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41 Rue Loubert: Kriminalroman (German Edition)

41 Rue Loubert: Kriminalroman (German Edition)

Titel: 41 Rue Loubert: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Ferr
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kränkelnden Enkelkindern von seinen Besuchen bei Louise abhalten.
    Auch an diesem Sonntag erschien er pünktlich mit einem kleinen Präsent in der Hand vor dem alten Tor, blickte lächelnd in die Videokamera und machte sich erstaunlich beschwingt, aber dennoch ein wenig keuchend an den Aufstieg zu Louises Wohnung. Louise empfing ihn mit aufrichtiger, über die Jahre gewachsener Zuneigung, wartete im Gästezimmer mit Cognac und (von Marta) selbstgebackenen Zimtstangen auf und half ihm aus seinen Kleidern. In ihrer Folterkammer entschied er sich diesmal für die Guillotine. Louise warf ihm ein Büßerhemd um seine mageren Schultern, setzte ihm die dazugehörige Kapuze auf, verband ihm mit einem schwarzen Tuch die Augen, peitschte ihn einige Male mit einer kurzen, scharfen Gerte aus und bettete seinen Kopf wortlos unter die Schneide des Fallbeils. Er flehte um Gnade und je verzweifelter sein Winseln wurde, desto langsamer und umständlicher nestelte Louise an dem Seil, das das Beil in seiner Verankerung hielt. Dabei sprach sie kein Wort, sondern achtete nur darauf, dass ihr Tun für ihn gut hörbar und seiner Phantasie damit Tür und Tor geöffnet war. Seine Hände unter dem Hemd waren frei und nicht gefesselt, damit er ungehindert an seiner Erlösung arbeiten konnte. Als sein mühsames Stöhnen den nahenden Höhepunkt ankündigte, löste Louise das Seil und das funkelnde Messer rasselte mit beängstigendem Zischen nach unten. Genau fünf Zentimeter über dem faltigen Nacken des Bankiers rastete das Beil in einer Halterung ein. Louise stockte dabei jedes Mal der Atem und sie hoffte inständig, dass die Vorrichtung das hielt, was ihr der geschwätzige Verkäufer dieses Mordinstrumentes versprochen hatte. Ein minimaler technischer Defekt würde dem orgiastischen Nervenkitzel ein blutiges Ende setzen. Doch es hatte damit noch nie Probleme gegeben und das langgezogene, erleichterte „Aaaaahhhh“, das gedämpft unter der Kapuze zu hören war, bestätigte den erfolgreichen Abschluss der imaginären Hinrichtung.
    Als sie es sich wieder auf dem Sofa im Gästezimmer bei erfrischendem Zitronenwasser gemütlich gemacht hatten und den Vormittagsbesuch langsam ausklingen ließen, eröffnete Louise die erste Phase ihres nahenden Ruhestandes.
    „Alette hat am Dienstag Geburtstag und ich möchte ihr schon jetzt das Haus überschreiben, als Überraschung sozusagen. Ich möchte nicht bis zu meinem sechzigsten Geburtstag damit warten. Würdest du so lieb sein und alles für mich in die Wege leiten?“
    Der Bankier keuchte erstaunt auf: „Louise, bist du verrückt? Warum die Eile? Du verlierst ein Vermögen mit dem Haus!“
    „Das spielt für mich keine Rolle. Ich will keine Verantwortung mehr haben. Ich will mich frei fühlen von Verpflichtungen. Kein Klempner, kein Maler, keine kaputte Heizung oder Glühbirne im Treppenhaus mehr, um die ich mich kümmern muss.“
    Die Entschlossenheit in Louises Stimme erstickte weitere Diskussionen über finanzielle Belange im Keim.
    „Natürlich, mein Häschen, ich verstehe. Am Dienstag schicke ich dir meinen Prokuristen mit den Unterlagen, du brauchst dann nur mehr zu unterschreiben.“
    Sie hasste das alberne „Häschen“ seit Jahrzehnten, zumal es sich mit seinem feuchten Sprachfehler eher als Häschchen anhörte und meist mit feinem Sprühregen aus unappetitlich nassen Lippen einherging. Und wie seit Jahrzehnten lächelte sie ihn strahlend an und nutzte dabei die Gunst der Stunde.
    „Außerdem möchte ich ihr von meinem Schweizer Konto Geld zukommen lassen, damit sie das erste Jahr sorgenfrei das Haus in Stand halten kann. Kannst du das bitte auch erledigen?“
    Nun zog er sein betagtes Gesicht in bekümmerte Dackelfalten.
    „Das tut mir sehr leid, Louise, aber das kann ich nicht. Außer dir selbst hat niemand Zugriff auf dieses Konto. Schweizer Bankgeheimnis, du weißt ja, wie kleinkariert dieser Menschenschlag ist. Auch mit meinen besten Verbindungen kann ich da nichts ausrichten. Du musst dich selbst zur Credit Suisse Filiale hier in Paris bemühen, mit Personalausweis, um eigenhändig zu unterzeichnen und deine Transaktionen zu legitimieren.“
    Das war genau die Information, auf die sie gehofft hatte. Um keinen Verdacht zu erwecken, echauffierte sie sich ein wenig und schmollte. Aber es half alles nichts. Er würde die Formalitäten für die Schenkung der Immobilie über die Bühne bringen, aber ihr Konto war gegen Zugriffe von außen, auch wenn sie von hochrangigen Bankiers

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