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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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das Bett warf und schluchzte.
    »Lassen Sie sie.«
    »Kann ich raus, was zu trinken
holen?«
    »Können Sie.«
    Die Küchentür stand offen und
das Fenster in der Küche auch. Keine Spur mehr von dem Paket, keine Holzwolle,
nichts. Alles sauber aufgeräumt, der Stolz der Hausfrau.
    Ich ging mit der Flasche zurück
und holte Gläser aus dem Schrank. Sandmann saß bewegungslos und starrte auf den
Begleitbrief aus dem Paket.
    Ich goß ein. Im Schlafzimmer
war es still, wir hörten kein Schluchzen mehr. Ich deutete mit dem Daumen
hinüber. Sandmann nickte.
    Tessa lag auf dem Bett, mit dem
Gesicht zur Wand. Ich faßte sie an der Schulter. »Bleib ruhig liegen. Wollte
dir nur etwas zum Schlucken bringen.«
    Wider Erwarten drehte sie sich
sofort herum. Die Augen waren trocken, und die Nase glänzte in dem
durcheinandergeratenen Make-up. »Ich bin eine blöde Gans.«
    »Nichts weniger als das. Du
bist ein Goldstück. Jede andere hätte uns hier eine Verzweiflung hingelegt wie
das Gretchen des Herrn Faust. Trink den Gin. Und komm wieder, wenn es geht.«
    »Gleich. Ich mach’ mich wieder
in Ordnung.«
    »Laß dir Zeit.« Das leere Glas
nahm ich mit und sagte draußen ›Prost‹ zum Kommissar. »Sie können sich vorstellen,
wie das ist. Ewig haben sie sich gestritten, wie früher um die Puppe und den
Ball. Aber jetzt geht es ihr scheußlich an den Nerv.«
    »Sie hält sich ausgezeichnet«,
sagte Sandmann. »Streiterei unter Schwestern sagt gar nichts. Wenn es nötig
ist, bricht der Familiensinn durch, und alles zerschellt daran.«
    »Hab’ auch das Gefühl«,
murmelte ich.
    Er murmelte genauso. »Wollen
Sie sie heiraten?«
    Ich merkte, daß ich mein
verlegenes Grinsen nicht verhindern konnte. »Ach, wissen Sie, das wird Ihnen
komisch vorkommen — mit dem Heiraten habe ich es noch nie gehabt. Bin nicht der
Mann dafür. Sie mögen mir es abnehmen oder nicht, aber in diesem Fall wird mehr
um meine Hand angehalten. Fabelhaftes Kind, lupenreine Partie, aber Freiheit
zum Teufel, wenn Sie mich verstehen...«
    Er nickte ganz ergeben. »Und
wie. Ich bin auch nicht verheiratet. Vermutlich aus den gleichen Gründen.«
    »So?« Ich kicherte etwas dumm.
»Na, dann werden Sie es wissen. Hat alles seine zwei Seiten. Natürlich lungert
man oft verlassen in den Kneipen herum. Aber bisher habe ich mich leidlich wohl
gefühlt dabei. Wenn mich einer fragt, Mensch, warum heiratest du nicht, dann
sage ich im allgemeinen, weil es nicht nötig ist.«
    Er deutete mit dem Kopf zur Tür
hin. »Hier würde sich eine Ausnahme doch lohnen, was?«
    »O je. Lohnen reicht nicht
ganz. Den Hintern kriegte man vergoldet. Das heißt — mit ›man‹ meine ich nicht
mich. Und das ist der zweite Punkt. Ich bin nicht der Eidam, nach dem die
Familie sich sehnt. Keine solide Existenz. Der Lebensabend ungesichert,
Fremdkörper. Vermutlich kennen Sie das.«
    »Vermutlich.«
    Mit ihm konnte man reden, das
Gefühl hatte ich. »Und das kommt meinen Bestrebungen nicht ungelegen. Man hat
eine Art Alibi.«
    »Und sie?«
    »Sie möchte schon. Sie
vertrödelt ihre Zeit mit mir. Andererseits — hätte sie nicht mich, hätte sie
einen anderen Idioten. Irgendeinen muß sie ja haben.«
    »Sie meinen, die Quersumme des
Ärgers ist mit jedem auf die Dauer gleich.«
    »Genau. Wie mit jeder Frau
auch. Kommt noch dazu, daß jüngere Herren mit ihr wenig Freude haben. Mit denen
spielt sie Billard. Sie Queue, er Kugel.«
    »Verstehe. Seit wann...«
    Tessa kam herein. Sie setzte
sich wieder zu uns in ihrem Kleidchen und mit den Sandalen, ein Waisenkind, das
nirgendwo hingehörte. Sandmann sagte nichts und fragte kein dummes Zeug, ob es
wieder ginge und so. Er konnte mitleidig aussehen.
    »Ich glaube, ich träume in drei
Jahren noch davon.«
    »Ich wahrscheinlich auch«,
sagte ich.
    »Ich auch.«
    »Sie? Ist bei Ihnen so was noch
nie...«
    »Nein. Noch nie.«
    »Paul!«
    »Ja?«
    »Wir wollten doch etwas fragen
— das Buch...«
    »Was — ach so. Hm. Ja. Das ist
so, Herr Kommissar. Heute mittag, als ich von der Post zurückkam, las Tessa in
einem Kriminalroman. ›Der Rächer‹ von Wallace. Kennen Sie es?«
    Er kannte.
    »Als wir gesehen hatten, was
los war, kam ihr der Gedanke, der Täter hätte vielleicht die Anregung aus dem
Buch bekommen. Mir kam das spleenig vor, aber möglich wäre es. Sie hat das Buch
von ihrer Schwester, und die soll es von einem Bekannten geliehen haben, aber
wir wissen nicht, von wem. Und nun...«
    »Es ist bestimmt dumm«, sagte
Tessa. »Ich hatte noch die

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