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4 - Wächter der Ewigkeit

4 - Wächter der Ewigkeit

Titel: 4 - Wächter der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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geschossen. »Du hast die richtige Wahl getroffen, junger Magier. Die Antwort auf den zweiten Teil der Frage hätte dich verwirrt.«
    »So geht das nicht! Wenn du schon auf eine Frage antwortest, dann auch ehrlich!«, ereiferte ich mich. »Erklär mir, wie dieser Zauber funktioniert und wozu er dient!«
    »Gut«, lenkte Rustam erstaunlich schnell ein. »Die Kraft eines Anderen besteht in seinem Vermögen, sich die durch alle Schichten des Zwielichts fließende Kraft der Menschen zunutze zu machen. Unsere Welt gleicht einer riesigen Ebene, in der es winzige kleine Quellen gibt, nämlich die Menschen, die Kraft abgeben, diese aber nicht zu lenken wissen. Wir, die Anderen, sind nur die Schlaglöcher, in die das Wasser aus diesen Hunderten und Tausenden von Quellen fließt. Wir geben dieser Welt nicht einen Tropfen Wasser. Aber wir können das fremde Wasser speichern und nutzen. Unsere Fähigkeit liegt im Sammeln fremder Kraft. Infolge dieser Fähigkeit können wir ins Zwielicht eindringen, die Barrieren zwischen den Schichten durchbrechen und mit immer stärkeren Energien hantieren. Der Zauber, den der Große Merlin ersonnen hat, reißt diese Barrieren ein, die unsere Welt von den Zwielicht-Schichten trennen. Was glaubst du, junger Magier, was das Ergebnis davon ist?«
    »Eine Katastrophe?«, vermutete ich. »Die Zwielicht-Welt … unterscheidet sich schließlich von unserer. In der dritten Schicht gibt es zwei Monde …«
    »Merlin hat das nicht so gesehen«, widersprach Rustam. Anscheinend fand er inzwischen Gefallen an dem Gespräch und hatte selbst nach Beantwortung meiner Frage nichts dagegen, sich weiter über das Thema auszulassen. »Merlin vertrat die Ansicht, jede Zwielicht-Schicht stehe für etwas, das in unserer Welt nicht geschehen ist. Eine Möglichkeit, die nicht eingetreten ist. Ein Schatten, der auf das Sein fällt. Unsere Welt wird nicht sterben, sondern das Zwielicht vernichten. Es auslöschen – so wie das Sonnenlicht den Schatten auslischt. Die Kraft würde, gleich dem Wasser eines Ozeans, die ganze Welt überschwemmen. Und in dieser Überflutung wird es keine Rolle mehr spielen, wer ins Zwielicht einzudringen vermag und wer nicht. Die Anderen werden ihre Kraft verlieren. Für immer.«
    »Besteht daran kein Zweifel, Rustam?«
    »Wer will das sagen?« Rustam breitete die Arme aus. »Ich antworte auf deine zweite Frage, weil ich die Antwort nicht weiß. Möglicherweise wird es so sein. Die Menschen dürften die Veränderungen gar nicht bemerken, während die Anderen zu gewöhnlichen Menschen werden. Aber das ist die einfachste Antwort. Doch ob das Einfache auch stets das Wahre ist? Vielleicht droht uns eine Katastrophe. Die zwei kleinen Monde stoßen mit dem großen zusammen, das blaue Moos breitet sich auf Weizenfeldern aus … Wer vermag all das zu wissen, Magier, wer … Vielleicht werden die Anderen schwächer, bewahren sich aber gleichwohl einen Teil ihrer Kraft. Vielleicht ereignet sich auch etwas, womit niemand gerechnet hat. Etwas, das wir uns nicht einmal vorzustellen vermögen. Merlin hat es nicht gewagt, den Zauber anzuwenden. Er hat ihn um seines Amüsements willen ersonnen. Es bereitete ihm Freude zu wissen, dass er die gesamte Welt verändern könnte … Doch er beabsichtigte nicht, es auch wirklich zu tun. Meiner Ansicht nach tat Merlin gut daran. Man darf nicht an das rühren, was er im Zwielicht verborgen hat.«
    »Aber die Jagd nach dem Kranz der Schöpfung hat bereits begonnen«, wandte ich ein.
    »Das ist verwerflich«, konstatierte Rustam unerschüttert. »Ich würde euch raten, davon abzusehen.«
    »Aber nicht wir suchen ihn«, entgegnete ich. »Wir haben damit nicht das Geringste zu tun. Ein Inquisitor, ein Dunkler und ein Lichter haben sich zu diesem Zweck verbündet.«
    »Wie interessant«, kommentierte Rustam. »Nicht häufig vermag ein Ziel Feinde zu vereinen.«
    »Kannst du uns helfen, sie aufzuhalten?«
    »Nein.«
    »Aber du hast doch selbst gesagt, es sei eine verwerfliche Sache.«
    »Es gibt viele verwerfliche Sachen auf der Welt. Doch gewöhnlich bringt der Versuch, das Böse zu besiegen, nur noch mehr Böses hervor. Ich rate euch, Gutes zu vollbringen. Nur so kann man den Sieg erlangen!«
    Alischer gab ein entrüstetes Schnauben von sich. Selbst ich verzog das Gesicht, als ich diese edle, aber völlig nutzlose Schlussfolgerung vernahm. Zu gern würde ich wissen, wie du, Rustam, das Böse besiegt hättest, wenn du nicht zusammen mit Geser den Weißen Höhenrauch gewirkt

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