41 - Unter heisser Sonne
verdoppelte sich die Freude, an welcher Holmers herzlich teilnahm.
Surcouf reichte ihm die Hand. „Segelmeister“, sagte er, „auch deine Sache steht gut. Du wirst heimkehren dürfen, denn der Kaiser will dein Gesuch befürworten.“
Der Deutsche weinte vor Freude; auch die anderen waren gerührt, und Surcouf gestand:
„Heut' habe ich einen Kampf zwischen Ehrgeiz und Prinzipientreue bestehen müssen. Der Kaiser geht nicht nach England; ich glaube vielmehr, daß seine Rüstung Österreich und Rußland gilt. Ich sollte eine Escadre im Mittelmeer befehligen und habe es abgeschlagen, weil ich nur in England den einzigen Feind Frankreichs erkenne und gegen keine andere Macht kämpfen werde.“
„So hat er dich wohl im Zorn entlassen?“ fragte nun Ervillard.
„Nein, sondern in allen Gnaden. Er ist ein großer Geist, ein gewaltiges Genie, aber er wird untergehen, weil er sein Ziel auf einem durchaus falschen Weg sucht.“
Und wieder am nächsten Tage wurde Oncle Carditon aus seinem Gleichmute gerissen, denn es erschienen mehrere Equipagen, aus denen reichuniformierte Herren stiegen. Sie ließen sich die Wohnung Surcoufs zeigen, und eine halbe Stunde später erzählte der Oncle allen seinen Gästen, daß Kapitän Surcouf vom Kaiser das Kreuz der Ehrenlegion und einen von kostbaren Steinen funkelnden Degen erhalten habe. Welche Ehre für die Auberge! Es gab große und größte Hotels, in denen kein einziger Gast den goldenen, fünfstrahligen Stern und einen Ehrendegen erhalten hatte!
Eine Woche später reiste Surcouf nach Brest. Es gelang ihm, die Engländer zu täuschen und mit seinem ‚Falken‘ in See zu stechen.
Bert Ervillard ging nur nach Brest mit; er hatte dem selbstlosen Drängen seines bisherigen Kapitäns nachgegeben und sich entschlossen, das Kommando der Fregatte zu übernehmen.
Der Segelmeister Holmers blieb noch kurze Zeit in Paris bei Oncle Carditon wohnen, bis er dann die Erlaubnis erhielt, nach seiner Heimat zurückzukehren. Surcouf hatte dafür gesorgt, daß dieser Mann keine Not zu leiden brauchte.
Der Pfahlmann
Zwischen Texas, Neu-Mexiko, dem Indianer-Territorium und dem nach Nordost streichenden Ozarkgebirge liegt eine weite Landstrecke, über welche die Natur nicht weniger Schauer gelegt hat, als wie dergleichen die asiatische Gobi oder die afrikanische Sahara dem Menschen furchtbar machen. Kein Baum, kein einsamer Busch gibt dem brennenden einen willkommenen Anhaltspunkt; kein Hügel, keine einzige namhafte Erhöhung unterbricht die todesstarre, eintönige Ebene; kein Quell erquickt die lechzende Zunge und bringt Errettung vor dem Verschmachten, dem jeder anheimfällt, der aus der Richtung gerät und den Weg verfehlt, welcher nach den Bergen oder einer der grünenden Prärien führt. Sand, Sand, wieder Sand und nichts als Sand ist hier zu sehen, und nur zuweilen stößt der kühne Jäger, der sich in diese Öde wagt, auf eine Strecke, welcher ein vorübergehender Regen eine scharfe, stachelige Kaktusvegetation entlockt hat, die der Fuß meidet, weil sie ihn verletzt, die Tiere verwundet und einen Tropfen Saft enthält, welcher die glühende Zunge nur auf einen Augenblick zu kühlen vermöchte.
Und doch durchziehen einige wenige Straßen dieses furchtbare Land. Der Mensch ist Meister der Schöpfung und macht sich selbst ihre starrsten, widerstrebendsten Punkte Untertan. Hinauf nach Santa Fé, an die Creeks, Springs und Goldfeder der Felsenberge und hinunter über den Rio Grande nach dem reichen Mexiko führen sie; aber es sind keine Straßen, wie die Zivilisation sie dem Verkehr bietet, sondern was man so nennt, besteht in nichts als dürren Stangen, die man von Zeit zu Zeit in den Sand gesteckt hat, um die Richtung anzuzeigen, welcher der langsam dahinschleichende Ochsenkarrenzug oder der schnellere Trapper und Pfadfinder zu folgen hat. Wehe dem, der diese Zeichen von denen dieser Teil des Südwestens den Namen Llano estacado erhalten hat, verfehlt oder wenn sie von wilden Indianerhorden oder räuberischen Jägerbanden entfernt wurden, um ihn in die Irre zu führen. Er ist verloren!
Weit, wie der unermeßliche, endlose Ozean, breitete sich die Wüste aus; glühend brannte die Sonne hernieder, und über dem heißen Sand zitterte ein flackernder Schein, das darüber hinschweifende Auge schmerzend und blendend. Fünf lebende Wesen waren in der trostlosen Einöde sichtbar; ein Reiter, sein Pferd und drei Aasgeier, welche hoch in der Luft den beiden Ersteren folgten, als ob sie nur des
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