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40 Stunden

40 Stunden

Titel: 40 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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zischte ihm der Boxer ins Ohr.
    In diesem Moment kamen mehrere Uniformierte die halb verschüttete Treppe herabgestürmt.
    » Polizei!«, rief einer von ihnen. Auf der vorletzten Stufe blieb er stehen und verschaffte sich Übersicht. Routiniert hatte er Faris als das Zentrum der Unruhe erkannt. Er gab den anderen einen kurzen Befehl, dann griff er nach dem Holster an seiner Seite und öffnete es. Erst danach überwand er die beiden letzten Stufen und steuerte auf die Menge zu.
    » Was tun Sie hier?«, fragte er.
    Es war die Frau im roten Kleid, die das Reden übernahm. » Was wir tun?«, rief sie. Faris hielt ihre schrille, anklagende Stimme kaum noch aus. » Wir haben den Bombenleger festgenommen, das tun wir.« Sie wies auf Faris, und mit einem eisigen Knoten im Magen stellte er fest, dass ihre Fingernägel lang und rot lackiert waren. » Das ist er!«
    Die Menge geriet in Bewegung. Die Leute machten dem Polizisten Platz, und gleich darauf stand er direkt vor Faris.
    » Jochen.« Erleichtert ließ Faris den Kopf sinken. Er kannte Polizeiobermeister Jochen Baumgarten aus seiner Zeit auf der Polizeischule.
    » Faris?« Überrascht riss Baumgarten die Augen auf.
    Faris nickte nur. Um der eigenen Selbstachtung willen versuchte er erneut, sich aus dem Griff der beiden Männer zu befreien, aber wieder war es vergeblich. Die Hände, die um seine Oberarme lagen, glichen Schraubstöcken.
    » Was machst du hier? Ich dachte, du bist sus…« Baumgarten unterbrach sich. » Lassen Sie ihn los!«, befahl er dann knapp. » Der Mann ist Polizist.«
    Jetzt lockerten sich die Griffe ein wenig.
    » Im Ernst?« Es war der Schmächtige, der sprach. Unsicher wanderte sein Blick von Faris zu Baumgarten und wieder zurück. Sein Hemdkragen hatte sich mit Blut vollgesogen, das aus einer Schnittwunde an seinem Hals stammte. Der Stoff klebte an seiner staubbedeckten Haut.
    » Machen Sie schon!«, bellte Baumgarten. Im nächsten Moment war Faris frei.
    » Danke.« Faris ergriff die dargebotene Hand des Kollegen und schüttelte sie. Seine Schulter protestierte mit einem dumpfen Schmerz.
    » Was machst du hier?«, fragte Baumgarten noch einmal.
    Faris dachte an den Anrufer und an das Smartphone, das er irgendwann vor der Konfrontation mit diesen selbsternannten Gesetzeshütern in die Tasche gesteckt haben musste. Eilig tastete er danach. » Ich…« Er zögerte, vor den Menschen offen zu sprechen. » Ich bin Zeuge, genauso wie alle anderen.«
    Die Frau im roten Kleid mied seinen Blick und ebenso der Boxer, aber der Schmächtige hielt ihm stand. In der Miene des Mannes kämpften Erleichterung, Scham und Zweifel miteinander.
    Baumgarten wies auf Faris’ blutende Lippe. » Ich vermute mal, das haben die beiden Helden dir beigebracht, oder?« Der Polizist erkannte eine durch eine Schlägerei verursachte Verletzung, wenn er sie sah.
    Faris wischte sich mit dem Daumen das Blut von der Lippe und betrachtete es, während er nickte.
    » Willst du Anzeige erstatten?«, fragte Baumgarten. Eine solche Frage war typisch für ihn. Schon früher hatte es für ihn immer geheißen: Wir gegen die da draußen.
    Faris sah den Boxer an. Diesmal wich der Mann ihm nicht aus. Trotzig schob er das Kinn vor, wie ein Kind, das bei etwas Unrechtem ertappt worden war.
    » Nein«, sagte Faris ruhig. » Die beiden haben nur versucht, das Richtige zu tun.«
    Nun senkte der Boxer den Blick.
    Faris unterdrückte ein Seufzen. Er sah arabisch aus, daran ließ sich nun einmal nichts ändern. Wäre er an Stelle dieser Männer gewesen, hätte er sich selbst vielleicht auch verdächtigt.

5. Kapitel
    » Du lieber Gott, siehst du beschissen aus!«
    Faris saß auf dem Trümmerstück einer Betonsäule und hob den Kopf, als er die dunkle Stimme hörte. Hinter dem Sanitäter, der sich um seine Platzwunden kümmerte, stand ein ungefähr fünfzigjähriger Mann mit leichtem Bauchansatz und schütterem Haar. In seinen Augen spiegelte sich das Entsetzen über das Chaos wider, das ringsherum in der völlig zerstörten U-Bahn-Station herrschte.
    » Hi, Paul.« Faris zog Luft durch die Zähne. Der Sanitäter hatte etwas auf seine Stirn gesprüht, das höllisch brannte. » Ich find’s auch schön, dich zu sehen.«
    Der Mann war Paul Sievers, Faris’ Partner bei der SERV , der Sondereinheit für die Ermittlung bei religiös motivierten Verbrechen, der sie beide angehörten. Paul grinste, aber Faris kannte ihn lange genug, um zu erkennen, dass er schauspielerte. Das Leid ringsherum ließ seinen

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