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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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setzte sein Glas
hin. »Wo denn?«
    »In der Kinderklinik.«
    »In der Kinderklinik«,
wiederholte er langsam. »Na, das ist sehr fein. Ich werde mich auf die
Säuglingsstation legen.«
    »Warum Säuglingsstation?«
    »Wegen des Stillens«,
antwortete er.
    Vera schlug die Augen nieder,
aber als sie sie wieder erhob, sah ich, daß sie sich nicht ärgerte. Dafür war
ich um so wütender.
    Peters füllte die Gläser nach.
    »Hoch lebe die Kinderklinik und
ihre weiblichen Mitglieder.«
    »Sie kannten sich noch nicht?«
fragte Woltersdorf interessiert, als er sein Glas abgesetzt hatte.
    »O nein. Fräulein Doktor
verdanken wir Herrn Butterweis.«
    »Aha.«
    Woltersdorf wirkte beinahe
ungläubig. Ilse Strübels Gesicht hellte sich etwas auf. Auch sie hatte
geglaubt, Vera wäre eine von Peters’ Freundinnen.
    Selbstverständlich. Mir wurde
so etwas gar nicht zugetraut.
    Peters riß die Unterhaltung
mehr und mehr an sich. Er sprach von medizinischen Problemen, der
Atomforschung, breitete seine Auslandserlebnisse aus und sagte Vera eine
Schmeichelei nach der andern.
    Ich beobachtete und schwieg.
    Trotz aller Verachtung stieg
wieder der Neid in mir hoch. Er konnte mit Vera reden, wie ich es nie vermocht
hätte. Er hatte Einfälle und fand Wortspiele, auf die ich niemals gekommen
wäre, und er brachte kühne und einfache Komplimente so an, daß sie dezent und
neuartig wirkten. Er verstand sein Geschäft, und ich kannte sein Rezept. Es
bestand darin, die Frauen so zu behandeln, als wäre er in sie verliebt, und die
Männer so, als langweilten sie ihn, und wenn dies Verfahren auch nicht von ihm
stammte, so hatte er mit ihm doch Erfolg.
    Vera schien sich blendend zu
amüsieren. Sie trank viel, hatte glühende Wangen und ließ sich mit Peters in
Rededuelle ein, in denen sie meist den kürzeren zog. So, wie ich sie jetzt sah,
war sie in meiner Gegenwart nie gewesen. Sie verwöhnte Peters mit ihrer
Liebenswürdigkeit, kaum daß sie ihm begegnet war. Mich hatte noch kein Mädchen
verwöhnt, und keine war mir je nachgelaufen. Ich fühlte mich so benachteiligt,
daß ich wütend auf Vera wurde.
    Warum benahm sie sich so?
    Warum mußte sie diesem
aufgeblasenen Fatzke auch noch entgegenkommen?
    Im nächsten Augenblick
entschuldigte ich sie wieder vor mir selbst. Sicher tat sie es nur, um eine
gute Gesellschafterin abzugeben.
    Allmählich lockerte sich die
Stimme auf. Wir hatten schon mehrere Flaschen geleert. Ich begann mich an der
Unterhaltung zu beteiligen. Mein Zorn verflog. Ich sah alles in einem anderen
Licht und war stolz auf meine Vera. Sie war die Schönste. Sie gehörte mir.
    Peters schaltete das Radio ein.
Es kam Tanzmusik. Er sah im Kreise herum.
    »Wie wär’s — ein Tänzchen?«
    Nichts hätte mich in größere
Verlegenheit bringen können. Tanzen — hier, zwischen diesen Leuten, unter den
Augen von Peters. Ich würde auf fallen und mich lächerlich machen. Es war, als
wüßte er, wie er mich treffen könnte, dieser Teufel.
    Vera klatschte in die Hände.
    »O fein, wunderbar!« Sie faßte
mich an den Handgelenken und wollte mich aus dem Sessel ziehen.
    »Komm, Stephan! Sei feurig!«
    »Nein, bitte nicht, Vera«,
sagte ich. »Du weißt doch, ich tanze nicht.«
    Ich freute mich, daß sie zuerst
zu mir kam, aber ich! wollte hier nicht den Narren abgeben.
    »Tanze mit Herrn Peters. Ich
sehe zu. Das macht mir mehr Spaß.«
    »Nein, ich will, daß du mit mir
tanzt. Komm hoch, Faultier!«
    Sie zog mich mit Gewalt aus dem
Stuhl. Ich mußte mitmachen, wenn ich nicht unhöflich erscheinen wollte.
    Ich umfaßte sie und drängte sie
schnell in eine Ecke des Zimmers, wo wir nicht so gesehen werden konnten.
    Vera wirbelte mich herum. Es
war eine einzige Katastrophe. Zum Glück nahm sie immer rechtzeitig ihre Füße
weg.
    Ich fühlte die Blicke der
anderen und sah Peters’ schadenfrohe Miene. Er blieb sitzen, spendete uns
Beifall und lachte insgeheim über mein klägliches Gestolper. Meine Handflächen
schwitzten. Dabei war ich glücklich, Vera an mir zu spüren, den Duft ihres
Haares und ihrer Haut zu atmen und sie in meinen Armen zu halten. Aber das
Gefühl der Beschämung und Lächerlichkeit überwog. Ich atmete auf, als die Musik
abbrach.
    »Na«, sagte Peters mit
unverhülltem Spott, »das war doch schon sehr fein. Ist ja auch nicht schwer,
mit so einer Partnerin.«
    Vera faßte mich an der Nase.
    »Ich bringe dir’s schon noch
bei, du!«
    Wir gingen zum Tisch zurück.
Vera trank ihr Glas aus. Der nächste Tanz kam. Peters

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