4 Meister-Psychos
später war ich fertig
und machte Schluß. Den Kaugummi warf ich in den Abfalleimer.
Peters saß im Labor I. Auf den
ersten Blick sah ich, was er tat. Er wühlte in den alten Ordnern herum und
suchte das Bestellblatt. Ich freute mich über meine Vorsicht. Er würde nichts
finden.
Ich machte noch ein paar
Eintragungen.
»Gehen Sie mit zum Essen?«
fragte ich.
»Nein, ich habe noch zu tun«,
sagte er schroff.
»Mahlzeit!« sagte ich.
Ich aß mit gutem Appetit. Aber
plötzlich schwand deiner Heiterkeit, wie sie gekommen war.
Peters war klug. Wenn er den
Zusammenhang ahnte, was dann? Sie brauchten Vera nur zu exhumieren, um die
Strahlung nachzuweisen. Warum hatten sie sie auch nicht verbrannt? Aber sogar
die Asche konnte noch strahlen. Die Gerichtsmediziner waren ein Teufelspack,
das hinter jeden Trick kam.
Ich ließ den Nachtisch stehen
und ging.
Zwei Tage später erfolgte
etwas, das mich hätte warnen sollen. Heute weiß ich es. Damals war ich blind
und vertraute meinem Plan.
Peters begegnete mir auf der
Treppe und hielt mich auf.
»Ach, Herr Butterweis — ich
hätte eine Bitte. Können wir unseren Abend zu mir verlegen?«
Ich war zu verblüfft, um
antworten zu können.
»Wissen Sie, es ist so«, fuhr er
fort, »ich erwarte einen sehr wichtigen Anruf und muß leider am Sonnabend zu
Hause bleiben. Ich dachte schon daran, das Gespräch zu Ihnen legen zu lassen.«
»Ich habe kein Telefon«, sagte
ich.
»Eben.« Er sah direkt bekümmert
aus. »Es wäre schade, wenn wir die Sache deswegen ausfallen lassen müßten.
Macht es Ihnen etwas aus, zu mir zu kommen? Wein habe ich, trocken sitzen wir
nicht.«
Ich überlegte, so schnell ich
konnte. Was steckte dahinter?
Eigentlich hatte es nichts zu
bedeuten. Seine Erklärung klang glaubwürdig. Es gab keinen Grund, nicht zu ihm
zu gehen. Ausflüchte würden sein Mißtrauen nur vermehren, sollte er mißtrauisch
sein.
»Es macht mir nichts aus«,
sagte ich. »Wir sitzen auf Ihren Stühlen ebenso gut, wenn nicht besser.«
»Nun gut, fein«, sagte er und
verließ mich.
XV
Am Sonnabend, dem 12. August,
um halb acht Uhr abends, war ich bereit, meine Wohnung zu verlassen.
Ich hatte mich rasiert und
umgezogen. In meiner Aktentasche waren eine Flasche Rum und vier Zitronen sowie
das Strontium, nach dem mein Gastgeber vergeblich gesucht hatte.
Ich blieb vor dem Spiegel
stehen. Ich sah aus wie immer. Ein bebrillter, verschüchterter Jüngling mit
schütterem Haar und abstehenden Ohren. Allenfalls ein dürftiger
Bankangestellter. Niemand konnte mir Böses Zutrauen.
Ich rauchte eine Zigarette und
dachte alles noch einmal durch. Wo war eine schwache Stelle?
Wenn heute abend alles
glattging, war die Hauptsache geschafft. Er war verloren, wenn er getrunken
hatte. Er würde die Strahlung bemerken, aber was machte das.
Er würde zugrunde gehen, wie
Vera zugrunde gegangen war. Die fatale Ähnlichkeit der Fälle könnte auffallen.
Es war mir gleichgültig.
Mir war nichts nachzuweisen.
Andere haßten ihn auch.
Einen Strahlenschaden hatte er
sowieso schon. Und er hatte mehr Grund, Vera umzubringen als ich.
Ich war im Begriff zu gehen.
Aber irgendein unbestimmtes Gefühl hielt mich noch zurück.
Warum, zum Teufel, hatte er
gerade jetzt das Strontium suchen müssen? Warum kam er heute abend nicht zu
mir?
Ich ging um den Schreibtisch
herum und zog das Mittelfach weit heraus. Meine Pistole lag hinten, in einer
Aachen Zigarrenkiste. Ich nahm sie am Griff und wog sie in der Hand.
Lange hatte ich nicht mehr mit
ihr geschossen. Mein Waffenschein galt allerdings noch. Mein Vater ließ ihn
erneuern, wenn er abgelaufen war. Er war mit den Landrat gut bekannt. Da ging
das.
Das Eisen funkelte matt. Der
Sicherungsflügel ließ sich leicht hin- und herbewegen.
Ich zögerte ein paar Sekunden.
Dann lud ich durch, sicherte wieder und schob die Waffe in die rechte
Gesäßtasche.
Aber das war nicht das
Richtige.
Sie war zu schwer. Sie würde
sich abzeichnen. Ich nahm alles heraus, was ich in der linken Brusttasche
hatte. Die Pistole paßte hinein. Meine Jacke war weit geschnitten, mit betonten
Schultern, um die Dürftigkeit der meinen zu überdecken. So ging es. So sah man
nichts. Ich prüfte, ob ich irgend etwas vergessen hätte. Dann löschte ich das
Licht und ging.
Zwanzig Minuten später war ich
bei Peters.
Er öffnete mit strahlenden Augen.
»Na, wunderbar! Nur herein!«
Er hatte sich nicht umgezogen.
Die Unordnung wai die gleiche wie damals, als Vera zum erstenmal
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