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40 - Im fernen Westen

40 - Im fernen Westen

Titel: 40 - Im fernen Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gewöhnlich zehn Finger zu viel.“
    „Sage noch ein solches Wort, Mensch, und du bist verloren!“ herrschte der andere ihn an. „Siehst du denn nicht, daß wir Soldaten Seiner tapferen Majestät, des Königs Carlos sind und das Recht haben, dich sofort über den Haufen zu schießen?“
    „Oho, wen nanntet Ihr als König? Doch, das geht mich ja nichts an; Euren edlen Ritter Don Quixote mögt Ihr meinetwegen nennen, wie Ihr wollt. Wenn sich aber Gesindel hier herumtreibt, so werde ich, der weitbekannte Mulero Fernando Lunez, mit meiner ehrenwerten Gesellschaft einen anderen Ort suchen, wo wir ruhen und der Gefahr, zu diesen Leuten gezählt zu werden, entgehen können. Geht uns also aus dem Weg und –“
    „Halt“, fiel ihm der Carlist, denn ein solcher war es, in die Rede. „Du bleibst und gehst keinen Schritt von hier! Du hast den König beschimpft und also ein todeswürdiges Verbrechen begangen. Don Enrico de Calanda y Munilla, welcher im Heer Seiner Majestät des Königs Carlos die Stelle eines Colonels bekleidet und uns vorausgeschickt hat, um ihm hier einen Ruheplatz zu bereiten, wird in einer Viertelstunde hier sein und über dein Schicksal entscheiden. Du bist unser Gefangener!“
    Über das Angesicht des Mulero glitt jenes stolze Lächeln, welches nur der Spanier in dieser mimischen Vollendung in der Gewalt hat. Seine Hand näherte sich dem Gürtel, aus welchem der Griff des Dolches hervorragte, und mit einer geringschätzenden Drehung des Kopfes entgegnete er:
    „Die Sonne hat Euch den Verstand verbrannt! Wer ist denn Euer Don Enrico de Calanda y Munilla eigentlich? Ich kenne ihn nicht. Jedenfalls auch einer von den Bandistos, welche die armen Muleros überfallen, um ihnen Sack und Pack abzunehmen. Macht Platz hier!“
    „Keinen Schritt weiter!“
    „Wahrt Euch! Wer mich anrührt, bekommt sechs Zoll kaltes Eisen in den Leib. Mein Eigentum zwar habt Ihr mir schon geraubt; mich selbst aber bekommt Ihr nicht!“
    Er zog den Dolch; aber in demselben Augenblicke krachte auch ein Schuß, welcher bestimmt war, ihn zu treffen. Doch hatte er sich blitzschnell zur Seite gewandt, und so flog die Kugel an ihm vorbei und in die Mauer. Im nächsten Moment stak sein Dolch in der Brust dessen, der auf ihn geschossen hatte, und es entspann sich ein Kampf, der, da die Zahl der Gegner zu groß war, mit der Niederlage des Maultiertreibers endete.
    Während dieses Vorgangs hatte ich weniger ihn, als vielmehr den Gitano beobachtet.
    Bei den mutigen Worten unseres Führers leuchteten seine Augen, und seine Gestalt zuckte unter der Absicht, sich blitzschnell zu erheben. Aber ebenso schnell legte sich die Hand des Mädchens auf seinen Arm, und als er die Angst erblickte, welche sich in ihren Mienen aussprach, ließ er sich langsam aus der schon halb erhobenen Stellung wieder niedersinken, und ich hörte jetzt zum ersten Mal deutlich seine Worte:
    „Nur aus Rücksicht für Euern Wunsch und Eure Sicherheit Señorita!“
    Der Mulero wurde unter den gräßlichsten Mißhandlungen gebunden, und auch uns hätte ein ähnliches Schicksal getroffen, wenn die Leute nicht für ihren Colonel zu sorgen gehabt hätten. So aber begnügte man sich, uns streng zu bewachen, und richtete, nachdem die Leiche des Erstochenen unter Drohungen und Verwünschungen beiseite geschafft worden war, einen Ruheplatz für den erwarteten Offizier her.
    Kaum war dies vollendet, so bemerkten wir einen Trupp Reiter, deren müde Pferde sich den steilen Berg heraufarbeiteten. An ihrer Spitze ritt auf einem andalusischen Rapphengst, dessen zierlich kraftvollen Bewegungen man nicht die mindeste Ermüdung ansah, ein Offizier, welcher seinen militärischen Abzeichen nach der Colonel sein mußte. Den Schluß der kleinen Kavalkade bildeten einige Maultiere, welche hoch und schwer belastet waren.
    Noch war der Offizier nicht abgestiegen, so machte man ihm schon die Meldung des Vorgefallenen. Ohne den Rapport vollständig anzuhören, riß er das Pferd herum und drängte es zu dem Ort, wo die Leiche lag. Nachdem er sich mit einem raschen Blick von der Wahrheit des Gemeldeten überzeugt hatte, spornte er den Hengst über die nächstliegende Mauerbresche und hielt nach einem kühnen Satz dicht vor unseren Augen. Den Mulero mit flammenden Blicken messend, rief er:
    „Du bist's also, der es gewagt hat, einen Soldaten meines Regimentes zu ermorden? Bete zur heiligen Madonna, in einer Viertelstunde hast du ausgelebt!“
    „Sorgt für Eure eigene Seele, Señor! Die meinige

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