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4 Meister-Psychos

4 Meister-Psychos

Titel: 4 Meister-Psychos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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war Vera gerächt.
    »Ich glaube, ich bin nun die
längste Zeit bei Ihnen gewesen«, sagte ich. »Werde wohl bald in der Diagnostik
landen und fremde Plattfüße besichtigen.«
    »Wie lange sind Sie jetzt da?«
    »Seit November. Ein dreiviertel
Jahr.«
    »O Teufel! So lange schon? Dann
wird man Sie bald abkommandieren.«
    »Der Oberarzt sagte so etwas.«
    Er machte eine ärgerliche
Handbewegung.
    »Mir graut jetzt schon davor,
wieder einen Neuen einzuarbeiten.«
    »Kann ich mir denken«, sagte
ich. »Kein Vergnügen, ewig denselben Salat zu erzählen. Und einer stellt sich
dümmer an als der andere.«
    »Sie haben sich ganz brauchbar
angestellt. Sie sind...« Er unterbrach sich. Sie sind nicht so dumm wie Sie
aussehen, hatte er sagen wollen. »Sie sind schneller reingekommen, als ich
dachte.«
    Ich rückte an der Brille.
    »Bitte kein Lob«, sagte ich.
»Da werde ich rot. Es gibt eine Menge, wovon ich immer noch keine Ahnung habe,
Aber ich bin froh, daß ich mal reinriechen durfte. Moderne Röntgenologen ohne
Isotopen — unmöglich.«
    Wir tranken.
    »Was wollen Sie eigentlich
machen?« fragte ich, »Habilitieren?«
    Er winkte geringschätzig ab.
    »Dieser Hang zur Habilitation
ist etwas Widerwärtiges«, sagte er. »Jeder drängt dahin. Forschung ist um der
Forschung willen da, nicht um Dozenten zu züchten. Jeder Idiot will sich
habilitieren, und die Forschung kommt immer mehr herunter.«
    Ich nickte zustimmend. Ich
wußte, daß er nichts sehnlicher wünschte, als Dozent zu werden. Diesem Ziel
zuliebe hätte er ein Jahr lang auf alle Mädchen verzichtet, wenn er ihm dadurch
näher gekommen wäre.
    »Freut mich, zu hören, daß Sie
eine Ausnahme sind«, sagte ich mit aufrichtigem Ton. »Bisher habe ich nur
Streber kennengelernt, die eine Arbeit auf die andere legen, nach dem Motto:
Herr Professor, ich weiß was!«
    Er verzog nicht einmal das
Gesicht. Der Wein ging zur Neige.
    »Sehr schöner Tropfen«, sagte
ich. »Leider verstehe ich nicht viel davon.«
    »Sie sind mehr für scharfe
Sachen?«
    »Ja. Man gelangt auf kürzerem
Weg zum Ziel. Wenn Sie gestatten, mache ich uns den bewährten Daiquiri.«
    »Der war ausgezeichnet«, sagte
Peters. Mir war, als spräche er bedächtiger.
    Aber er konnte mich täuschen.
    »Sie müssen mir einmal das
Rezept geben.«
    »Ganz einfach«, sagte ich.
»Zwei Teile Rum, ein Teil Zitrone. Ein halber Teelöffel Zucker, je nach
Geschmack. Haben Sie eine Presse in Ihrem christlichen Haushalt?«
    »Habe ich.«
    Er stand auf. Ich folgte ihm in
die Küche. Mein Zwerchfell spannte sich. Es ging los.
    Nach einigem Herumsuchen fand
er die Zitronenpresse. Sie schien aus dem vorigen Jahrhundert zu stammen.
    »Was für Gläser?«
    »Irgendwelche. Hauptsache, es
geht genug rein.«
    Er brachte zwei, verschieden
geformt, aber gleich groß. Um so besser. Sie waren schwer zu verwechseln.
    »Soll ich helfen?« fragte er.
    »Nicht nötig«, sagte ich.
»Daiquiri machen geht schnell bei mir. Schneller als Wurzelziehen.«
    Er lachte und ging hinaus.
    Ich fing an, die Zitronen
auszupressen. Ich dachte an den Augenblick, in dem ich das zum letztenmal
gemacht hatte. Diesmal war kein drehbares Tablett dazwischen. Diesmal war
Peters an der Reihe. Er hatte selbst mitgeholfen. Er hätte ebenso gut in der
Küche bleiben können. Aber er war hinausgegangen. Das war ein Wink des
Schicksals.
    Ich war fertig mit den
Zitronen, ging hinaus auf den Flur und holte meine Tasche. Sie stand unberührt,
wie ich sie hingestellt hatte.
    Vom Wohnzimmer her klangen
Musik und Wortfetzen in Wechselnder Lautstärke. Peter suchte nach einem anderen
Sender. Ich verfuhr genau wie auf Veras Fest.
    Ich zog den Korken aus der
Flasche und goß den Rum in die Gläser. In das rechte Glas etwas weniger.
    Ein paar Herzschläge wartete
ich. Vom Flur kam ein Geräusch.
    Ich bückte mich schnell. Mit
dem ersten Griff hatte ich die Büchse. Fünf Sekunden später war sie wieder an
ihrem Platz.
    In Peters’ Glas war noch immer
weniger als in meinem. Ich füllte mit Zitrone auf und gab ihm etwas mehr. Die
Zitronensäure verdeckte jeden Beigeschmack.
    Der Zucker kam zuletzt. Ich
rührte um, langsam, ohne Hast. Dann schloß ich meine Tasche und stellte sie auf
den Flur hinaus. Die Flasche ließ ich auf dem Küchentisch stehen.
    Ich nahm Peters’ Glas in die
rechte Hand, das andere in die linke und bemühte mich, die Spannung in meinem
Gesicht zu verbergen und gleichgültig auszusehen.
    Mit langsamen Schritten ging
ich zum Wohnzimmer

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