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4 - Wächter der Ewigkeit

4 - Wächter der Ewigkeit

Titel: 4 - Wächter der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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fühlte ich mich … ruhiger.«
    »Ich hätte mir beinah in die Hosen gemacht«, beschwerte ich mich bei dem Jungen. Nichts hilft besser gegen Stress als solch ein niedriger Stil. »Hast du denn vor irgendwas Angst?«
    Jean schielte zu mir herüber. »Wer weiß denn was von ihm?«, fragte er schulterzuckend. »Der Junge wurde bei uns ermordet. Vielleicht glaubt jemand, wir haben uns da was zuschulden kommen lassen … Aber was? Was? Obendrein ist er Russe! Weiß doch jeder … dass man da mit allem rechnen muss … Darüber haben wir auch diskutiert, zu Anfang im Spaß … Dann ernsthafter. Womöglich kommt sein Vater, Bruder oder Freund … und ermordet uns alle.«
    »Darum geht es also«, begriff ich. »Also … ich kann dir versichern, dass die Blutrache in Russland nicht sehr verbreitet ist. Außerdem gibt es sie doch bei den Schotten auch.«
    »Sag ich ja, oder?«, stimmte mir Jean völlig unzusammenhängend zu. »Was für eine Barbarei! Wie die Wilden! Und das im 21. Jahrhundert, in einer zivilisierten Welt …«
    »Und dann eine durchgeschnittene Kehle«, stieß ich ins selbe Horn. »Was ist denn nun eigentlich mit Viktor passiert?«
    Der Junge schielte zu mir herüber. Zog an der Zigarette. »Ich glaube, du lügst«, meinte er kopfschüttelnd. »Du bist kein Freund von Viktor. Du bist vom russischen KGB. Man hat dich geschickt, damit du den Mord aufklärst. Stimmt’s?«
    Sah er sich etwa tatsächlich alte Kriegsfilme an? Ich musste lachen.
    »Weißt du, Jean«, erwiderte ich halb flüsternd, »ich darf deine Frage nicht beantworten.«
    Der Franzose nickte sehr ernst. Dann trat er die Zigarette sorgfältig auf dem Fußboden aus.
    »Gehen wir, Russe. Ich zeige dir die Stelle. Aber rauch jetzt nicht mehr. Hier ist alles aus Lumpen und Pappe, das brennt wie Zunder. Huch!«
    Er stieß gegen die Tür – die sich natürlich ohne Probleme öffnen ließ. Nachdenklich betrachtete Jean sie und zuckte dann mit den Schultern. Wir gingen an weiteren Zimmern vorbei.
    »Das ist es, dieses beschissene Vampirschloss«, brummte Jean finster. Er tastete an der Wand entlang, fummelte an einem Schalter herum – und sofort erstrahlte das Licht wesentlich heller.
    Obwohl: Dunkelheit passte viel besser zu diesem Ort. Im Licht wirkte die Einrichtung einfach läppisch. Bei dem Blutfluss, über den man zu den Vampiren schippern musste, handelte es sich um eine lange, drei Meter breite Metallröhre, in die Wasser gelassen war.
    Nicht sehr tief.
    Es reichte etwa bis zu den Knien.
    Der Metallkahn schwamm natürlich nicht im Wasser. Als ich mit dem Fuß gegen die Bordwand trat, bemerkte ich, dass das Boot auf kleinen Rädern auf dem Boden stand. Unter Wasser ließ sich zudem ein Drahtseil erkennen, mit dem das Boot von einem »Ankerplatz« zum nächsten bugsiert wurde. Insgesamt war die Röhre höchstens fünfzehn Meter lang. Auf halber Strecke tauchte der Eisenkahn in einen mit schweren Vorhängen (die jetzt zurückgezogen waren) abgeteilten Raum ein. An dessen Decke hing ein Ventilator von beeindruckender Größe. Auf eine Wand war in groben Umrissen ein finsteres Schloss gemalt, das sich auf einem Felshang erhob.
    Ich ging zur Spitze des Kahns und schaute in den dunklen Raum. Stimmt schon, ein idiotischer Platz, um vom Leben Abschied zu nehmen. Also dann … In den letzten fünf Tagen konnten die Spuren durchaus verschwunden sein, aber ich wollte es trotzdem versuchen.
    Ein Blick durchs Zwielicht brachte nichts. Ich entdeckte die schwachen Spuren der Anderen, von Lichten wie von Dunklen, doch die stammten von den Experten der Wachen, die den Tatort untersucht hatten. Keine Anzeichen von einem Vampirpfad. Aber Manifestationen des Todes spürte ich. Und zwar so klar, als seien nicht fünf Tage verstrichen, sondern höchstens ein, zwei Stunden. Er hatte keinen schönen Tod gefunden, dieser junge Russe …
    »Wer ist für den Ton zuständig?«, fragte ich. »Man kriegt doch bestimmt ein Jammern oder Winseln zu hören? Oder ein furchterregendes Heulen? Die Touristen werden hier doch sicherlich nicht in aller Stille durchgeführt?«
    »Das kommt vom Band«, informierte mich Jean niedergeschlagen. »Da drüben sind die Lautsprecher und dort …«
    »Achtet denn hier niemand auf die Touristen?«, wollte ich wissen. »Was ist, wenn jemandem schlecht wird?«
    »Das machen wir schon«, gab Jean zögernd zu. »Sehen Sie da rechts das kleine Loch in der Wand? Dort muss immer jemand stehen und alles im Auge behalten.«
    »Im Dunkeln?«
    »Er hat

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