Vad zum Suchen angestiftet. Ja, wie ich schon sagte: eine findige, willensstarke und auf hohem Roß sitzende junge Dame, diese Mevancy!
Für mich war klar, warum sich die drei Strangdjim von nun an so gut um mich kümmerten. Sie hatten den Auftrag dazu – und führten diesen Befehl aus, so gut es ging. Darüber hinaus kannte ich mich mit den Tricks von Soldaten und Söldnern aus – wie sie auch in der mythischen Gestalt Vikatus des Drückebergers zum Ausdruck kamen – und wußte, daß diese Männer auf diese Weise anderen, unangenehmeren Pflichten aus dem Weg gingen.
So genossen wir alle eine prächtige Mahlzeit aus den Überresten des Kochzelts. Als wir nicht mehr konnten, wurde ich trocken gewaschen, und man bürstete mir das Haar, so daß ich wieder einigermaßen aussah.
Die letzten Karren rollten davon, zurück blieben nur die Tiere und Wagen, die die Ausrüstung des Vads befördern würden. Nath verschwand und tauchte nach kurzer Zeit mit einer Zorca, einer Lictrix und zwei Preysanys wieder auf. Hier offenbarte sich nun ein Unterschied zwischen den drei Söldnern. Sie alle standen im gewöhnlichen Rang; keiner trug die silberne Pakmort oder gar die goldene Pakzhan vor der Brust. Scrimshi stieg in den Sattel der Zorca, Nath auf die Lictrix. So mußten Llodi und ich mit den Preysanys vorliebnehmen.
Die drei mochten gewöhnliche Söldner sein, angeheuerte Karawanenwächter; sie kannten sich aber aus. Als der Vad endlich andeutete, daß er zum Weiterritt bereit war, folgten wir im Schritt den anderen Reitern und Karren – und die drei hatten keinen Handschlag dazu beigetragen, die Karawane wieder auf den Weg zu bringen.
Sie würden an diesem Auftrag kleben wie Schmeißfliegen, sie würden allen Problemen aus dem Weg gehen und hoffen, daß ihr faules Leben sich bis zum Ende der Reise ausdehnen ließe.
Ein jähzorniger, fetter Deldar ritt auf seiner Zorca herbei und brüllte los. Eigentlich ist diese
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