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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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aufzufüllen. Es sah aus, als hätte keine Hand sie berührt,
und sie würde noch Jahre so herumstehen können.
    Dann kamen mir Bedenken.
    Wenn jemand merkte, daß der
Inhalt keinerlei Strahlung aussandte, mußte er stutzig werden. Auf jeden Fall
stutziger, als wenn er die Flasche leer vorfand. Das Strontium konnte längst zu
irgendwelchen Versuchen gebraucht worden sein. Es war sehr unwahrscheinlich,
daß Peters sich daran erinnerte. Und einem Fremden würde die leere Flasche
weniger verdächtig vorkommen als eine gefüllte, deren Inhalt völlig inaktiv
war.
    Ich konnte sie allerdings auch
vollständig vernichten und den Durchschlag des Bestellblattes dazu. Dann hatte
sie nie existiert.
    Das war die Lösung.
    Ich hob die Flasche vorsichtig
heraus und schlug sie in eine dicke Lage Zellstoff ein. Die Büchse verschloß
ich wieder und ließ sie stehen, wo sie stand.
    Fingerabdrücke von mir konnten
nirgendwo sein. Ich hatte immer mit Gummihandschuhen gearbeitet.
    Oben im Labor suchte ich mir
den Hefter heraus, den ich schon einmal in den Händen gehabt hatte, und
entfernte das Blatt. Kein Mensch würde irgend etwas bemerken.
    Auf dem Weg nach Hause kam ich
über die Brücke. Sie führte über den Nebenarm eines Flusses. Träge und trübe
wälzte sich das Wasser dahin. Ich warf die Strontiumflasche hinein, den
Gummistöpsel hinterher.
    In meiner Wohnung verbrannte
ich das Blatt am Herd. Nur ein gekräuselter Aschenrest blieb zurück.
    Das Wochenende verging.
    Am Dienstag darauf traf das
erste Ereignis ein, das in mir eine Vorahnung von kommendem Unheil erweckte.
    Ich saß im Labor II vor dem
neuen Zähler und kontrollierte die Meßwerte mit einem anderen Strahler nach. Es
war die stumpfsinnigste Arbeit im ganzen Gebäude. Irgendwo hatte ich mir ein
Päckchen Kaugummi gekauft, kaute und sah auf die Stoppuhr.
    Peters kam herein. Ich wandte
mich halb um.
    »Lassen Sie sich nicht stören«,
sagte er. »Läuft’s?«
    »Alles klar«, erwiderte ich.
    Er hantierte hinter und neben
mir herum und stellte mit abwesendem Gesicht einige Glaskolben zurecht. Dann
hörte ich, wie er den Strahlenschutzschranköffnete.
    Ich kaute und beobachtete die
Uhr.
    Seine Stimme überfiel mich
unvermittelt von hinten.
    »Ach, Herr Butterweis — haben
Sie vielleicht das Strontium gesehen?«
    Ich blieb starr sitzen. Mein
Unterkiefer bewegte sich automatisch weiter. Nicht umdrehen, dachte ich. Nicht
umdrehen.
    »Strontium?« sagte ich mit
hoher Stimme. »Augenblick — muß gerade ablesen.«
    Ich stoppte die Uhr und das
Zählwerk, las ab und notierte die Impulszahl. Dann ließ ich den Zähler und die
Uhr zurückschnappen, rückte den Spannungsschalter um einen Strich weiter,
schaltete wieder ein und drückte auf die Uhr.
    »So«, sagte ich. Meine Stimme
war wieder normal. Ich schwang den Drehstuhl herum und sah hinüber zu Peters.
    »Strontium?« fragte ich kauend.
»Ich wußte gar nicht, daß wir so etwas haben.«
    Peters stand mit dem Gesicht
zum Schrank gewandt.
    »Na, das finde ich doch auch
sehr merkwürdig. Hier in der Büchse war die Flasche.«
    »Ich kann Ihnen leider nicht
dienen«, sagte ich. »Hoffentlich hat’s niemand ausgetrunken.«
    Eine Minute war um. Ich
schaltete aus und las wieder ab. Dann erhob ich mich vom Stuhl und ging zu
Peters hinüber.
    »So ein Kaugummi nimmt kein
Ende«, sagte ich grinsend. »Wo war denn das Zeug?«
    Peters hatte den Bleideckel in
der Hand und betrachtete die leere Büchse mit gerunzelter Stirn.
    »Hier.«
    Ich schüttelte verblüfft den
Kopf.
    »Habe ich nie in der Hand
gehabt. Hier stehen so viele Büchsen herum, daß man gar nicht durchsicht. Ich
brauche ja auch nur das Jod, sonst kaum etwas. Haben Sie’s vielleicht früher
einmal aufgebraucht? Manchmal denkt man...«
    Ein wütender Blick traf mich.
Ich ignorierte ihn.
    »Ich wollte längst aufräumen
hier drin«, sagte ich. Aber es ist alles verseucht, und ich weiß nicht, wohin
damit, und was noch gebraucht wird und was nicht. Wenn Sie Zeit haben, könnten
wir uns dranmachen.«
    Peters antwortete nicht. Er
holte sich ein paar Gummihandschuhe. Ich ging auf meinen Platz zurück und ließ
meinen Apparat wieder anlaufen. Peters kramte im Schrank herum und suchte nach
der Flasche. Meine Furcht war weg. Eine grimmige Heiterkeit überkam mich.
Sollte er suchen, bis er schwarz würde. Es war nicht das erste Mal, daß er
etwas suchte und nicht fand. Was hatte ich damit zu tun?
    Ich hörte, wie er die
Handschuhe in das Spülbecken warf. Dann ging er. Wenig

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