4 - Wächter der Ewigkeit
lassen und einschlafen. Tief und traumlos.
Als hätte jemand meine Gedanken gelesen, klopfte es an der Tür. Aufstöhnend gürtete ich den Bademantel zu, ging zur Tür und öffnete.
Vor mir stand ein Teenager. Oder eine junge Frau von vielleicht fünfzehn Jahren, ein Alter, das sich nur schwer klassifizieren ließ. Das Mädchen war barfuß, die kurzen schwarzen Haare schimmerten feucht, und offenbar trug sie nicht mehr als einen Bademantel aus schwarzer und roter Seide.
»Kann ich reinkommen?«, fragte sie mit der Stimme einer Musterschülerin.
»Ich hätte gleich draufkommen müssen«, meinte ich. »Komm rein.«
»Und wie hätten Sie das erraten sollen?«, wollte das Mädchen mit gesenktem Blick wissen. »Indem Sie die Statuette genauer untersucht hätten?«
»Ein Mikroskop hatte ich nicht dabei. Aber ein männlicher Wolf hätte mit Sicherheit die Waffe bepinkelt.«
»Puh, ganz schön ungehobelt, noch dazu für einen Lichten!« Das Mädchen runzelte die Stirn. Ging zum Sessel, setzte sich und schlug die Beine übereinander. »Nicht bepinkelt, sondern markiert! Es ist doch okay, dass ich rübergekommen bin, oder? Ich bringe Sie damit doch nicht in Verlegenheit?«
»Nein, zu deinem Leidwesen nicht, Mädchen.« Ich öffnete bereits die Minibar. »Möchtest du etwas trinken?«
»Warme Milch mit Honig.«
Ich nickte. »Gut. Ich rufe im Restaurant an.«
»Hier gibt es keinen Zimmerservice.«
»Für mich werden sie eine Ausnahme machen«, behauptete ich voller Überzeugung.
»Gut, schenken Sie mir Wein ein. Roten.«
Für mich goss ich einen Whisky mit Eis ein. Dabei entdeckte ich die kleine Flasche Drambuie, die nur fünfzig Gramm fasste, und goss sie in den Whisky. Das, was ich für einen tiefen Schlaf brauchte, war ein ordentlicher Schluck Rusty Nail. Wenn das Mädchen auf Milch mit Honig verzichtete, hieß das für mich nicht, auf Whisky mit Honig verzichten zu müssen …
»Wem sind Sie denn nun in die Quere gekommen?«, wollte das Mädchen wissen. »So etwas habe ich zum ersten Mal gesehen, dass jemand aus einer Maschinenkanone schießt …«
»Das war keine Kanone.«
»Als ob das eine Rolle spielt«, schnaubte meine Besucherin. »Ich bin ein Mädchen, da darf ich mich irren.«
»Du bist kein Mädchen, du bist eine Tierfrau.« Aufmerksam betrachtete ich ihr Gesicht. »Und ich erinnere mich an dich.«
»Ja?« Mit einem Mal fiel jede Bravour von ihr ab. »Wirklich?«
»Natürlich. Du bist Galja. Du hast damals die Hexe Arina gesehen, als sie meine Tochter entführt hat.«
»Stimmt.« Das Mädchen lächelte. »Und ich habe gedacht, Sie hätten mich längst vergessen …«
»Nein.« Ich hielt ihr das Glas mit dem Wein hin. »Danke. Du hast mir damals sehr geholfen.«
»Sie haben eine nette Tochter.« Tapfer trank sie den Wein, verzog das Gesicht nur leicht. »Und eine sehr schöne Frau.«
Ich nickte. »Was willst du hier machen?«, fragte ich dann.
»Ich weiß nicht.« Sie zuckte die Schultern. »Sebulon hat mir gesagt, das sei eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe. Ich müsste Ihnen helfen, auch wenn Sie ein Lichter sind. Sollte Sie immer verteidigen.«
»Und warum ausgerechnet du?«, fragte ich. »Entschuldige, aber schließlich bist du noch sehr jung. Und du verfügst nur über den fünften Grad.«
»Weil ich …« Galja geriet ins Stocken. »Ich habe Ihnen doch geholfen, oder? Obwohl ich nur den fünften Grad habe.«
»Das hast du.« Ich trank meinen Cocktail auf ex. »Entschuldige, aber ich möchte jetzt fürchterlich gern schlafen.«
»Ich auch. Aber bei mir drüben ist es so schrecklich. Alles ist rot und schwarz. Könnte ich nicht hier bei Ihnen bleiben?« Sie sah mich an – bis sie verlegen den Blick senkte.
Ich stellte das Glas ab. »Natürlich«, meinte ich nickend. »Nimmst du das Sofa? Ein Kissen und eine Decke bringe ich dir.«
»Ein Lichter …«, sagte das Mädchen gedehnt, eingeschnappt und enttäuscht. »Gut, ich verlasse diese paradiesischen Gemächer und begebe mich in meine Filiale der Hölle. Dort dürfte es lustiger sein!«
Mit dem Glas in der Hand schritt sie stolz zum Zimmer hinaus. Neugierig blickte ich ihr hinterher. Ihr Zimmer war tatsächlich in glutroten und schwarzen Tönen gehalten. Auf dem Boden entdeckte ich schwarze Fellknäuel: Das Mädchen hatte sich so schnell verwandelt, dass das Fell sich nicht vollständig zurückgebildet hatte.
Als Galja die Tür hinter sich zuzog, streckte sie mir die Zunge heraus.
Worauf ich, indem ich mich rasch verzog, leise
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