4 Meister-Psychos
ohne
viel nachzudenken und ohne etwas zu verbessern, wie ich es sonst immer tat.
Fünf Seiten.
Als ich fertig war, las ich den
Brief durch. Er gefiel mir. Aber wie immer vor meinen Entschlüssen überkam mich
Zaghaftigkeit. Was würde Vera dazu sagen? Würde sie lachen oder erschrecken?
So oft hatte ich meine
Unsicherheit und Instinktlosigkeit schon verflucht, die mich nie wissen ließen,
was richtig war.
Ach was. Sie sollte ruhig
wissen, wie es um mich stand. Ich adressierte den Umschlag und klebte ihn zu.
Bald darauf lag ich im Bett.
Ich schlief unruhig und träumte von Vera, und wenn ich aus dem leichten Schlaf
erwachte, sah ich zum Schreibtisch hinüber, wo im Dunkeln ihr Bild stand.
V
Eine Woche verging. Ich hatte
Vera gebeten, mir möglichst doch den Tag ihrer Ankunft mitzuteilen. Sie tat es
nicht. Ich hatte auch nicht ernsthaft damit gerechnet. So wartete ich von Tag
zu Tag in wachsender Sehnsucht.
Der Sonnabend kam heran, und
Vera war noch immer nicht aufgetaucht. Ich räumte im Labor II zusammen und
bereitete vor, was ich am Montag brauchen würde. Peters kam herein.
Er gab mir einige Anweisungen.
Mir war das lieber, als wenn er sich vornahm, diese Dinge selbst zu tun. Dann
wurde doch nichts daraus.
Als er fertig war, blieb er
einen Augenblick unschlüssig stehen. Er strahlte mich in seiner lausbübischen
Manier an.
»Herr Butterweis — ich habe
heute abend ein paar Leute bei mir. Kleiner Umtrunk. Wenn Sie nichts anderes
vorhaben — ich würde mich freuen, wenn Sie kämen.«
Mein erster Gedanke war: Nein!
Er war mir verhaßt. Sollte ich
auch noch mit ihm feiern, unter fremden Leuten, die ihn anstaunen und mich
belächeln würden? Es war eine Gelegenheit, ihm zu zeigen, daß ich auf seine
Einladungen keinen Wert legte. Genug, daß der Dienst mich zwang, mit ihm
zusammen zu sein.
Warum sollte ich überhaupt zu
ihm kommen? Hatte er meine Abneigung gespürt, wollte er sich in ein günstiges
Licht setzen und midi einwickeln?
Nein.
Ich sagte: »Das ist sehr nett
von Ihnen, Herr Peters. Aber leider ist es mir nicht möglich. Ich erwarte
Besuch, schon seit einiger Zeit, und muß mich freihalten. Es kann sein, daß
gerade heute...«
Ich hielt inne.
Es hatte energisch geklopft.
»Herein!« rief Peters.
Vera stand auf der Schwelle.
Sie trug einen Pelz, mit einer
Kappe aus dem gleichen Fell. Ihre Augen blickten übermütig. Sie sah
unbeschreiblich süß und frisch aus.
»Tag!« rief sie. »In der
hintersten Höhle findet man dich.«
»Vera«, sagte ich freudig. »Das
ist ja wunderbar!«
Ich begrüßte sie glücklich.
Dann stellte ich Peters vor. Sein Blick umfaßte Veras Gestalt. Er lachte wie
ein Filmstar.
»Na — das scheint mir doch der
Teufel zu sein, von dem eben die Rede war.«
»Sie!« rief Vera. »Ich nehme
Sie gleich auf die Hörner! Wieso war von mir die Rede?«
»Ich erzählte, daß ich dich
erwarte«, sagte ich schnell.
»Ja. Herr Butterweis gab mir
gerade Ihretwegen einen Korb. Ich wollte ihn für heute abend einladen.«
Peters lehnte mit verschränkten
Armen am Tisch. Ich sah, wie Vera ihn betrachtete. Ihre Blicke kreuzten sich.
Für kurze Zeit hingen die beiden hellen Augenpaare aneinander.
Dann drehte Vera sich im Kreis
herum.
»Kinder, sieht das bei euch
aus!«
»Der Umbau steht bevor«, sagte
ich spöttisch. Peters’ Gesicht veränderte sich nicht. Er wandte sich zu mir.
Ich ahnte, was kommen würde.
»Nun, wenn das Ihr Besuch ist,
Herr Butterweis, dann würde ich aber doch vorschlagen, daß Sie ihn vielleicht
mitbringen heute abend. Schöne Mädchen fehlen ohnehin.«
»Das wundert mich«, entgegnete
ich harmlos. »Ich dachte, Sie hätten gerade daran keinen Mangel.«
Peters lächelte ungerührt. Ich
wollte nicht kommen. Und vor allem nicht mit Vera. Ich wollte sie für mich
allein haben. Zu dumm, daß sie gerade jetzt hereinplatzen mußte. Ich blickte
sie warnend an.
»Ja, Vera — ich hatte Herrn
Peters schon abgesagt, weil ich dich erwartete. Ich weiß nicht, ob es dir
paßt.«
Ich ärgerte mich. Ein anderer
hätte einfach gesagt: Nein, ich habe etwas vor. Ich konnte es nicht. Ich suchte
die Hilfe bei Vera.
Umsonst. Sie war neugierig auf
Peters und musterte ihn.
»Ach, weißt du — es paßt schon.
Warum sollen wir deinen Prinzipal nicht schädigen? Ich bleibe länger hier.«
»Na fein«, sagte Peters.
Triumph stand in seinen Augen. »Dann sagen wir doch um acht. Sie kennen ja
meine Adresse, Herr Butterweis.«
Ich nickte. Peters hatte alles
an
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