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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Gelegenheit zur Auszeichnung versäumen möchte. Deshalb vermutete ich bei unserem Zusammentreffen hier sofort irgendeine Diplomatik von seiner Seite und scheine mich auch nicht getäuscht zu haben.“
    „Er will den Professor aushorchen, wie du mir sagtest.“
    „Bewahre! Zwar habe ich das Märchen geglaubt, aber jetzt bin ich überzeugt, daß er mich mit dieser Erklärung bloß düpieren wollte. Er ist nur des Barons wegen hier und hat das zufällige Zusammentreffen mit dem Aeronauten bloß benutzt, seinem Aufenthalt hier einen einigermaßen stichhaltigen Grund zu geben.“
    „Des Barons? Du meinst Säumen?“
    „Ja. Ich darf natürlich nicht weniger benützen als mein Untergebener und habe mich also über alles, was ihn hierher geführt haben kann, zu orientieren gesucht. Da fiel mir zunächst der Verdacht auf, welchen sein Bruder in der Felsenbruchaffäre geäußert hat, und sodann bemerkte ich bei unserer kürzlichen Begegnung das Interesse, welches beide für den Stock des Barons an den Tag legten. Da ich mir nun zudem denken konnte, daß die geheimnisvolle Tätigkeit Winters sich auch nach außen hin äußern werde, so gab ich bei dem hiesigen Postamt meine Legitimation ab und bat um Aushändigung aller Briefe, welche von den beiden Winters zur Beförderung aufgegeben würden.“
    „Du wagst viel und das Postamt nicht weniger.“
    „Pah; man wird es zu verantworten wissen, wenn es überhaupt dazu kommen sollte.“
    „Und heute ist dir ein solches Schreiben zugestellt worden?“
    „Ich wurde von dem Sekretär im Vorübergehen angerufen. Hier ist es. Ich kann die Unvorsichtigkeit Winters nicht begreifen, seine Einlage mit einem gewöhnlichen Gummikuvert zu umschließen!“
    Er befeuchtete bei diesen Worten das Kuvert mit der Lippe und öffnete es dann vorsichtig. Der einliegende Briefbogen war vollständig beschrieben, und während Hagen den Inhalt überflog, legte sich seine Stirn in Falten höchster Spannung.
    „Wahrhaftig; es ist ganz so, wie ich dachte. Mit seiner Stellung zu dem Professor maskiert er seine eigentliche Absicht, und diese ist allerdings eine ganz außerordentliche.“
    „Nun?“
    „Hier, lies!“
    „Ich bin nicht, wie du, im Amt und habe also kein Recht, ihn zu lesen. Also, welche Absicht hat er?“
    „Du erinnerst dich wohl jenes Mordes, von welchem er zu mir gesprochen hat?“
    „Ja.“
    „Nun, er beantragt bei der Staatsanwaltschaft das sofortige Ausgraben der Leiche und eine genaue Untersuchung des Stirnbeins. Befindet sich an demselben die Spur einer Vernarbung, welche von einem Schlägerhieb herrührt, so behauptet er, imstande zu sein, nicht allein die Identität des Ermordeten nachzuweisen, sondern auch sofort den Mörder fassen zu können. Sodann bittet er um vorläufige Diskretion und, seiner eigenen Überzeugung wegen, um Zusendung des betreffenden Körperteils, wenn dieselbe möglich sei.“
    „Das ist allerdings staunenerregend. Um diesen Antrag zu stellen, muß er seiner Sache sehr sicher sein.“
    „Das ist er auch, wie ich ihn kenne. So gewiß, wie ich seinen Brief in der Hand halte, so zweifellos hält er auch den Mörder fest, und dieser letztere ist kein anderer als der Baron.“
    „Halt, das ist eine reine Unmöglichkeit!“
    „Ich würde ebenso sagen, wenn ich diesen Winter nicht kennte. Aber kannst du mir nicht vielleicht sagen, welche Universität Säumen besucht hat?“
    „Mehrere, wie ich aus dem Mund der Baronin hörte; ich glaube auch Leipzig.“
    „Dann ist er es. Es wird zwar vorsichtigerweise hier kein Name genannt; aber es heißt, daß der Ermordete den Hieb in Leipzig erhalten habe. Sonach hätte der Mörder die Tat begangen, um sich in den Personal- und Vermögensstand des Getöteten zu setzen.“
    „Eine kühne Annahme, in welche ich mich kaum hineinzuarbeiten vermag. Und wenn der Schreiber dieses Briefes recht hat, so entstehen für dich Bedenklichkeiten, denen du deine ganze Aufmerksamkeit schenken mußt.“
    „Allerdings. Zunächst muß es mir unangenehm sein, wenn einer meiner Leute eine Entdeckung macht, welche mir nicht gelungen ist. Und die gegenwärtige ist ja von der größten Wichtigkeit. Die nächste Folge wäre ein Avancement, welches ihn wenigstens neben mich stellte. Unangenehm, sehr unangenehm!“
    „Ich kann dir hier noch keine Ratschläge geben; aber jetzt hältst du die Chance noch in deiner eigenen Hand.“
    „Und werde sie jedenfalls auch nicht wieder fortgeben; ein allzu großes Zartgefühl ist hier keinesfalls am

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