Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
4 - Wächter der Ewigkeit

4 - Wächter der Ewigkeit

Titel: 4 - Wächter der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
Vom Netzwerk:
an Flaschen – allein der Whisky zählte rund fünfzig Sorten. Alles, was einem bei dem Ausdruck »schottischer Pub« in den Sinn kommt, gab es hier – zum großen Vergnügen der verschiedensprachigen Touristen.
    Mir fielen Semjons Worte ein, weshalb ich Haggis und eine Tagessuppe bestellte. Von der Barfrau, einer kräftigen Lady mit Armen, die die ewige Arbeit an den Zapfhähnen gestählt hatte, bekam ich einen Krug Guinness. Ich steuerte auf den letzten Raum zu, den kleinsten, in dem es noch einen freien Tisch gab. Am Nachbartisch aß eine Gruppe Japaner. An einem Tisch am Fenster trank ein schnauzbärtiger, fülliger älterer Herr sein Bier, offensichtlich ein Einheimischer. Er machte einen verlorenen Eindruck – wie ein Moskauer, den es dummerweise an den Roten Platz verschlagen hat. Von irgendwoher erklang Musik, zum Glück jedoch nur leise und melodisch.
    Die Suppe stellte sich als einfache Brühe mit Ei und Croutons heraus, der Haggis war letztendlich nicht mehr und nicht weniger als die schottische Variante von Leberwurst. Doch ich aß sowohl die Suppe wie auch den Haggis, die als Beilage gebrachten Pommes frites – und konnte mein touristisches Programm danach guten Gewissens als erfüllt betrachten.
    Am besten schmeckte mir das Bier. Nachdem ich ein Glas getrunken hatte, rief ich zu Hause an. Sprach kurz mit Swetlana und teilte ihr mit, dass ich nicht lange hierbleiben müsste, da sich alles sehr schnell aufkläre.
    Bevor ich den Chef der Edinburgher Nachtwache anrief, holte ich mir noch einen Krug Bier. Die Nummer von Foma Lermont hatte ich bereits eingespeichert.
    »Ja bitte«, erklang es höflich, nachdem es ein paar Mal geläutet hatte. Noch dazu auf Russisch.
    »Guten Tag, Thomas«, sagte ich, mich trotz allem gegen die russische Form des Namens entscheidend. »Ich bin Anton Gorodezki, Ihr Kollege aus Moskau. Geser hat mich gebeten, Ihnen einen herzlichen Gruß auszurichten.«
    All das klang fürchterlich nach einem miserablen Agentenroman. Ich verzog sogar das Gesicht.
    »Hallo, Anton«, antwortete man mir ungezwungen. »Ich habe schon auf Ihren Anruf gewartet. Wie war der Flug?«
    »Ausgezeichnet. Ich bin in einem netten kleinen Hotel untergekommen, das ein wenig dunkel ist, aber im Zentrum liegt. Ich bin schon durch und ein wenig unterhalb der Stadt spaziert.« Das alles kam mir wie von selbst über die Lippen. Und mich in dieser äsopischen Sprache auszudrücken stellte ein unerwartetes Vergnügen dar. »Könnten wir uns vielleicht treffen?«
    »Aber sicher, Anton. Ich komme gleich zu Ihnen«, versprach mein Gesprächspartner. »Obwohl … vielleicht wollen Sie lieber zu mir übersiedeln? Hier ist es gemütlicher.«
    Ich hob den Blick und sah den älteren Herrn an, der am Fenster saß. Eine hohe Stirn, dichte Brauen, ein spitzes Kinn, kluge ironische Augen. Der Herr steckte das Handy in die Tasche und deutete mit einer Geste auf den freien Stuhl.
    O ja, er hatte viel mit Geser gemeinsam. Selbstverständlich nicht äußerlich, aber in der Art seines Auftretens. Vermutlich dürfte Mister Thomas Lermont seine Untergebenen nicht schlechter zu deckeln verstehen als Boris Ignatjewitsch.
    Ich schnappte mir mein Bierglas und wanderte zum Tisch des Chefs der Edinburgher Nachtwache hinüber.
    »Nenn mich Foma«, ergriff er als Erster das Wort. »Das erinnert mich an Geser.«
    »Kennen Sie sich schon lange?«
    »Ja. Geser hat noch ältere Freunde, aber ich nicht … Ich habe schon viel von dir gehört, Anton.«
    Ich hüllte mich in Schweigen. Was sollte ich darauf antworten? Bis gestern hatte ich noch nie vom Chef der Edinburgher Nachtwache gehört.
    »Du hast mit Bruce gesprochen. Wie gefällt dir unser Meister der Vampire?«
    Nach kurzer Überlegung gab ich meinen Eindruck wieder. »Er ist schlecht, unglücklich und ironisch. Aber sie sind alle schlecht, unglücklich und ironisch. Und natürlich hat er Viktor nicht ermordet.«
    »Du hast ihn unter Druck gesetzt.« Das war keine Frage Fomas, sondern eine Feststellung.
    »Ja. Das ist einfach so passiert. Er weiß nichts.«
    »Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen.« Lermont trank einen Schluck Bier. »Das war sogar sehr gut. Der Ehrgeiz zwingt ihn, darüber Stillschweigen zu bewahren, aber wir haben nun alle Informationen … Gut, was hast du in den Verliesen entdeckt?«
    »Das ist ein Gruselkabinett für kleine Kinder. Die Einrichtung ist momentan geschlossen, aber ich konnte mit einem der Schauspieler sprechen. Und mir den Tatort ansehen.«
    »Und?«,

Weitere Kostenlose Bücher