Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Sprechenden, und wie er mit wutblitzenden Augen und festgeballten Fäusten mir gegenüber lag, konnte ich nicht anders denken, als daß die erwähnte Rechnung mit diesem Parranoh oder Finnetey eine ganz außerordentliche gewesen sein müsse.
    Ich gestehe gern, daß meine Wißbegierde immer größer wurde, und bei jedem anderen an meiner Stelle wäre es ebenso gewesen; aber ich mußte mich gedulden, was mir auch gar nicht schwerfiel, da ich von der Zukunft ganz sichere Aufklärung erwarten konnte.
    Als ich ihn in der Nacht des Überfalls mit Winnetou aufsuchte, fanden wir ihn im Kampf mit einer überlegenen Anzahl Indsmen, und die dabei erhaltenen Wunden hätten bei dem Mangel an Pflege in der Prärie in kurzer Zeit seinen Tod herbeigeführt. Glücklicherweise aber bot sich uns in dem anwesenden Bahnzug ein willkommenes Rettungsmittel, und mit Freude folgten wir der vom Ingenieur ausgesprochenen Einladung, bis an den nächsten und zugleich auch am weitesten vorgeschobenen Verwaltungspunkt der damals noch im Bau begriffenen Bahn mitzufahren und dort die Genesung des Verwundeten abzuwarten.
    Diese Genesung war schneller vorgeschritten, als wir erwartet hatten, und so brachen wir nach verhältnismäßig kurzer Zeit auf, um unsere unterbrochene Wanderung fortzusetzen und zunächst durch das Land der Rapahos und Pawnees bis an den Mankizila vorzudringen, an dessen Ufer Old Firehand seine ‚Festung‘ hatte, wie er sich ausdrückte, die wir vielleicht in kurzer Zeit erreichen konnten, da wir schon vorgestern den Kehupahan überschwommen hatten. –
    Dort wollten wir einige Tage Rast halten und dann über Dakota und die Hundeprärie die Seen zu gewinnen suchen. Während dieses Aufenthaltes bot sich hoffentlich Gelegenheit, einen Einblick in die Vergangenheit Old Firehands zu tun, und so verharrte ich jetzt schweigend in meiner Stellung, die ich nur zuweilen veränderte, um das Feuer zu schüren und ihm neue Nahrung zu geben.
    Bei einer dieser Bewegungen funkelte der an meinem Finger steckende Ring im Strahl der Flamme. Old Firehands scharfes Auge hatte trotz der Schnelligkeit dieses Leuchtens den kleinen, goldenen Gegenstand genau erfaßt, und er fuhr mit betretener Miene aus seiner bequemen Lage empor.
    „Was ist das für ein Ring, den Ihr hier tragt, Sir?“
    „Es ist das Andenken an eine der schrecklichsten Stunden meines Lebens.“
    „Wollt Ihr ihn mir einmal zur Betrachtung geben?“
    Ich erfüllte seinen Wunsch. Mit sichtbarer Hast griff er zu, und kaum hatte er einen näheren Blick auf den Ring geworfen, so erklang die Frage:
    „Von wem habt Ihr ihn?“
    Es war eine unbeschreibliche Aufregung, die sich seiner bemächtigt hatte, und auf meine Antwort:
    „Ich erhielt ihn von einer jungen Dame in New Venango“, stieß er hervor:
    „In New Venango? Wart Ihr bei Forster? Habt Ihr Ellen gesehen? Ihr spracht von einer schrecklichen Stunde, von einem Unglück?“
    „Ein Abenteuer, bei welchem ich mit meinem braven Swallow in Gefahr kam, bei lebendigem Leib gebraten zu werden“, erwiderte ich, die Hand nach dem Ring ausstreckend.
    „Laßt das“, wehrte er ab. „Ich muß wissen, wie dieser Reif in Euren Besitz gekommen ist. Ich habe ein heiliges Anrecht auf ihn, heiliger und größer als irgendein anderes Menschenkind!“
    „Laßt Euch ruhig nieder, Sir. Verweigerte mir ein anderer die Zurückgabe, so würde ich ihn dazu zu zwingen wissen, Euch aber will ich das Nähere berichten, und Ihr werdet dann mir wohl auch Euer Anrecht beweisen können.“
    „Sprecht; aber wißt auch Ihr, daß dieser Ring in der Hand eines Mannes, dem ich weniger vertraute als Euch, sehr leicht sein Todesurteil werden könnte. Also erzählt, erzählt!“
    Er kannte Ellen, er kannte auch Forster, und die Erregung, in welcher er sich befand, zeigte von dem großen Interesse, welches er an diesen Personen nahm. Ich hatte hundert Fragen auf der Zunge, aber ich drängte sie zurück und begann meinen Bericht von der Begegnung mit dem wunderbaren und rätselhaften Mädchen, dessen Bild sich meiner Erinnerung so fest eingedrückt hatte, daß ich den Gedanken an sie nur auf kurze Unterbrechungen von mir zu weisen vermochte.
    Auf den einen Ellenbogen gestützt, lag er, das Feuer zwischen uns, mir gegenüber, und in jedem einzelnen seiner Züge sprach sich die Spannung aus, mit welcher er dem Lauf meiner Erzählung folgte. Von Wort zu Wort wuchs seine Aufmerksamkeit, und als ich zu dem Augenblick kam, in welchem ich sie vor mich auf das Pferd

Weitere Kostenlose Bücher