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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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immer rasenderem Lauf anfeuernd, „sterben sollst du nicht und sterben darfst du nicht. Ich habe dich unter zehnfacher Todesgefahr errungen und mag ohne dich nicht sein und leben.“
    Da schlang sie die beiden Arme um meinen Hals, legte ihren Mund mir auf die Lippen, und nach einem langen, langen Kuß, währenddessen die wilde Jagd immer vorwärts tobte klang es:
    „Könnte ich leben, so wäre es nur und allein für dich.“
    Oh, welches Glück, welche Seligkeit müßte es sein, der Liebe gehorchen zu dürfen!
    Die Ahnung des Todes ging durch ihr Herz und machte den künstlich hineingepflanzten Mut erzittern. Es schwieg die Rache, die darin geglüht, und alles war vergessen, was einst bestimmend auf ihr Denken und Wollen gewirkt hatte. Sie hielt es für ein Glück, zu sühnen, was sie an ihrer Weiblichkeit verbrochen hatte, und diese Sühne mußte mir den Himmel geben, nach welchem ich mit meinen heißesten Wünschen strebte. Sollte er mir mit dem dahinfließenden Leben verloren gehen? Nein, tausendmal nein; das durfte nicht geschehen!
    Mit dem festen Vorsatz, Stich zu halten, blickte ich zurück.
    Längst hatten wir den Lauf des Wassers verlassen und waren in die freie Ebene eingebogen, über welche wir, parallel mit dem Saum des uns zur Linken liegenden Waldes dahinflogen. Parranoh war jetzt eine ziemliche Strecke zurückgeblieben, und Swallow bewies sich also dem Braunen weit überlegen. Hinter dem weißen Häuptling, einzeln oder in kleinen Gruppen, folgten die Indianer, welche die Verfolgung nicht aufgeben wollten, trotzdem wir immer größeren Vorsprung gewannen.
    Mich wieder umdrehend, sah ich, daß Winnetou abgesprungen war und hinter seinem Pferd stand. Er lud die erbeutete Büchse. Auch ich parierte meinen Hengst. Sanft ließ ich Ellen niedergleiten, stieg nach und legte sie in das Gras. Zum Laden blieb mir nicht mehr Zeit; denn Parranoh war schon zu nahe. Ich sprang also wieder auf und griff zum Tomahawk.
    Der Verfolger hatte unsere Bewegungen wohl bemerkt, ließ sich aber in der Hitze der Verfolgung fortreißen und stürmte, das Schlachtbeil schwingend, auf mich ein. Da krachte der Schuß des Apachen; der Feind zuckte zusammen und stürzte, zu gleicher Zeit von meiner Waffe getroffen, mit tief gespaltenem Haupt vom Pferd.
    Winnetou wandte den leblosen Körper mit dem Fuße um und sprach:
    »Die Schlange vom Athabaska wird nicht mehr zischen und den Häuptling der Apachen nennen mit dem Namen eines Pimo. Mein Bruder nehme seine Waffen zurück.«
    Wirklich trug der Gefallene Messer, Beil, Revolver und Stutzen von mir; ich nahm eiligst mein Eigenthum wieder an mich und sprang zu Ellen zurück, während Winnetou den Braunen einfing.
    Mit Entzücken bemerkte ich, daß die Verwundung, welche von einem Streifschuß herrührte, nicht gefährlich sei. Zum Verbinden war keine Zeit, denn während des gehabten Aufenthaltes waren uns die Indsmen fast so nahe gekommen, daß sie uns mit ihren Kugeln erreichen konnten. Wir saßen wieder auf, und fort ging es mit erneuter Schnelligkeit.
    Da plötzlich blitzte es zu unserer Linken hell und glänzend auf wie Waffenschimmer, eine zahlreiche Truppe Reiter flog von dem Waldsaum her zwischen uns und die Verfolger hinein, schwenkte gegen diese um und stürmte in gestrecktem Galopp ihnen entgegen.
    Es war ein Detachement Dragoner von Wilkes Fort, welches durch einen Streifzug in die Gegend geführt worden waren.
    Kaum hatte Winnetou die Helfer erblickt, so riß er seinen Gaul herum, schoß an ihnen vorüber und mit hochgeschwungenem Tomahawk unter die Ogellallahs hinein, welche kaum Zeit gehabt hatten, den Lauf ihrer Pferde zu hemmen. Ich hingegen stieg ab, um nach der Wunde Ellens zu sehen.
    Mit dem tiefen Rot der Scham ließ sie es geschehen, daß ich die getroffene Stelle enthüllte und in aller Eile einen notdürftigen Verband auf dieselbe legte. Jetzt war sie ganz Weib, und mit Entzücken las ich in ihrem Auge die Liebe, welche mir voll und innig aus demselben entgegenleuchtete. Zwar war sie schwach, aber mehr aus Schreck und Angst als infolge des Blutverlustes, und als ich sie jetzt wieder auf das Pferd heben wollte, trat sie kopfschüttelnd zu dem Braunen, dessen Zügel mir Winnetou im Vorbeisprengen zugeworfen hatte, und saß im nächsten Augenblicke auf seinem Rücken.
    „Wirst du dich halten können?“ fragte ich besorgt.
    „Ich muß wohl stark bleiben, da du ohne mich nicht leben kannst“, antwortete sie mit einem Lächeln des Glücks, und den Arm erhebend,

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