Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Gedanken, daß dieses Unternehmen vielleicht mit dem gestörten Bahnüberfall in Verbindung stehe und einer jener Rachezüge sei, bei denen die Indianer alles aufbieten, um eine erlittene Beleidigung oder einen gehabten Verlust quitt zu machen.
    „Was tun wir?“ fragte Ellen. „Diese Spuren führen in der Richtung nach unserem Lager, welches wir der Entdeckung nicht aussetzen dürfen. Verfolgen wir sie, oder teilen wir uns, Sir?“
    „Und diese vierfache Spur geht jedenfalls zum Lager der Rothäute, welche sich natürlich verborgen haben und die Rückkehr ihrer Kundschafter abwarten. Vor allen Dingen müssen wir dieses aufsuchen, um Gewißheit über ihre Zahl und Zweck zu bekommen. Der Eingang zu unserer Ritterburg wird ja von einem Posten bewacht, der das Seinige schon tun wird, unser Geheimnis zu bewahren.“
    „Ihr habt recht. Gehen wir vorwärts!“
    Der Wald lief von der Höhe, zu welcher das Flußtal emporstieg, eine ansehnliche Strecke in die Ebene hinein und war von tiefen, felsigen Rinnen durchschnitten, in welchen Farnkraut und wildes Beerengesträuch üppig wucherte. Eben nahten wir uns leise einer dieser Einsenkungen, als ich einen brenzlichen Geruch bemerkte und, dadurch aufmerksam gemacht, so daß ich mit schärferem Blick die Waldung zu durchdringen suchte, eine leichte, dünne Rauchsäule wahrnahm, welche oft unterbrochen oder auch ganz verschwindend, in spielender Bewegung gerade vor uns zu den Baumkronen in die Höhe stieg.
    Dieser Rauch konnte nur von einem Indianerfeuer kommen; denn während der Weiße das Holz gleich in seiner ganzen Länge in die Glut wirft und dadurch eine breite und hochleckende Flamme hervorbringt, welche stets eine ansehnliche und oft verräterische Menge Rauch erzeugt, schiebt der Wilde die Scheite nur mit den Spitzen in das Feuer, wodurch nur eine kleine Flamme mit kaum wahrnehmbarem Rauch entsteht. Winnetou hatte mich auf das Vorteilhafte der letzteren Weise aufmerksam gemacht und wiederholt gesagt: „Mein Bruder macht mit seinem Feuer soviel Hitze, daß er sich nicht daran setzen kann, um sich zu wärmen.“
    Ich hielt Ellen zurück und machte sie auf meine Bemerkung aufmerksam.
    „Steckt Euch hinter jenes Gestrüpp, Miß; ich werde mir die Leute ansehen!“
    „Warum nicht auch ich?“
    „Einer genügt; bei zweien ist die Gefahr des Entdeckens eine doppelt große.“
    Sie nickte zustimmend und schritt, behutsam jede Spur verwischend, seitwärts, während ich, von Stamm zu Stamm Deckung suchend, gegen die Rinne schlich.
    Auf dem Grund derselben saßen und lagen eng aneinander gedrängt eine solche Menge der Rothäute, daß sie die Vertiefung kaum zu fassen vermochte; unten am Ausgang derselben stand bewegungslos wie eine eherne Statue ein junger, langhaariger Bursche, und auch hüben und drüben am Rand bemerkte ich Wachen, denen mein Nahen glücklicherweise vollständig entgangen war.
    Ich versuchte, die Lagernden zu zählen, und nahm deshalb jeden einzelnen ins Auge, hielt aber bald in größter Überraschung inne. Als der Nächste am Feuer saß – war es denn nur auch möglich – der weiße Häuptling, Parranoh oder Tim Finnetey, wie er von Old Firehand genannt worden war. Ich hatte in jener Nacht sein Gesicht beim Schein des Mondes und dann beim Niederstoßen seiner Person zu deutlich gesehen, um mich jetzt täuschen zu können, und doch wurde ich irre an mir selbst; denn von seinem Kopf hing die prächtigste Skalplocke herab, während Winnetou sie ihm doch genommen und nicht eine Minute lang aus seinem Gürtel gebracht hatte.
    Da machte der Wachtposten, welcher diesseits der Schlucht stand, eine Bewegung nach dem Ort zu, an welchem ich, von einem Felsstück verborgen, lag, und ich mußte mich deshalb schleunigst zurückziehen.
    Glücklich bei Ellen angelangt, winkte ich ihr, mir zu folgen, und schritt nun den Weg, welchen wir gekommen waren, wieder bis zu der Stelle zurück, an welcher sich die Spuren teilten. Von hier aus verfolgten wir die neue Fährte, welche durch das dichteste Pflanzengewirr immer gerade auf das Tal zu lief, durch welches wir gestern gekommen und von dem Posten angerufen worden waren.
    Es war mir jetzt klar, daß uns die Ogellallahs Schritt um Schritt gefolgt waren, um sich an uns zu rächen. Unser Aufenthalt bei den Bahnarbeitern während der Krankheit Old Firehands hatte ihnen Zeit gegeben, alle verfügbaren Kräfte zusammenzuziehen; aber warum sich wegen uns dreien eine so große Zahl streitbarer Krieger versammelt hatte, warum

Weitere Kostenlose Bücher