Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
rechten Platz, und die Sache wird sich ja bei einiger Vorsicht recht gut arrangieren lassen. Es wäre ja Wahnsinn, eine Karte wegzuwerfen, welche mein Spiel mit den Damen zu einem gewonnenen machen kann.“
    „Darauf wollte ich dich hinweisen. Nur gilt es, sehr zu überlegen, wie der Trumpf zu gebrauchen ist. Ist die Annahme Winters die richtige, so entsteht bei der in Aussicht stehenden Kriminaluntersuchung eine höchst demütigende Blamage nicht nur für die Chlowickis, welche eine nähere Verbindung mit dem Mörder einzugehen beabsichtigten, sondern auch für mich, der ich ihn in meinem Haus aufgenommen und ihm mit meiner nachdrücklichen Empfehlung gedient habe. Hier kannst du dir also vielseitigen Dank erwerben.“
    „Habe keine Sorge, Onkel! Selbst wenn ich andere Rücksichten nicht zu nehmen hätte, so würde ich doch nie einen Schritt tun, der dein Ansehen schädigen könnte. Es ist das ein Opfer, welches ich dir bringe, und du wirst mich nun wohl nicht mehr der Unaufmerksamkeit gegen dich zeihen.“
    „Lassen wir das! Es gilt jetzt vor allen Dingen zu überlegen, in welcher Weise du zu handeln hast. Was wirst du mit dem Brief vornehmen?“
    „Der wird vernichtet. Er ist nicht persönlich übergeben, sondern in den Briefkasten gesteckt worden; die Postanstalt besitzt also keine Verantwortlichkeit für sein Schicksal. Hier ist mir Winter, der doch sonst höchst vorsichtig handelt, geradezu unbegreiflich.“
    „Wenn er nicht vielleicht gerade aus Vorsicht so getan hat. Er konnte vermuten, daß du ein großes Interesse haben mußt für alles, was er hier vornimmt, und hat vielleicht angenommen, daß ein gewöhnlich behandelter Brief deinen Augen entgehen werde.“
    „Nicht sehr schmeichelhaft für mich! Wenn es so ist, so soll er sich verrechnet haben. Aber sagtest du kürzlich nicht, daß der Überlebende in den Vermögensbesitz des Verstorbenen trete, wenn der Baron oder Wanda vom Tod betroffen werde?“
    „So ist es.“
    „Dann wäre die Polin ja jetzt eigentlich die Besitzerin des Chlowickischen Besitzes, und es handelt sich nur darum, den Baron ohne öffentliche Sensation zu entlarven. Man würde sich auf diese Weise die Dankbarkeit der Damen doppelt verdienen.“
    „Hier will überlegt, aber auch schnell gehandelt sein, sonst steht zu befürchten, daß die Karte dir wieder genommen wird. Man kann nicht wissen, welche Schritte Winter noch weiter zu tun beabsichtigt.“
    „Es ist klar, daß ich zunächst zu der Baronin zu gehen habe, um sie von dem Bevorstehenden zu benachrichtigen und mir Kenntnis ihrer Wünsche zu erbitten. Das übrige richtet sich nach dem Ergebnis dieser Unterredung.“
    „Halt, laß den Hut noch liegen! Mir scheint dies gerade der verkehrteste Weg zu sein.“
    „Warum?“
    „Du sagtest vorhin, die Baronin sei die Tante Winters?“
    „Allerdings.“
    „So wird sie ihn von deinen Mitteilungen sofort benachrichtigen, selbst wenn du sie um die größte Diskretion bätest. Die Schlüsse, welche er dann ziehen würde, brauche ich nicht erst anzudeuten.“
    „Du hast recht. Aber ich kann doch unmöglich mit dem Baron verhandeln, ohne vorher mit den Frauen gesprochen zu haben.“
    „Warum nicht? Sie würden gewiß alles deinem Ermessen anheim stellen und dir Vollmacht zum selbständigen Handeln geben.“
    „Wenigstens läßt sich das annehmen. Also zum Baron jetzt!“
    „Sei nur nicht unvorsichtig. Wenn er der ist, für den ihn Winter hält, so hast du es nicht bloß mit einem gewieften Gauner, sondern mit einem Menschen zu tun, der zu allem fähig ist.“
    „Sei ohne Sorge, Onkel! Es wird der erste nicht sein, den ich von dieser Sorte vor mir habe.“
    Mit einem kurzen, selbstbewußten Nicken des Kopfes schritt er hinaus. Es war ein sehr wohltuendes Gefühl, dem er sich in diesem Augenblick hingab. Wanda war der Gegenstand seiner Sehnsucht, seit er sie in der Residenz gesehen hatte; aber teils hatte ihm der Dienst nicht gestattet, sich die nötigen Mußestunden zu erlauben, teils auch war er, selbst wenn seine gesellschaftlichen Beziehungen eine Annäherung ermöglicht hätten, nie Herr eines dunklen Gefühls geworden, welches ihm sagte, daß er dem Gegenstand seiner Wünsche geistig nicht ebenbürtig sei. Die selbstbewußte, imponierende Erscheinung der schönen Polin hatte ihm Achtung eingeflößt und ihn in der gehörigen Entfernung gehalten, als sie fortgegangen war, hatte er sich die lebhaftesten Vorwürfe gemacht, daß er ganz gegen seine sonstige Gewohnheit diesem

Weitere Kostenlose Bücher