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4 - Wächter der Ewigkeit

4 - Wächter der Ewigkeit

Titel: 4 - Wächter der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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verbrannte, warf er die Kippe weg.
    »Die Dunklen haben nur gekriegt, was sie verdienten«, sagte er.
    »Tun sie dir denn kein bisschen leid?«, fragte ich.
    »Sie nutzen unser Mitleid nur aus.«
    »Aber wenn wir nicht zu Mitleid fähig sind, wodurch unterscheiden wir uns dann von ihnen?«
    »Durch die Farbe.« Alischer sah Afandi an. »Wo müssen wir den Großen Rustam suchen, Afandi?«
    »Du hast ihn gefunden, Lichter mit dem steinernen Herzen«, antwortete Afandi leise. Und wandte sich uns zu.
    Er hatte sich mit der Schnelligkeit eines erfahrenen Transformationsmagiers verwandelt. War einen Kopf größer geworden. Und breiter in den Schultern, das Hemd spannte, der oberste Knopf war, vom Fleisch verdrängt, abgesprungen. Die Haut war zu meinem Erstaunen jetzt heller, die Augen leuchtend blau. Ich musste mir in Erinnerung rufen, dass die Bewohner Asiens vor zweitausend Jahren völlig anders ausgesehen hatten als in unseren Tagen. Heute lächelt ein Russe, während ein Europäer politisch korrekt schweigt, sobald ein Asiate ihnen erzählt, er habe dunkelblonde Vorfahren mit blauen Augen. Doch in diesen Worten steckt weitaus mehr Wahrheit, als unsere Zeitgenossen annehmen.
    Rustams Haare waren allerdings schwarz. Und in seinen Gesichtszügen ließ sich der orientalische Ursprung selbstverständlich erahnen.
    »Bist du also doch Rustam«, sagte ich, während ich den Kopf neigte. »Ich grüße dich, Großer! Ich danke dir, dass du unsere Bitte erhört hast.«
    Neben mir ließ sich Alischer ganz wie ein tapferer Ritter vor seinem Herrn aufs Knie nieder, gleichermaßen untertänig und stolz.
    »Afandi ist nicht Rustam«, antwortete der uralte Magier. Sein Blick war verschleiert, als lausche er nunmehr einer Stimme. »Afandi ist mein Schüler, mein Freund, mein Hüter. Ich lebe nicht mehr inmitten der Menschen. Mein Zuhause ist das Zwielicht. Wenn ich unter den Sterblichen einhergehen muss, leihe ich mir seinen Körper.«
    So war es also … Ich nickte, als ich seine Worte vernahm. »Du weißt, weshalb wir gekommen sind, Großer«, stellte ich fest.
    »Ja. Doch will ich auf Gesers Fragen nicht antworten.«
    »Geser hat gesagt, du seist …«
    »Ich weiß, was ich Geser schuldig bin.« In Rustams Augen loderte ein zorniges Feuerchen auf. »Ich erinnere mich an unsere Freundschaft, und ich erinnere mich an unsere Feindschaft. Ich habe ihn gebeten, aus der Wache auszuscheiden. Ich habe ihn gebeten, den Krieg, den er um die Menschen führt, zu beenden … um unserer Freundschaft und um der Menschen selbst willen. Aber Geser gleicht diesem Jüngling …«
    Schweigend sah er Alischer an.
    »Wirst du uns helfen?«, fragte ich.
    »Ich beantworte eine Frage«, teilte Rustam mir mit. »Eine einzige Frage. Damit ist meine Schuld gegenüber Geser getilgt. Frage mich – und begehe keinen Fehler.«
    Beinahe hätte ich alles mit der Frage »Stimmt es, dass du Merlin gekannt hast?« verpatzt. Ach, diese Fallstricke … Stelle eine Frage, äußere drei Wünsche …
    »Was ist der Kranz der Schöpfung und wie kann man ihn am einfachsten aus der siebten Zwielicht-Schicht herausholen?«, fragte ich.
    Auf Rustams Gesicht zeichnete sich ein Lächeln ab. »Du erinnerst mich an einen Menschen aus Choresm. Ein gerissener Kaufmann, dem ich etwas schuldete … und dem ich versprochen hatte, ihm drei Wünsche zu erfüllen. Nach reiflicher Überlegung sagte er mir: ›Dann möchte ich mich verjüngen, von allen Gebrechen geheilt sein und reich werden – das erstens. ‹ Nein, junger Magier. Dieses Spiel werden wir nicht spielen. Ich erfülle keine Wünsche, ich antworte auf eine einzige Frage. Damit wird alles beglichen. Was genau willst du wissen? Was es mit dem Kranz der Schöpfung auf sich hat? Oder wie du an ihn herankommst?«
    »Ich möchte mich nicht in der Rolle der Pandora wiederfinden, die die Frage stellt: ›Wie kriege ich diese Büchse auf?‹«, brummte ich.
    Rustam lachte los – und in diesem Gelächter schwang ein Hauch von Wahnsinn mit.
    Aber was sollte man von einem Lichten erwarten, der sich im Zwielicht dematerialisiert hatte, um in der Nähe seiner Feinde zu leben, die er einst zu ewigen Qualen verdammt hatte? Er selbst hatte sich diese Strafe oder diese Form der Reue auferlegt, die ihn langsam umbrachte …
    »Was hat es mit dem Kranz der Schöpfung auf sich?«, entschied ich mich.
    »Es ist ein Zauber, der sich einen Weg durchs Zwielicht bahnt und dieses mit der Menschenwelt verbindet«, erklärte Rustam wie aus der Pistole

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