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41 - Unter heisser Sonne

41 - Unter heisser Sonne

Titel: 41 - Unter heisser Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dem Glück der französischen Nation?“ fragte Napoleon mit einem überlegenen Lächeln.
    „Nichts anderes, als was ich unter dem Glück der Menschheit verstehe: innerliches und äußerliches Wohlbefinden.“
    „Und was ist dazu erforderlich?“
    „Ein friedliches Regiment und eine freie Bahn für alle redlichen Erzeugnisse des Geistes und der Hände.“
    „Und wenn dieses friedliche Regiment nicht möglich ist?“
    „So erzwinge man es durch würdige Mittel, welche klug und kraftvoll anzuwenden sind. Kein Friede ohne vorherigen Kampf.“
    „Halten Sie die Kaperei auch für eines dieser würdigen Mittel?“ fragte der Kaiser lächelnd.
    „Nein“, erklang die aufrichtige Antwort. „Es wird die Zeit bald kommen, welche dieses beklagenswerte Institut verurteilt, und alle seefahrenden Nationen werden sich zur Abschaffung desselben vereinigen. Ich selbst bin Kaper, doch ohne daß mich mein Gewissen verurteilt, denn ich habe mich zu jeder Zeit bestrebt, bei meinem Tun alle Härte zu vermeiden und es so einzurichten, daß daraus ein Segen für brave Menschen entspringt. Ich darf mich frei von Schuld und Unrecht fühlen, denn ich bin der Wurm, welcher sich unter dem Fuß des Feindes krümmt, der Wurm, dem nicht das Gebiß des Löwen oder die Pranken des Bären gegeben sind.“
    „Aber dennoch ein sehr respektabler Wurm“, konnte Napoleon sich nicht enthalten, zu bemerken. „Man hat zuweilen von Ihnen gehört. Warum treten Sie nicht in die Marine ein?“
    „Weil die Marine nichts von mir wissen wollte.“
    „Vielleicht hat sie ihre Ansicht geändert. Sie müssen sich danach erkundigen!“
    „Wer mir seine Tür zeigt, kann nicht erwarten, daß ich es bin, der ihn um Eintritt bittet. Man hat mich allerdings merken lassen, daß man mit meinen kleinen Erfolgen zufrieden ist; auch sind mir von anderen Nationalitäten zuweilen Anträge zugegangen, doch habe ich keine Veranlassung, eine Änderung meiner Gesinnung eintreten zu lassen. Ich habe für mein Vaterland gekämpft, obgleich es mich von sich stieß; ich werde demselben treu bleiben zu aller Zeit, selbst dann, wenn es mir nichts anderes bietet, als bisher.“
    „Der vermeintliche Undank des Vaterlandes ist bereits für viele der Sporn zu hohem Wirken gewesen; auch Sie werden sich nicht beklagen. Man sagt, daß Sie einen Prozeß führen?“
    „Man enthält mir mein wohlerworbenes Eigentum vor, welches ich zum Nutzen derjenigen zu verwenden habe, welche auf keine andere Hilfe rechnen können.“
    „Ich bin überzeugt, daß Sie Gerechtigkeit finden. Ich sehe hier Karten liegen. Hat Exzellenz Ihre Erfahrungen in Anspruch genommen?“
    „Ich hatte das Glück, einige kleine Antworten geben zu dürfen.“
    „Die jedoch für mich von großer Bedeutung waren“, ergänzte der Minister. „Kapitän Surcouf ist der Mann, an welchen man sich wenden muß, wenn man sich über unsere indischen Angelegenheiten orientieren will.“
    „Auch ich interessiere mich für diese Angelegenheiten sehr“, bemerkte der Kaiser. „Ich werde Sie einmal sehen und Ihnen die Stunde mitteilen lassen.“
    Mit einer Handbewegung gab er das Zeichen, daß Surcouf entlassen sei.
    Einige Tage später staunte Oncle Carditon nicht wenig, als vor seiner Tür ein Wagen hielt, aus welchem ein Adjutant des Kaisers stieg. Dieser fragte nach dem Kapitän Surcouf, und als er hörte, daß derselbe nicht anwesend sei, befahl er dem Wirt, Surcouf zu sagen, daß seine Majestät geruhen würden, ihn morgen zur Mittagszeit zu empfangen.
    Der Wagen war längst wieder verschwunden, da stand der gute Oncle Carditon noch immer mit offenem Mund vor der Tür. Welch eine Ehre für seine Auberge! Das mußte er sogleich seinen Stammgästen erzählen, obgleich er eigentlich gar keine Zeit dazu hatte.
    Am anderen Tag stand Surcouf einige Minuten vor der angegebenen Zeit in den Tuilerien und wurde Punkt 12 Uhr vor den Kaiser geführt. Dieser empfing ihn in demselben Räume, in welchem Robert Fulton seine verunglückte Audienz gehabt hatte. Der Kaiser warf einen seiner durchdringenden Blicke auf die stattliche Gestalt des Sohnes der Bretagne und erwiderte dessen tiefe Verneigung nur mit einem kaum bemerkbaren Senken seines Kopfes.
    „Kapitän Surcouf“, begann er, „ich habe mich Ihrer Angelegenheit angenommen. Man wird Ihnen die streitige Summe auszahlen, sobald Sie dieselbe begehren.“
    Er schwieg, als erwarte er, eine Flut von Dankesworten zu vernehmen. Der Seemann aber sagte einfach:
    „Sire, ich danke! Ich

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