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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sorgen. Nach kurzer Zeit ritt eine Anzahl auserlesener Männer auf den besten Pferden fort, um zu versuchen, ihn einzuholen. Ich war überzeugt, daß ihnen dies nicht gelingen würde.
    Während die Hammel geschlachtet und gebraten wurden, ließ der Händler durch seine beiden Gehilfen die Waren auspacken, die er mitgebracht hatte. Er tauschte sie, wie ich erfuhr, nur gegen Teppiche ein, welche von den Beduinenfrauen gefertigt werden. Während er die Abwicklung dieses Geschäftes seinen Leuten überließ, war er bei mir und ließ sich erzählen, wie und warum ich nach Tunesien gekommen war.
    „Was?“ sagte er. „Den Scheik Ali en Nurabi vom Stamm der Sebira haben Sie besucht? Waren Sie schon früher bei ihm?“
    „Ja.“
    „Sind Sie damals mit ihm nach den drei Schotts hinabgeritten, um den berüchtigten Krumir zu verfolgen?“
    „Ja.“
    „So sind Sie wohl gar Kara Ben Nemsi Effendi?“
    „So werde ich genannt.“
    „Dann heiße ich die Stunde eine glückliche, die mich hierhergeführt hat! Sie sind der Mann, den ich brauche, der mir einen guten Rat geben wird.“
    „Sie haben mir das Leben gerettet! Sie dürfen nicht nur auf meinen Rat, sondern auch auf meine Tat rechnen.“
    „Pah! Leben gerettet! Der reine Zufall und ganz ohne mein Dazutun! Nach allem, was ich von Ihnen gehört habe, sind Sie vielleicht der einzige Mann, der mir einen schweren, tiefen Kummer mildern oder gar heben kann, den ich nun schon zwei Jahre lang mit mir herumtrage. Ich heiße nämlich Girard und bin nicht um des Erwerbes willen Händler geworden, sondern um unter diesem Deckmantel unbemerkt Nachforschungen anzustellen nach einem Kind, einem Knaben, der mir entführt worden ist.“
    „Herrgott! Ein Kind ist Ihnen abhanden gekommen?“
    „Mein einziges Kind, ein vierjähriger Knabe.“
    „Wann?“
    „Vor zwei Jahren.“
    „Und wo?“
    „In Sfaks, wenn Ihnen diese Stadt bekannt ist.“
    „Ich kenne sie, bin schon dreimal dort gewesen. Wollen Sie mir sagen, in welcher Weise die Entführung vor sich gegangen ist?“
    „Sie wissen jedenfalls, daß Sfaks zu jener Zeit von der französischen Flotte bombardiert und eingenommen worden ist. Die dort wohnenden Europäer zogen sich aus ihr ein Stück in das Innere des Landes zurück, ich auch mit Weib und Kind, meinem kleinen Armand. Wir gingen bis zum Bah feitun Lakhderi, wo wir uns sicher wußten. Dort wollten wir die Belagerung abwarten. Wir blieben von den dort wohnenden Uëlad Metelit und Saleith unbelästigt und bekamen nur einen einzigen Beduinen zu sehen, der zufälligerweise zu uns kam und uns um Wasser bat. Es war gegen Abend, und er und sein Pferd waren ermüdet. Er bat um die Erlaubnis, in unserer Nähe an dem Wasser bis früh bleiben zu dürfen, und wir erlaubten es ihm. Was konnte uns ein einzelner Beduine tun? Er war noch jung und sah so harmlos aus. Er lagerte sich bescheiden fern von uns. Wir schliefen ohne Sorge ein; aber als wir erwachten, bemerkten wir zu unseren großen Entsetzen, daß uns Armand fehlte. Er war fort und alles Suchen vergeblich.“
    „Wie kamen Sie auf die Idee, daß er entführt worden sei?“
    „Der Beduine war auch fort, und wir sahen, daß er unser Zelt hinten aufgeschnitten hatte, um in das Innere zu dem Knaben zu gelangen. Was hat er mit ihm gewollt? Das Kind konnte ihm doch nur lästig werden! Von Zigeunern hat man gehört, daß sie Kinder rauben, von Beduinen aber nicht.“
    „Hm!“
    „Sie können sich unser Entsetzen denken! Wir gaben uns alle, alle Mühe, den Verlorenen zu entdecken, doch ohne Erfolg. Als alles vergeblich war, kam ich auf die Idee, als Händler im Land umherzuziehen und nachzuforschen; auch dies hat bisher nichts geholfen.“
    „Weil man einem verhaßten Franzosen keine richtige Auskunft erteilt.“
    „Oh, man hält mich für einen Eingeborenen; ich bin der Sprache genügsam mächtig und verrate nirgends, daß ich ein Franke bin. So ritt ich zwei Jahre lang von Stamm zu Stamm, von Lager zu Lager, habe aber bis jetzt keine Spur gefunden.“
    „Und Ihre Gemahlin?“
    „Die lebt unterdessen bei ihrem Bruder, einem Kaufmann in Tunis. Sie sieht mich stets mit banger Hoffnung fortziehen und empfängt mich bei meiner Rückkehr mit den Tränen der Enttäuschung. Der Gram nagt an ihrem Leben. Wann wird das aufhören, wann wird das ein Ende nehmen!“
    Er schlug die Hände vor das Gesicht und schwieg. Ich wartete eine Weile und erkundigte mich dann: „Haben Sie denn keine Ahnung, zu welchem Stamm der Knabenräuber

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