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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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beobachten zu dürfen.
    Als habe er diesen Wunsch in ihren Augen gelesen, erhob er sich und schien dem Baron eine Bitte vorzutragen. Dieser nickte zustimmend, nahm seinen Arm und führte ihn vor den reich mit Blumen und Girlanden geschmückten Thron, auf welchem die Königin saß. Das augenscheinlichste Wunder hätte sie nicht mehr überraschen können, als die Bereitwilligkeit ihres Verlobten, ihr nach allem, was vorgefallen war, hier mitten in einer ihm doch so sehr verhaßten Umgebung nahe zu treten, und mit Spannung sah sie seinen Worten entgegen, die ihr wenigstens einige Aufklärung über den Fremden bringen mußten.
    „Ich bitte um die huldvolle Genehmigung, Eurer Majestät einen Ritter mit geschlossenem Visier vorstellen zu dürfen.“
    Sie neigte zustimmend den Kopf, und Säumen kehrte nach seinem Platz zurück, während der Unbekannte, eine Anrede erwartend, vor ihr stehen blieb.
    „Wir wollen Unsere Wißbegierde beherrschen und nicht mit Fragen das Visier zu öffnen versuchen. Noch haben Wir einige Vakanzen zur Verfügung und werden Eure Bitte gern vernehmen und erfüllen. Sprecht!“
    „Dir meine Huldigung zu bringen,
Nah' ich, ein armer Troubadour.
Drum laß fortan mein Lied erklingen,
Zu deiner Locken duft'ger Spur.“
    Bei dem Klange dieser Stimme, an welcher sie sofort den Essenkehrer erkannte, zog tiefe Röte über das Antlitz Wandas, aber sie faßte sich schnell und erwiderte:
    „Der Sänger ist Uns hoch willkommen! Weilt bei Uns, lieber Troubadour, und nehmt hier diese Rose als Zeichen Unserer königlichen Gunst.“
    Das Knie beugend, nahm er die Rose in Empfang, drückte sie an seine Lippen und steckte sie an die Brust. Hernach erhob er sich.
    „Doch ist die Rose einer Königin nicht ohne Mühe zu erlangen. Es soll Uns Eure Kunst den Dank erstatten.“
    „Ich harre des Befehls. Sprecht, Königin.“
    „Die Flamme hat in unserer Nachbarschaft gewütet, und kühne Heldentat ist bei dem Brand geschehen. Uns war es nicht vergönnt, dabei zu sein; doch möchten gern wir sichere Kunde hören. Dort ist die Bühne; zieht den Vorhang auf und laßt sofort uns den Bericht vernehmen.“
    Er verneigte sich und schritt nach dem Hintergrund des Saales, wo die Bühne errichtet war, auf welcher der Verein zuweilen ein kleines dramatisches Stück zur Aufführung brachte. In seinen Mienen lag es wie süße Genugtuung, und als er jetzt die Stufen hinter der Szene betrat, fühlte er sich stark genug, auch ungewöhnliche Ansprüche befriedigen zu können.
    Wanda hatte, wie gesagt, den Schornsteinfeger wiedererkannt; sie sah sich tief beschämt durch das Zartgefühl, welches er durch das Verschweigen seines Namens und die Verzichtleistung auf seine Ansprüche zeigte, und zugleich mußte sie die Feinheit bewundern, mit welcher er sich von dem Baron Satisfaktion verschafft hatte, dadurch, daß er sich von keinem anderen vorstellen ließ, als von ihm, der ihn erst vor kurzem auf eine so unmanierliche Weise fortgewiesen hatte. Die Aufgabe, welche sie ihm erteilt, war sicher keine leichte; aber es war ihr gewesen, als müsse und werde sie ihn mit etwas Leichterem beleidigen. Er hatte sich einen Troubadour genannt, hatte in Reimen zu ihr gesprochen, und sein ganzes Wesen sprach dafür, daß er der Aufgabe gewachsen sei. Mit Spannung harrte sie deshalb der Lösung derselben.
    Da ertönte die Klingel, der Vorhang stieg in die Höhe, und zu gleicher Zeit trat Winter zwischen den Kulissen hervor, um nach einer respektvollen Verbeugung zu beginnen.
    Er sprach in gebundener und gereimter Rede. Ohne das leiseste Stocken flossen die Worte von seinen Lippen. Laut und jede Modulation beherrschend, schallte seine klangvolle Stimme über die aufmerksam lauschende Zuhörerschaft hin, und reich an ergreifenden Bildern und frappanten Wendungen hob die meisterhafte Schilderung sich auf glanzvollen Versen aus dem verborgenen Winkel, wo die Flammen sich entwickelten, empor in die glühenden Wolken, um dann mit dem besiegten Element wieder zur Erde niederzusteigen.
    Aller Augen hafteten mit Bewunderung an dem so reichbegabten Improvisator, ihre Ohren verschlangen jede seiner Silben; ihr Atem stockte unter der packenden Gewalt seiner Sprache, und als er geendet, wagte niemand, den tiefen Eindruck seines Vortrages durch das übliche Händeklatschen zu entweihen. Als er aber nach einer Pause, in welcher die Herzen in tiefen Atemzügen sich von der Beklemmung befreit hatten, den Vorschlag machte, die durch die Auktion gewonnene Summe zur

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