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4 - Wächter der Ewigkeit

4 - Wächter der Ewigkeit

Titel: 4 - Wächter der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Lichter«, bestätigte ich.
    Mein Pendant von der Londoner Nachtwache stellte sich als lebenslustiger dicker Schwarzer heraus. Den mit seinem Kollegen nur verband, dass er ebenfalls jung und schwach war, höchstens sechster oder siebter Grad.
    »Hallo, Bruder!«, begrüßte er mich fröhlich. »Anton Gorodezki? Wo arbeitest du?«
    »Nachtwache, Russland, Moskau.«
    »Grad?«
    In dem Moment wurde mir klar, dass sie meine Aura nicht durchdringen konnten. Wenn ich auf der vierten oder fünften Kraftstufe gestanden hätte, würden sie sie dechiffrieren können. Alles, was darüber hinausging, verschmolz für sie zu einem einzigen kompakten Leuchten.
    »Ein Hoher.«
    Der Dunkle nahm irgendwie Haltung an. Sicher, sie alle sind egoistisch und individualistisch. Zollen aber jemandem, der über ihnen steht, Respekt.
    Der Lichte riss die Augen auf. »Oh!«, rief er. »Ein Hoher! Bleiben Sie lange hier?«
    »Ich bin auf der Durchreise. Nach Edinburgh. In drei Stunden fliege ich weiter.«
    »Privat? Oder dienstlich?«
    »Eine Dienstreise«, antwortete ich ohne nähere Erklärung.
    Die Lichten sind natürlich liberal und demokratisch. Aber auch sie verehren die Hohen.
    »Sind Sie dort ins Zwielicht eingetreten?« Der Dunkle machte eine Kopfbewegung in Richtung des Zollschalters für die Menschen.
    »Ja. Haben mich die Überwachungskameras etwa aufgenommen?«
    »Nein.« Der Dunkle schüttelte den Kopf. »Hier haben wir alles unter Kontrolle. Aber in der Stadt würde ich Ihnen empfehlen aufzupassen. Dort gibt es viele Kameras. Sehr viele. Die Menschen bemerken ab und an, wie wir verschwinden und wiederauftauchen. Dann müssen wir unsere Spuren beseitigen.«
    »Ich werde noch nicht einmal den Flughafen verlassen.«
    »In Edinburgh gibt es ebenfalls Kameras«, mischte sich der Lichte ein. »Weniger, aber trotzdem … Haben Sie die Koordinaten der Edinburgher Wache?«
    Dass er die Nachtwache meinte, betonte er nicht extra. Das verstand sich von selbst.
    »Ja«, antwortete ich.
    »Ein guter Freund von mir hat in Edinburgh ein kleines Hotel im Familienbesitz«, ergriff der Dunkle wieder das Wort. »Schon seit über 200 Jahren. In der Nähe von Edinburgh Castle, in der Royal Mile. Wenn es Sie nicht stört, dass er ein Vampir ist …«
    Was war das nur! Überall wimmelte es von Vampiren!
    »… dann wäre hier seine Visitenkarte. Es ist ein sehr gediegenes kleines Hotel. Anderen gegenüber aufgeschlossen.«
    »Ich hege Vampiren gegenüber keine Vorurteile«, versicherte ich und nahm die Karte an mich. »Früher war ich sogar mit Vampiren befreundet.«
    Und einen Vampir, mit dem ich befreundet gewesen war, hatte ich in den Tod geschickt …
    »Im Sektor B gibt es ein gutes Restaurant«, schaltete sich der Lichte wieder ein.
    Sie bemühten sich so aufrichtig darum, mir zu helfen, dass ich nicht wusste, wie ich diesen Kordon der Freundlichkeit und Gefälligkeit passieren sollte. Zum Glück landete gerade ein weiteres Flugzeug und hinter mir tauchten weitere Andere auf. Mit jenem eingemeißelten Lächeln, für das sich die Muskulatur eines russischen Menschen so schlecht eignet, begab ich mich zur Gepäckausgabe. Da ich absolut keinen Appetit hatte, sparte ich mir den Besuch im Restaurant. Ich schlenderte ein wenig durch die Flughafenhalle, trank einen doppelten Espresso, döste in einem
    Sessel im Wartesaal und bestieg gähnend das Flugzeug. Wie zu erwarten, nahm Jegor dieselbe Maschine. Doch jetzt blickten wir demonstrativ aneinander vorbei. Genauer, er blickte demonstrativ an mir vorbei, während ich ihn einfach nur nicht ansprach.
    Eine Stunde später landeten wir in Edinburgh.
    Es ging auf Mittag zu, als ich mich in ein Taxi setzte. In eines dieser wunderbar bequemen englischen Taxis, nach denen du dich zurücksehnst, sobald du Großbritannien verlässt. Ich begrüßte den Fahrer, gab einem spontanen Impuls nach – und reichte ihm die Visitenkarte des »aufgeschlossenen Hotels«. Obwohl für mich ein Zimmer in einem normalen Hotel der Menschen reserviert war. Aber die Möglichkeit, mit einem sehr alten schottischen Vampir (zweihundert Jahre sind selbst für sie keine Kleinigkeit) in ungezwungener Atmosphäre zu sprechen, reizte mich ungeheuer.
    Das Hotel lag tatsächlich im historischen Stadtzentrum, auf einem Hügel in der Nähe des Edinburgh Castle. Ich ließ das Fenster herunter und schaute mich mit der Neugier eines Menschen, der zum ersten Mal in ein neues und interessantes Land kommt, nach allen Seiten um.
    Edinburgh beeindruckte

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