4 Meister-Psychos
Polizeiwagen folgte uns. Der
Kommissar war bei den anderen mit drin. Entweder aus Rücksicht, oder es war ihm
bei uns zu eng.
III
In zwei Raten fuhren wir mit
dem Fahrstuhl nach oben. Im Flur warf Sandmann schnelle Blicke um sich. Ich tat
es auch. Nichts hatte sich verändert.
»Hier«, sagte ich. Durch den
Türspalt sah ich das Paket.
»Gehen Sie bitte nach hinten,
meine Herrschaften. Ich komme dann.«
Die Zeit wollte nicht vergehen.
Der Rauch unserer Zigaretten schlich sich durch das Sonnenlicht. Tessa sprach
nicht. Ich hatte auch keine Lust dazu. Es war nichts zu sagen jetzt. Ich
stellte mir vor, wie sie den Kopf knipsten. Bitte recht freundlich.
Dann kamen Schritte auf uns zu.
Sandmann trat durch die Tür. Es war ihm nichts anzusehen, er benahm sich wie
vorher. Ich sah, daß er einen Zettel in der Hand hielt. Das gleiche Format wie
der vom Hausmeister Sänger. Die Schreibmaschinenbuchstaben schimmerten durch.
»Haben Sie das vorhin gesehen
im Paket?« Er schwenkte das Blatt leicht. Tessa verfolgte die Bewegung mit den
Augen. Sie schüttelte nur den Kopf.
»Ich auch nicht«, sagte ich.
»Glaube ich. Lag an der Seite
etwas unter — ja. Erschrecken Sie nicht, Fräulein Strong, aber ich glaube, Sie
sollten es wissen.« Er las mit gleichmäßiger Stimme, fast uninteressiert.
»Tessa, süßes Kind. Die nächste
in so einer Sendung bist du. Schminke dich schön, damit du nicht so blaß
aussiehst in der Holzwolle.«
Mein erster Blick galt Tessa.
Sie wurde nicht bleicher, als sie schon war. Im allgemeinen fürchtete sie sich
wenig. Jetzt allerdings war ein bißchen viel zusammengekommen. Ich sah, daß
Sandmann sie beobachtete. Langsam ließ er das Blatt sinken. Ein Gedanke kam
mir, aber ich behielt ihn für mich.
Der Kommissar setzte sich vor
uns hin. Tessa fingerte hastig nach einer Zigarette. Ich gab ihr Feuer.
Sandmann rauchte auch. Fast eine gemütliche Runde.
»Ich sehe, Sie tragen es
tapfer«, sagte er lächelnd.
Tessa warf einen funkelnden
Blick in sein Gesicht. »Ja. Kopf hoch, wer noch einen hat.«
Sandmann schwenkte den Zettel.
»Hören Sie, Fräulein Strong. Das kann was bedeuten, oder auch nicht. Ich hielt
es für besser, daß Sie es wissen. Und Sie auch, Herr Holland. Soweit ich die
Sache bis jetzt kenne, ist es ein Bluff. Sagen wir, eine Art Ablenkungsversuch.
Aber Ihre Schwester ist tot, ermordet worden, und es ist möglich, daß ein
geisteskranker Narr sich einbildet, er müsse Ihre Familie kopflos unter die
Erde bringen. Vielleicht kommt auch noch eine niedliche Erpressung hinterher.
Es hilft uns allen nicht weiter, wenn Sie ahnungslos sind.«
»Ich wäre es lieber geblieben.«
Tessa war wütend. Das war mir sympathischer, als wenn sie vor Angst zerflossen
wäre.
Der Sandmann blieb ungerührt.
Wahrscheinlich würde ihn ein faules Ei zum Frühstück mehr mitnehmen als der Tod
seiner Großmutter. »Wir werden auf Sie aufpassen, Fräulein Strong.«
»Sehr nett von Ihnen. Soraya
mit Geheimagenten.«
»Na, immerhin lebt sie noch.
Äh, Herr Holland — wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Fräulein Strong
bezeichnen?«
Vergnügte Frage. Ja, wie? Was
war ich eigentlich? Tessa schielte zu mir. Ein bißchen Zärtlichkeit kam
zwischen dem Zorn durch.
»Ich begleite sie — ziemlich
ständig.«
»Sehr schön. Begleiten Sie sie
noch ständiger. Sie wird sicher nichts dagegen haben.«
»So ‘ne Art Hilfssheriff, was?
Die Bezahlung soll nicht gewaltig sein.«
»Ist sie nie bei der Polizei.«
»Ich mache es umsonst. Aber was
anderes, Kommissar. Vielleicht gibt es doch mal mehr Ärger, als wir verdauen können.
Wie wäre es mit einem Waffenschein? Wenn ich schon keinen Stern an die Weste
kriege.«
Er war amüsiert, ohne Zweifel.
»Können Sie schießen?«
»Früher mal gekonnt. Wenn ich
ein bißchen übe, wird es wieder.«
»Sind Sie vorbestraft?«
»Noch nicht.«
»Das läßt sich machen. Ich
schicke Ihnen das Antragsformular.«
Immerhin etwas bei der
traurigen Affäre. Der Revolver lag schon vier Jahre bei mir zu Hause. Walther
PP, Kaliber siebenfünfundsechzig. Tessas Grübchen neben den Mundwinkeln
vertieften sich für eine Sekunde. Wir hatten beide schon mit dem Ding
geschossen auf dem Grundstück eines Bekannten.
Draußen ging die Flurtür und
fiel klirrend ins Schloß.
»Die Küche ist wieder in
Ordnung«, sagte der Kommissar.
Jetzt war es wohl doch zuviel.
Tessa faßte sich an den Hals. Sie sprang auf und lief hinüber zu ihrem
Schlafzimmer. Wir hörten, wie sie sich auf
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