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39 - Satan und Ischariot III

39 - Satan und Ischariot III

Titel: 39 - Satan und Ischariot III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wollte es wieder besteigen; sein Bruder hinderte ihn daran; er wollte auch hinauf. Sie stritten sich um das Pferd, freilich nur wenige Augenblicke lang, denn das ganze, grausige Ereignis ging viel schneller vor sich, als man es zu erzählen vermag. Harry drängte seinen Bruder von sich ab und setzte den Fuß in den Steigbügel, um sich aufzuschwingen; da holte hinter ihm Thomas mit dem Gewehr aus und versetzte ihm einen solchen Kolbenhieb auf den Kopf, daß der Getroffene zu Boden stürzte. Wir sahen, daß der andere sich eine kurze Weile zu ihm niederbeugte, dann sich wieder aufrichtete, auf das Pferd sprang und fortgaloppierte. Was er im Niederbücken getan hatte, konnten wir erst später sehen. Von dem Augenblick an, in welchem das Pferd gestürzt war, bis zu demjenigen, in welchem Thomas Melton davonritt, waren nicht zwei Minuten vergangen, und in dieser kurzen Zeit war es uns nicht möglich gewesen, bis auf Schußweite heranzukommen.
    Wir trieben unsere Pferde noch mehr an als bisher und kamen so bald an die Stelle, an welcher Harry Melton und das Pferd seines Bruders lagen. Letzteres schlug mit den drei gesunden Beinen um sich, gab sich alle Mühe, sich aufzurichten, fiel aber immer wieder nieder. Melton aber lag bewegungslos im Steingeröll.
    Wir hielten an und stiegen ab. Er blutete aus einer tiefen Wunde in der linken oberen Brust.
    „Brudermörder!“ rief der Apache grimmig aus.
    „Ja, ein Brudermörder!“ stimmte ich bei, indem ein Grauen mir durch und über den ganzen Körper zitterte.
    „Reiten wir weiter, um ihn zu fangen?“
    „Nein. Er bleibt uns gewiß. Wir haben es hier wahrscheinlich mit einem Sterbenden zu tun; da müssen wir bleiben. Vielleicht ist er auch noch zu retten.“
    Winnetou widersprach nicht, obgleich er einen sehnsüchtigen Blick vorwärts warf, wo der davoneilende Mörder noch deutlich zu sehen war. Wir rissen dem Verwundeten, der außerdem von dem Kolbenhieb betäubt war, den Rock herunter und die Weste auf. Das unter derselben liegende Hemd war ganz mit Blut getränkt. Wir mußten die Weste auch entfernen und den ganzen Oberkörper entkleiden. Das Blut floß reichlich, doch nicht so stark, daß eine sehr schnelle Verblutung zu befürchten war.
    Der Mann holte Atem; daß das Blut nicht stoßweise mit jedem Atemzug aus der Wunde floß, war ein beruhigendes Zeichen. Wir versuchten, letztere zu verbinden, und waren nicht ganz ohne Erfolg dabei. Leider hatten wir kein Wasser.
    Nun saßen wir lange Zeit bei Harry Melton, um auf sein Erwachen zu warten. Es verging lange Zeit, ehe er die Augen öffnete. Er griff mit beiden Händen nach dem Kopf und stierte uns ausdruckslos an. Dann schien ihm die Besinnung zu kommen; er erkannte uns, stieß einen Fluch aus und wollte aufspringen, sank aber gleich wieder nieder.
    „Bleibt liegen, Master!“ sagte ich. „Der Tod steckt Euch in der Brust, und je mehr Ihr Euch bewegt, desto schneller wird er mit Euch fertig.“
    Er sah an sich herab, bemerkte das Blut, den notdürftigen Verband und fragte mit leiser, stockender Stimme:
    „Blut – Blut – wo – woher?“
    „Aus Eurer Brust!“
    „Von – von wem?“
    „Der Messerstich ist von Eurem Bruder.“
    „Von – von – von Thomas – von meinem Bruder!“
    Er schloß die Augen, um den ungeheuerlichen Gedanken auszudenken; dann öffnete er sie wieder, und ein wilder Grimm ging über sein noch immer diabolisch schönes Gesicht, als er zähneknirschend hervorstieß:
    „Gott verdamme ihn, den Mörder, den Judas Ischariot! Er hat mich euch ausgeliefert!“
    „Das würde das geringste noch sein. Wahrscheinlich hat er Euch nicht nur uns, sondern auch dem Tod ausgeliefert. Macht Eure Rechnung mit dem Leben!“
    „Wo – ist er?“
    „Fort, auf Eurem Pferd.“
    „Ja, ja, jetzt weiß ich es. Sein Pferd stürzte, und ich stieg ab, ihm zu helfen. Er wollte dann auf dem meinigen fort; wir stritten uns, und ich stieg auf. Mehr weiß ich nicht.“
    Er hatte das natürlich nicht hintereinander, sondern nur mit Unterbrechungen sagen können. Ich berichtigte ihn:
    „Ihr seid nicht aufgestiegen; er hinderte Euch daran, indem er Euch mit dem Gewehrkolben niederschlug. Dann sahen wir, daß er sich auf Euch niederbückte; da hat er Euch das Messer in die Brust gestoßen.“
    „Niederbückte?“ fragte er und fügte dann schnell hinzu: „Wo ist mein Rock?“
    „Daliegt er.“
    „Gebt her, gebt her!“
    Ich gab ihm denselben hin, der auch blutig war. Er suchte mit zitternden Händen nach der

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