4 - Wächter der Ewigkeit
unsichtbaren Hand aufflammten.
»Versuche nie wieder, mich unter Druck zu setzen«, belehrte Rustam ihn, sobald die Ohrfeigensession endete. »Hast du verstanden, Inquisitor?«
Bevor Edgar auch nur antworten konnte, riss ich, unsagbar froh darüber, dass ich mein Kampfsortiment nicht gegen Rustam eingesetzt hatte, den Arm hoch und schleuderte alle vier in den Armreifen gespeicherten Zauber zur Lockerung der Zunge gegen Edgar. Die Amulette am Körper des Inquisitors loderten auf, vermochten jedoch nicht die gesamte Wucht des Schlags abzufangen.
»Welcher Vampir war mit dir in Edinburgh?«, brüllte ich.
Edgars Gesicht wirkte völlig entstellt. Unter großer Pein versuchte er, die sich von seiner Zunge losreißenden Worte zurückzuhalten. Was ihm missglückte.
»Sauschkin!«, schrie Edgar.
Rustam brach schon wieder in Gelächter aus. »Leb wohl!«, brachte er mühevoll hervor.
Daraufhin wurde Afandi wieder er selbst. Als lasse man bei einer Gummipuppe ein wenig Luft raus. Sein Wuchs verringerte sich, die Schultern verloren an Breite, im Gesicht zeigten sich Falten, die Augen blickten trüber drein, ein Büschel Barthaar fiel ihm aus und flog davon.
Voller Hass blickten Edgar und ich einander an.
Im nächsten Moment führte Edgar – ohne vorher Kraft zu sammeln oder einen Zauber zu formulieren – einen Schlag aus. Vom Himmel ergoss sich ein Flammenregen, der über die Schilde von Alischer und mir brandete. Um den verwirrten, immer noch nicht ganz klaren Afandi tobte überhaupt kein Feuer – offenbar eine Folge des Schutzrings an seinem Finger.
Die nächste Minute bestand aus lauter Angriffen und Gegenangriffen. Alischer überließ es klugerweise mir, den Kampf zu führen, indem er einen Schritt zurücktrat, unsere Schilde mit Kraft versorgte und sich nur ab und zu einen kurzen Ausfall mit Angriffsmagie genehmigte.
Geser musste bei unserer Ausstattung die besten Zukunftsdeuter der Wache konsultiert haben. Oder sich sogar selbst ins
Zeug gelegt haben. Dem Feuer folgte Eis. Ein Schneesturm heulte durch die Luft, winzige Schneeflocken mit rasiermesserscharfen Kanten stellten die Tüchtigkeit unserer Schilde auf die Probe und schmolzen kraftlos, sobald sie in Afandis Nähe gelangten. Der Eissturm hatte sich noch nicht gelegt, als Edgar den Kuss des Ameisenigels einsetzte: Saure Tropfen überzogen die Steine unter unseren Füßen. Afandi konnten jedoch auch sie nichts anhaben. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete ich, dass der Alte ebenfalls nicht untätig blieb und irgendeinen schwachen, aber sehr raffinierten und ausgefallenen Zauber wirkte. Selbst wenn ihm damit kein Erfolg beschieden sein dürfte, so war er zumindest beschäftigt und kam uns nicht in die Quere.
Bei dem vierten Zauber, mit dem Edgar mich angriff, handelte es sich um einen Vakuumschlag. Damit hatte ich bereits gerechnet. Als der Druck schlagartig fiel, schlug ich ungerührt weiter abwechselnd mit dem Opium und dem Thanatos auf Edgar ein. Hinter mir schoss Alischer aus magischen Stäben Fireballs und Kugeln aus unterkühltem Wasser ab. Die Kombination aus Fireballs und explodierenden blauen Breiklumpen, diesen Eisschrapnellen, erzielte ganz erstaunliche Ergebnisse. Mit einem Blick erfasste ich, wie die in Opposition geratenen Schutzamulette des Inquisitors ihre Kraft einbüßten.
Trotzdem musste hinter all dem noch mehr als die Amulette stecken. Edgar, ein Magier ersten Grades, hielt gegen uns beide stand, ja, er schaffte es sogar, zum Gegenschlag anzusetzen! Entweder musste er über jedes Maß mit Kraft aufgeladen sein – oder er hatte den ersten Grad inzwischen hinter sich gelassen. Doch mir blieb keine Zeit, seine Aura gründlich zu überprüfen.
Die Schlappe mit dem Vakuumschlag hatte Edgars Eifer offenbar gedämpft. Dass wir auf so einen außergewöhnlichen Zauber vorbereitet waren, brachte den Inquisitor in Verlegenheit. Langsam wich er zurück, umrundete den angekohlten, verätzten und reifbedeckten Toyota. Dabei blieb er an einem aus der Tür herauslugenden Eiszapfen hängen und wäre beinah hingefallen. Um sein Gleichgewicht ringend, fuchtelte er mit den Armen, sodass mein Opium ihn beinah nicht getroffen hätte.
»Gib auf, Edgar«, schrie ich. »Zwing mich nicht, dich umzubringen.«
Auf diese Worte sprang der Inquisitor an. Er hielt kurz inne und zog einen seltsamen Anhänger unter seinem Gürtel hervor, ein Bündel grauer Federn, die ein Faden zusammenhielt, sodass sie an einen Staubwedel erinnerten. Er warf das Ding in die
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