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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Unterstützung der Abgebrannten zu verwenden, da ertönte ein schallendes Bravo, und fast jede Hand fuhr in die Tasche, um freiwillig noch ein weiteres hinzuzufügen.
    Als er durch die Portiere wieder in den Saal trat, stand Wanda vor ihm, streckte ihm beide Hände entgegen. An ihren Wimpern hingen helle Tropfen, und die tiefste Rührung bebte um den feinen, zitternden Mund.
    „Können Sie mir verzeihen?“
    „Gern, o so gern.“
    „Und wollen Sie mein König sein?“
    „Ich wage es nicht.“
    „Aber wenn ich Sie bitte?“
    „Dann gehorche ich; denn eine Bitte von Ihnen ist mir Befehl.“
    „Kommen Sie schnell. Noch haben wir Blumen zu einer zweiten Krone, und ich werde bestrebt sein, alles gut zu machen.“
    Jetzt erkannte auch der Baron, wen er vorhin der Königin empfohlen hatte, und der Grimm über diese Niederlage trieb ihn fort.
    „Wanda, ich gehe, deine Garderobe zu holen!“
    „Das ist nicht nötig, ich bleibe noch.“
    „Du wirst diesen Ort sofort mit mir verlassen!“
    Da trat Winter zwischen die beiden.
    „Herr Baron, ich bin Vorsteher unserer Gesellschaft und habe als solcher innerhalb dieser Räume jede Störung des allgemeinen Wohlbefindens zu verhüten. Erlauben Sie mir eine Frage.“
    „Welche?“
    „Sie wollen sich entfernen?“
    „Ja.“
    „Und Sie wollen bleiben, mein Fräulein?“
    „Ja.“
    „Dann gehen Sie ohne Sorge, Herr Baron; denn Ihre Entfernung wird uns keine Störung bereiten, und Fräulein von Chlowicki befindet sich in unserem Schutz vielleicht wohler als in jedem anderen. Wer sie nur mit einem Blick zu beleidigen wagt, den lasse ich durch den Hausknecht auf die Straße bringen, gleichviel ob er Fürst oder Schusterjunge ist. Dies zu Ihrer Beruhigung, Herr Baron!“
    Wieder lag auf dem Wort Baron jener auffallende Akzent, und jeden weiteren Einspruch seines Gegners abschneidend, gab er Wanda seinen Arm und schritt, nach einer unendlich geringschätzigen Bewegung seiner Achsel, von dannen.
    Als er später in eins der Nebenzimmer trat, fand er Gräßler und Thomas in demselben.
    „Heut' is es doch prächtig“, sprach der erstere; „und dein Einfall, Heinrich, is tausend Taler unter Brüdern wert. Meine Alte bin ich Gott sei Dank 'mal los und habe an ihrer Stelle een Gouvernantchen gekriegt, wie ich sie mir nich hübscher und draller denken kann. Ich mache alle Tage mit!“
    „Der Einfall stammt nicht von mir; ich habe ihn von meiner Wanderschaft aus der Rheingegend mitgebracht. Aber weeßte, wer von uns am allerbesten weggekommen is?“
    „Nu?“
    „Unser Emil da! Potz Blitz, ist das een Mädel, die Polin! Mein Lebtage habe ich noch keene solche Schönheet gesehen, und wenn unser Vorsteher statt seiner Rußkapuze eene Grafenkrone offzusetzen hätte, so wüßte ich, was ich ihm für eenen Vorschlag zu machen hätte.“
    „Einverstanden, altes Haus! Ich gab' mein' Seel' zehn Gouvernantchens hin für die eene Polin; aber wie gesagt, ich bleibe dabei, du bist een tüchtiger Kerl, Emil. Warum, das brauche ich dir nicht erst zu erklären.“
    „Und herzlich gefreut hat es mich alleweil“, fuhr der Schmied fort, „daß der Säumling, oder wie er heeßt, ohne Musik hat abziehen müssen. Der Mann gefällt mir nich.“
    „Warum?“
    „Kann es nicht sagen. Hat so een Ohrfeigengesicht.“
    „Wieso?“ lachte Winter.
    „Weeßte das noch nich? Es gibt Gesichter, bei deren bloßem Anblick es eenem in den Händen juckt. Ich bin keen Physiogniff, oder wie es heeßt, und nenne diese Visagen also kurzweg Ohrfeigengesichter.“
    „Haste vielleicht seine Uhrkette und seine blaue Nasenquetsche angesehen, Emil?“ fragte Thomas.
    „Ja; ich habe mir den Mann überhaupt sehr genau betrachtet. Beides war von einer Arbeit, wie man sie nicht oft zu sehen bekommt. Warum?“
    „Hm! Ich habe so meine Gedanken derbei gehabt!“
    „Welche Gedanken?“
    „Das sage ich dir vielleicht später 'mal.“
    „Freundlich sind diese Gedanken wohl nicht. Du hast den Mann ja mit einer Aversion behandelt, die ganz gegen deinen Charakter ist.“
    „Hab' vielleicht ooch Ursache dazu. Sollst's schon noch erfahren, was für eene. Da, jetzt geht die Polka los; das is so meine Art. Komm, Anton.“
    „Meinetwegen Polka oder Rutscher, wenn's nur rund 'rum geht. Aber wie steht es denn eigentlich mit unserem Dankeswalzer, Emil? Der steht ja gar nich mit off der Liste. Du, altes Haus, den hat mein' Seel' deine Polin vorhin nur deshalb weggelassen, weil ihr der König dazu fehlte. Bringe es ihr 'mal off

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