39 - Meuchelmörder von Scorpio
mein Leben lang ein engstirniger Barbar gewesen war. Ich rannte geradewegs in eine Gefahr, die nichts mit mir zu tun hatte, aus der ich nichts gewinnen konnte und bei der ich ein Leben in Gefahr brachte, auf das andere ein Recht hatten. Und das alles aus perversem Stolz! »Warum eigentlich!« fuhr ich mich lautlos selber an. »Ich werde mich nicht aus Stolz umbringen lassen!«
Ich suchte in meinem Beutel und fand eine Silbermünze, eine der wenigen übriggebliebenen.
»Hier«, sagte ich, blieb stehen und hielt Falima fest. »Hier ist der Khan, den ich dir versprochen habe. Und hier ist die Halskette, die Kei-Wo haben will. Bring sie ihm, Falima. Hüte sie. Spür die Magie in ihr! Sag Kei-Wo, daß Drajak der Schnelle ein Abkommen einhält. Und wenn er mir noch einmal in die Quere kommt, ist er ein toter Mann.« Ich sah in ihr kleines angespanntes Gesicht mit den großen starrenden Augen. »Hast du verstanden?«
»Ja.« Sie umklammerte Khan und Halskette, und mit einer schnellen geübten Bewegung verschwanden beide unter ihrem einfachen braunen Kleid. »Ich werde es Kei-Wo sagen. Und auch das mit Naghan dem Chik und Fing-Na!«
Ihre Füße waren nackt; Staub war an den Seiten zusammengekrustet. Ihre nackten Beine zeigten sich, als sie fortlief, und ich fragte mich, ob der zweite aus den Fingern gesogene Plan wirklich besser war als der erste.
Ich folgte ihr, bis sie um die nächste Ecke bog. Immer noch in Bewegung, nahm ich die Masse Tuch vom Kopf, die zum Turban gewickelt war, und knuffte sie in eine andere Form. Es war kein runder kuppelförmiger Turban, sondern ein flacher pfannkuchenförmiger, der hier herunterhängen und sich da ausbeulen konnte. Ich zog an meinem braunem Gewand herum, bis es anders fiel. Und ich tat, was mir mein Kamerad Deb-Lu-Quienyin, der Zauberer aus Loh, beigebracht hatte: Ich veränderte die Flächen und Winkel meines Gesichtes so, daß ein ganz anderer als Drajak in die Welt sah. Ich hielt einen Arm hoch, um diesen besonderen Vorgang zu verbergen, während ich weiterging; hier hielten sich nur wenige Leute auf, und es fiel niemandem auf.
Falima verschwand gerade in einer Gasse, und ich schritt doppelt so schnell aus, um sie nicht zu verlieren.
Wir stießen jetzt tiefer in die eher unerfreulichen Teile Makilorns vor, und die Menschen hier wirkten verschlagen; sie wandten die Gesichter ab und beugten die Köpfe, ihre Hände umklammerten Messer- und Schwertgriffe. Falima hatte anscheinend keine Angst vor ihnen, und ich nahm an, daß es nur dann Schwierigkeiten geben würde, wenn man sie haben wollte. Sobald wir das echte Gassengewirr erreicht hatten, die Grube voller Diebe und Meuchelmörder, würde es wohl nach der Regel ›leben und leben lassen‹ gehen. Diese Leute beraubten die, die in den wohlhabenderen Vierteln lebten. Trotzdem würde es von Zeit zu Zeit Ärger geben, und dann wurden die Leichen fortgetragen; das Ib ihrer verstorbenen Besitzer auf dem Weg, die Todesdschungel von Sichaz zu erkunden.
Das Gesicht, das ich ausgewählt hatte, war nicht das des einfältigen Dummkopfes, das ich oft benutzte. In Erwartung möglicher unerfreulicher Geschehnisse hatte ich ein Gesicht gewählt, daß mit meinem keine Ähnlichkeit hatte, sondern noch härter, bösartiger und gewalttätiger war, falls so etwas möglich sein sollte. Ich sah aus wie ein bösartiger Desperado, als ich Falima durch die schmierigen Gassen folgte.
Ich wußte, daß es schwierig werden würde, sie hier zu verfolgen; aber ich bin durchaus geschickt auf diesem Gebiet, und sie wußte nicht, daß ich ihr nachschlich.
Sie führte mich über einen mit Abfall übersäten Platz – hier kreuzten sich zwei Gassen und bildeten eine größere Fläche, die man jedoch nicht Kyro nennen konnte – zu einem Gebäude mit einem flachen Dach, dessen Wände verputzt und dessen Seiten umzäunt waren. Die Tür war niedrig, schmal, und oben an einem Balken schwang eine Amphore. Ich blieb einfach an der schattigen Seite des kleinen Platzes stehen und schaute zu.
Ein halbes Dutzend Bergarbeiter wankte lachend und drängelnd auf den Platz. Sie kamen eindeutig von der Arbeit. Nördlich und südlich der zur Stadt führenden Wege wurde viel Bergbau betrieben. Besonders Smaragde wurden im Überfluß gefunden, aber man konnte dort auch eine Menge anderer kostbarer Edelsteine ausgraben; außerdem gab es auch die gewöhnlichen Mineralien, die die Brennöfen der Länder flußabwärts fütterten. Makilorns Reichtum begründete sich in erster Linie
Weitere Kostenlose Bücher