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40 Stunden

40 Stunden

Titel: 40 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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ein Bombenattentat auf den Papst geben wird?«
    Sie ist klug, dachte Faris. Mit den wenigen Informationen, die sie ihr gegeben hatten, war sie auf die gleichen Schlussfolgerungen gekommen wie er und seine Kollegen. Er kämpfte die Faszination nieder, die sie auf ihn ausübte. » Das ist zunächst irrelevant«, erwiderte er barscher, als er beabsichtigt hatte.
    Sie wandte sich ihm zu und musterte ihn lange. Es kam ihm vor, als könne sie seine Gedanken lesen, so intensiv war ihr Blick. Nervös rieb er sich über den Mund.
    Paul schwieg.
    Sie atmete langsam aus. » Verzeihen Sie«, murmelte sie. » Es ist befremdlich für mich, mit solchen Dingen konfrontiert zu werden. Also, was weiß ich über Werner Ellwanger?« Sie nahm den Ausdruck und legte ihn auf ihren Knien ab. Während sie sprach, betrachtete sie das Bild. Ihre Jeans war an ihrem linken Knie fast durchgescheuert, und jetzt sah Faris auch, dass sie keine Strümpfe trug. Ihre Füße steckten in schlichten braunen Mokassins. » Er ist ein sehr religiöser Mensch. Er kommt jeden Sonntag in die Kirche, und es gibt Gerüchte, dass er ein bisschen…«, sie lächelte verlegen, » …verrückt ist.«
    » Verrückt?« Paul lehnte sich zurück. » Inwiefern?«
    » Nun, ich glaube, er ist ein ziemlich fanatischer Christ. Ich selbst würde ihn als evangelikal bezeichnen.«
    » Das bedeutet, er gehört zu jenen Menschen, die die Bibel wörtlich nehmen«, sagte Paul.
    Ira hob eine Augenbraue. » Es gibt nicht viele, die auf Anhieb sagen können, was evangelikal bedeutet.«
    » Herr Iskander und ich gehören zu einer Sondereinheit der Polizei«, erklärte er ihr. » Unser Spezialgebiet sind religiös motivierte Verbrechen.«
    Ira nickte langsam vor sich hin. » Ich verstehe.« Ihre Fingernägel krallten sich in den Stoff der Jeans.
    Faris erinnerte sich daran, dass der Anrufer mein Vater gesagt hatte, als er von dem Kreuzigungsopfer gesprochen hatte. » Wissen Sie, ob Werner Ellwanger Familie hat?«
    » Soweit ich weiß, ist er Witwer.«
    Paul strich über eines der Kissen, die neben ihm auf dem Sofa lagen. Es war bestickt und zeigte einen kleinen rothaarigen Dackel. Der linkischen Ausführung der Stickerei nach zu urteilen, hatte es ein Kind verziert. » Gibt es Verwandte?«
    » Ja, einen Sohn.«
    » Wie alt ist er?«
    » Er muss so um die achtzehn, neunzehn sein. Er kommt jeden Sonntag mit in den Gottesdienst.«
    Nachdrücklich sah Faris seinen Kollegen an. Sie beide dachten das Gleiche. War dieser Sohn ihr Täter? » Können Sie uns den Namen des Sohnes sagen?«, fragte er und unterdrückte nur mühsam die aufsteigende Erregung.
    Ira musste nicht lange überlegen. » Natürlich. Er heißt Alexander.«
    Alexander
    Der Engel. Er war noch immer fort, und trotzdem glaubte Alexander zu wissen, was er von ihm wollte. Er musste sich erinnern, musste von den Dingen erzählen, die früher passiert waren. Er richtete den Blick auf das grelle Licht. » Irgendwann reichte Vater das Wasser nicht mehr«, wisperte er…
    » Nur das Blut Christi reinigt uns von unseren Sünden«, murmelt Vater vor sich hin, während er das Wasser über Alexanders und seine eigenen Hände gießt. Er wirkt fahrig und nervös. In der letzten Zeit schläft er schlecht, Alexander kann ihn mitten in der Nacht im Zimmer auf und ab gehen hören. Er sieht die Angst in Vaters Augen, wenn sich ihre Blicke begegnen. Die Angst vor seinen Sünden. Die Angst vor der Verdammnis.
    Leise plätschernd läuft das Wasser über Alexanders Finger, aber Vater scheint damit nicht zufrieden zu sein.
    » Es funktioniert nicht«, flüstert er.
    Mit einem Ruck stellt er die Karaffe fort. Blickt auf seine Hände, als könne er dort den Schmutz sehen, der seine Seele befleckt.
    » Die Hingabe an Jesus Christus erzeugt in dem Glaubenden den Wunsch, ihn aufs Innigste kennenzulernen und sich mit ihm zu identifizieren«, sagt er. » Sich mit ihm zu identifizieren.« Seine Lippen pressen sich aufeinander. Alexander ahnt, wie sich die Gedanken hinter seiner Stirn überschlagen. » Warte hier!«, befiehlt Vater.
    Er geht in die Küche, und als er wiederkommt, hat er das große Fleischmesser in der Hand.
    Alexander wird kalt. » Was hast du vor?« Er kann nur krächzen.
    » Streck deine Hände aus!«
    » Was hast du vor?«
    » Streck! Deine! Hände! Aus!« Herausfordernd starrt Vater ihn an.
    Leise wimmernd gehorcht Alexander. Und mit vor Schreck geweiteten Augen sieht er zu, wie Vater das Messer auf seine eigene Handfläche setzt und es

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