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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bestätigt mein Verlangen dadurch, daß es ihn uns hier und nirgends anderswo in unsere Hände gab. Was ich verlange, bin ich denen schuldig, an deren Grab ich den Schwur getan habe, nicht zu ruhen und zu rasten, bis sie gerächt seien.“
    „Tut, was Ihr wollt, Miß!“ erwiderte ich kalt und wandte mich ab. Das mehr als Unweibliche, das wahrhaft Dämonische, welches aus ihren Worten, aus jeder ihrer Mienen sprach, stieß mich heftig von ihr ab und brachte ein Schmerzgefühl in meinem Innern hervor, als bohre sich ein kalter, spitzer Stahl mir in das Herz.
    Der Gefangene stand aufrecht an den Stamm gelehnt und verzog trotz der Schmerzen, welche die tief in sein Fleisch eindringenden Fesseln ihm verursachen mußten, und trotz der ernsten Bedeutung, welche die Verhandlung für ihn hatte, keine Falte seines von Alter und Leidenschaft durchfurchten Angesichts. In seinen abschreckenden Gesichtszügen stand die ganze Geschichte seines Lebens geschrieben, und der Anblick des nackten, in blutigen Farben spielenden Schädels erhöhten den schlimmen Eindruck, welchen der Mann selbst auf den unparteiischen Beschauer machen mußte.
    Nach einer längeren Beratung, an welcher ich mich unbeteiligt hielt, löste sich der Kreis auf, und die Jäger rüsteten sich zum Aufbruch.
    Der Wille des Mädchens war also doch durchgedrungen, und ich konnte mich des Gedankens nicht erwehren, daß uns daraus Unheil entstehen müsse. Old Firehand trat zu mir und legte die Hand auf meine Schulter.
    „Laßt es ruhig gehen, wie es gehen will, Mann, und legt keinen falschen Maßstab an Dinge, welche nicht nach der Schablone Eurer sogenannten Bildung geschnitten sind.“
    „Ich gestatte mir kein Urteil über Eure Handlungsweise, Sir. Das Verbrechen muß seine Strafe finden, das ist einmal richtig; doch werdet Ihr mir nicht zürnen, wenn ich meine, daß ich mit der Exekution nichts zu tun habe. Ihr geht nach dem Bee-fork?“
    „Wir gehen, und da Ihr Euch nun doch mit der Sache nicht befassen wollt, so ist es mir lieb, jemanden hier zu wissen, dem ich die Sicherheit unsers Lagerplatzes anvertrauen darf.“
    „Wird nicht an mir liegen, wenn etwas geschieht, was wir nicht wünschen, Sir. Wann kommt Ihr zurück?“
    „Kann's nicht bestimmt sagen; richtet sich nach dem, was wir draußen finden. Also lebt wohl und haltet die Augen offen!“
    Er trat zu denen, welche bestimmt waren, ihn mit dem Gefangenen zu begleiten. Dieser wurde vom Baum losgebunden, und als Winnetou, welcher gegangen war, um sich von der Sicherheit der Passage zu überzeugen, zurückkehrte und die Meldung machte, daß er nichts Verdächtiges bemerkt habe, schob man Finnetey einen Knebel in den Mund und schritt dem Ausgang zu.
    „Mein weißer Bruder bleibt zurück?“ fragte der Apache, ehe er sich dem Zuge anschloß.
    „Der Häuptling der Apachen kennt meine Gedanken; mein Mund braucht nicht zu sprechen.“
    „Mein Bruder ist vorsichtig wie der Fuß, ehe er in das Wasser der Krokodile tritt; aber Winnetou muß gehen und sein bei der Tochter Ribannas, welche starb von der Hand des Athabaska.“
    Er ging; ich wußte, daß meine Ansicht auch die seinige sei und er nur aus Sorge für die anderen und ganz besonders für Ellen sich entschlossen habe, ihnen zu folgen.
    Nur wenige der Jäger waren zurückgeblieben, unter ihnen Dick Stone. Ich rief sie zu mir und machte ihnen die Mitteilung, daß ich beabsichtige, einmal hinauszugehen, um mir die Büsche anzusehen.
    „Wird wohl nicht nötig sein, Sir“, meinte Stone. „Der Posten steht ja draußen und hält die Augen offen, das muß so sein, und außerdem ist ja auch der Apache auf Umschau ausgewesen. Bleibt hier und pflegt Euch. Werdet schon noch Arbeit bekommen!“
    „Inwiefern?“
    „Na, haben ja Augen und Ohren, die Rothäute, und werden schon merken, daß es da draußen was zu fangen gibt. Sind schlaue Kerls; das muß so sein.“
    „Gebe Euch vollständig recht, Dick, und werde deshalb mal zuschauen, ob sich irgend etwas regen will. Nehmt Ihr indessen den Ort hier in Eure Obhut! Werde nicht sehr lange auf mich warten lassen.“
    Ich holte die Büchse und begab mich hinaus. Der Wachtposten versicherte mir, nichts Verdächtiges bemerkt zu haben; aber ich hatte gelernt, nur meinen eigenen Augen zu trauen, und durchbrach den Saum des Gebüsches, um dasselbe nach Indianerspuren abzusuchen.
    Gerade dem Eingang unsers Talkessels gegenüber bemerkte ich einige abgeknickte Zweige und fand bei näherer Untersuchung des Bodens, daß hier

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