4. Die Rinucci Brüder: Lass die Sonne in dein Herz
wichtigen Schritt tut, muss man auch bereit sein, die Verantwortung zu übernehmen.“
„Das klingt so abgeklärt, aber hättest du mit siebzehn auch so geredet?“, fragte sie.
„Okay, vielleicht sollten wir das Thema nicht vertiefen“, antwortete er lächelnd. „Aber der junge Mann hätte dich mit dem Kind nicht einfach allein lassen dürfen.“
„Du brauchst kein Mitleid mit mir zu haben, ich war nicht allein. Ich habe bei meinen Eltern gewohnt, und sie haben sich liebevoll um mich gekümmert. Ich hatte alles, was ich brauchte, und noch mehr. Meine Eltern waren nicht traurig darüber, dass der junge Mann aus meinem Leben verschwand.“ „Haben sie nachgeholfen?“
„Das hat er behauptet, ich weiß es jedoch nicht genau. Früher oder später hätten wir uns sowieso getrennt. Es war am besten so, wenn man sieht, was aus ihm geworden ist.“
„Ist er ein verantwortungsloser Schuft?“
„Er ist schwerfällig und träge.“
„Ah ja. Hast du noch Kontakt zu ihm?“
„Er lebt in Schottland. Unser Sohn Solomon, kurz Sol genannt, besucht ihn manchmal. Momentan ist er auch bei ihm.“
Auf einmal dämmerte es ihm. „War das dein Sohn, mit dem du gestern Abend gesprochen hast?“ „Ja.“
Dann gibt es also doch keinen anderen Mann in ihrem Leben, dachte Carlo erleichtert. Wie alt mochte ihr Sohn sein? Zwölf? Vierzehn?
„Wie bist du zum Fernsehen gekommen?“, fragte er.
„Durch meinen zweiten Mann und seinen Bruder.“
„Heißt das, du bist verheiratet?“ Er war schockiert.
„Nein, auch die zweite Ehe hat nicht funktioniert, wir haben uns scheiden lassen. Offenbar gerate ich immer an die falschen Männer. Mein Exmann Gerry hat mir einen Berg Schulden hinterlassen, die ich abbezahlen musste. Das einzig Gute war, dass ich seinen Bruder Brian kennengelernt habe, der Fernsehfilme produziert. Er hat mich als seine Sekretärin eingestellt, und ich habe viel von ihm gelernt. Die Arbeit hat mir Spaß gemacht, und schließlich hat Brian mir das Geld geliehen, damit ich mich selbstständig machen konnte. Und er hat mich einigen wichtigen Leuten vorgestellt.“ „Und jetzt bist du als Produzentin unübertroffen“, sagte er. „Du führst die Liste der besten Produzenten an und hast alle möglichen Auszeichnungen erhalten …“
„Hör auf“, fiel sie ihm ins Wort und legte ihm die Hand auf den Arm.
„Du willst doch sicher nicht behaupten, du hättest noch nie eine Auszeichnung verliehen
bekommen.“ Sein Blick verriet, dass Carlo mehr über sie wusste, als er zugab.
„Okay, ich habe die eine oder andere Auszeichnung erhalten, das ist richtig“, erwiderte sie. „Du bist nicht die Einzige, die das Internet benutzt.“
„Ah ja, du hast also Erkundigungen eingezogen.“
„Klar. Und vergiss nicht, ich kann auch mit dem Telefon umgehen.“
„Wirklich?“
„Gestern Abend habe ich herumtelefoniert und mit jemandem gesprochen, der deine
Dokumentarfilme kennt und deine Arbeit bewundert.“
Dass sein Bekannter zu seiner Enttäuschung nichts über ihr Privatleben wusste, verriet er ihr natürlich nicht.
„Er hat dein neues Projekt erwähnt, kannte aber keine Einzelheiten.“
„Du hast wirklich gut recherchiert“, sagte sie lachend.
„Ja. Jetzt sind wir quitt, denn du wusstest auch viel über mich, ehe du mich persönlich unter die Lupe genommen hast.“
„Du wurdest mir von so vielen Leuten so wärmstens empfohlen, dass ich schon anfing, mich über dich zu ärgern. Ich habe sogar irgendwie gehofft, einen Reinfall zu erleben. Doch das Gegenteil ist der Fall, und darüber habe ich mich noch mehr geärgert“, gab sie zu.
„Dann hast du dich nur widerwillig dazu entschlossen, mir den Job anzubieten, oder? Soll ich dir die Sache erleichtern und ablehnen?“
„Sei nicht so voreilig, du weißt ja noch nicht alles. Ich will eine Serie produzieren, die an
verschiedenen historischen Stätten gedreht wird. Deshalb stelle ich hohe Anforderungen an den Moderator. Er sollte nach Möglichkeit Archäologe und Historiker sein, er muss Autorität ausstrahlen und über ein fundiertes Wissen verfügen.“
„Heißt das, du willst an Schauplätzen wie Pompeji drehen?“
„Ja, außerdem wird eine Folge der Serie unter Wasser gedreht.“
Zu ihrer Überraschung wurde Carlo ganz blass. „Heißt das, ich müsste auf dem Meeresboden moderieren? Vergiss es, das ist nichts für mich.“
„Nein, natürlich nicht. Ich werde Berufstaucher engagieren. Wenn du es möchtest, kannst du sie gern
Weitere Kostenlose Bücher