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4 - Wächter der Ewigkeit

4 - Wächter der Ewigkeit

Titel: 4 - Wächter der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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zu lachen anfing.
    Frühreife, Emanzipation und sexuelle Revolution! Nein, ich würde nicht lügen. Es schmeichelte mir, dass dieses Mädchen vor vier Jahren auf mich abgefahren war. Oder nicht damals vor vier Jahren. Möglicherweise hatte sie sich ja erst später in mich verliebt. Im Nachhinein, sozusagen. Als eine Hormonwelle die Zeit für romantisches Schmachten und diffuse Wünsche mit sich brachte.
    Und was sie nicht alles tat, um mich zu verführen! Mit übereinander geschlagenen Beinen hatte sie den Bademantel herunterrutschen lassen und mir kokette Blicke zugeworfen.
    Doch das Absurdeste von allem: Sie wäre so oder so gekommen, egal zu wem. Nach der Transformation steigt bei Tiermenschen die Libido stark an. Manche machen sich das ganz bewusst zunutze, um sich den Ruf leidenschaftlicher und unermüdlicher Liebhaber zu erwerben.
    O ja, mitunter ärgerte es mich schon, dass ich ein Lichter war …
    Allerdings wollte ich im Moment so dringend schlafen, dass ich nicht einmal den Wunsch verspürte, mich erregenden sexuellen Phantasien mit der jungen Tierfrau zu überlassen. Völlig automatisch wirkte ich ein paar Alarm- und Schutzzauber, handelte es sich dabei doch um ein Ritual ähnlich dem des abendlichen Zähneputzens. Dann schlüpfte ich ins Bett, lauschte dem Lärm draußen auf der Straße – die Stadt vergnügte sich noch, die Stadt dachte noch nicht ans Schlafen. Ich schnappte mir mein Handy, stellte den Player an und schloss die Augen. Die Zeit der Walkmen war zusammen mit den Schallplatten untergegangen, die Zeit der MD-Player schien es im Grunde gar nicht gegeben zu haben, und nun endete die Zeit der CDs. Es bleibt die kalte Ziffer MP3. Auch daran hatten wir uns gewöhnt. Es irritierte uns nicht mehr.
     
Das ist der Anfang vom Licht.
    Dunkel die Nacht, ohne eignes Gesicht.
    Doch ins Dunkel trat jemand hinein.
    Auch bei dir wird’s so sein, du weißt’s nur noch nicht.
    Ist es Wahn, der da spricht?
    Denn es klingt wie ein Hohn, 
    Doch grad das ist der Anfang vom Licht, 
    Das Ende der Angst, 
    So nur formt sich ein Ton.
     
    Das ist das Ende der Angst.
    Hast getrunken aus giftigen Kräutern den Trank
    Nach dem Buch im verbotenen Schrank.
    Und wenn du jetzt schreist, ist das schon ein Beweis.
    So viel Elend und Leid. So viel Qual ohne Lohn.
    Aber nur das ist der Anfang vom Licht, 
    das Ende der Angst, 
    So nur formt sich ein Ton.
     
    Bald ist es Zeit zu begraben.
    Also grab zum Gezeter der Diebe und Raben
    Und begrab deinen Tod.
    Zauber dir Leben, weissage dir Licht.
    Die Spur schwindet nicht.
    Der letzte Freund ging davon.
    Das ist der Anfang vom Licht, das Ende der Angst, 
    So formt sich ein Ton. 
     
    Ich schlief ein. Und im Traum schoss niemand auf mich. Niemand hackte jemandem den Kopf mit einem stumpfen Messer ab. Niemand jagte jemandem hinterher.
    Mädchen in seidenen Bademänteln gab es dort nicht, aber auch für Sweta hatte sich kein Platz gefunden. Und nur ein Blick, ein neugieriger, missbilligender Blick, wollte mich einfach nicht freigeben. Vom Klingeln des Handys geweckt zu werden ist immer unangenehm. Selbst wenn deine geliebte Frau oder ein alter Freund anruft.
    Es tagte bereits. Ich riss den Kopf vom Kissen los, sah mich im Schlafzimmer um – alles in Ordnung, nur die Decke hatte ich im Schlaf zu Boden geworfen. Ich langte nach dem Mobiltelefon, sah mir die Nummer an.
    Statt einer Telefonnummer stand nur bescheiden »Sebulon« dort, obwohl ich die Nummer des Dunklen natürlich nicht eingespeichert hatte.
    »Ja, Dunkler.«
    »Wie geht es dir, Anton?«, fragte Sebulon teilnahmsvoll. »Ist die Schulter verheilt?«
    »Danke der Nachfrage, alles in Ordnung.« Unwillkürlich berührte ich die Stelle, an der gestern noch eine Wunde geklafft hatte. Die Haut war rosa und juckte.
    »Freut mich, dass mein Geschenk dir geholfen hat«, fuhr Sebulon in demselben freundlichen Ton fort. »Ich wollte dir ein paar Informationen zukommen lassen. In Großbritannien gibt es keine Anwärter für die Rolle des Spiegels. Es gibt einen in Frankreich, einen in Polen, zwei in Italien … mir ist jedoch völlig schleierhaft, was Thomas geritten hat, ausgerechnet Jegor nach Edinburgh zu holen.«
    Alles klar. Meiner naiven Schläue blieb der Erfolg versagt. Sebulon war trotz allem auf die Wahrheit gestoßen.
    »Ich hoffe nur, er wird nicht gebraucht«, meinte ich.
    »Natürlich, sicher«, stimmte Sebulon mir zu. »Was für eine Schweinerei, den Jungen erneut für die Zwecke des Lichts einzuspannen …

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